Duisburg-Duissern. Laut Stadt ist der Goerdeler Park in Duisburg kein „Angstraum“. Wohl bekannt ist er der Polizei und dem Ordnungsamt trotzdem. Ein Besuch.

Die Stadt hat jüngst den Bezirkspolitikern mitgeteilt, dass es rund um die Duisburger Innenstadt keine „Angsträume“ gebe (wir berichteten). Dass es im Umkehrschluss überall friedlich und schön ist, bedeutet das aber auch nicht, wissen Siegfried und Elisabeth Thielen zu berichten. Die beiden stehen mit ihren Nachbarn Jochen und Bärbel Friedrich auf dem Balkon und schauen auf den Goerdeler Park. „Hier war schon der Oberbürgermeister zu Gast, die Polizei und das Ordnungsamt.“

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Seit Jahren kämpft der 73-Jährige dafür, dass sich in dem kleinen Park, der am Rande des Hauptbahnhofs liegt, etwas verbessert. Von oben kann das Ehepaar alles beobachten und hören: Wie Drogen verkauft und konsumiert werden oder wenn, insbesondere abends, Jugendliche die Musik laut aufdrehen, rappen und grölen. Die Nummer von Polizei und Ordnungsamt hat Siegfried Thielen mittlerweile eingespeichert, doch geändert hat sich immer noch nichts. Der Ärger schwelt schon so lange wie das Haus an der Hedwigstraße steht, also rund 20 Jahre.

Nachbar führte Protokoll über Einsätze der Duisburger Polizei und des Ordnungsamtes

Beim Ordnungsamt gehen Beschwerden ein wegen des Konsums von Drogen, Ruhestörung und der „die Verrichtung der Notdurft in der Öffentlichkeit.“
Beim Ordnungsamt gehen Beschwerden ein wegen des Konsums von Drogen, Ruhestörung und der „die Verrichtung der Notdurft in der Öffentlichkeit.“ © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

Zwischenzeitlich hat Siegfried Thielen sogar ein Einsatz-Protokoll geführt. Darin heißt es etwa: 17.6.2019, 20 Uhr: Polizei. 17.6.2019, 22 Uhr: Polizei. 18.6.2019: Gespräch mit Ordnungsamt zur Situation im Goerdeler Park. So geht es über Wochen. Manchmal steht auch vermerkt: „Polizei vor Ort. Nicht von uns gerufen.“ Oder „In der Nacht um 0 Uhr. Lärm wie noch nie. Nachbar hat um 0.30 Uhr die Polizei gerufen.“

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Thielen nickt in eine Richtung: „Da unten ist die Drogenbank. Da sitzt dann manchmal einer und ein anderer kommt zufällig vorbei.“ Als die Büsche noch dichter waren, sei der eine oder andere auch verschwunden und hätte den Stoff konsumiert. „Wenn wir die Polizei rufen, kommen die auch sofort. Aber wenn die Jugendlichen das spitz bekommen, strömen die Sternförmig auseinander. Wenn die Polizei wieder weg ist, sind sie nach kurzer Zeit wieder da.“

Elisabeth Thielen bedauert, dass sie insbesondere abends kaum noch ihren schönen Balkon nutzen können. „Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr, so ein Krach ist das.“ Und eine Ansprache der Personen im Park sei kaum möglich. Einer habe mal gerufen: „Komm runter, dann machen wir euch kalt.“ Ein schönes Gefühl sei es nicht, dort entlang zu laufen. Nur in Zeiten der Lockdowns sei es etwas besser gewesen.

Die Nachbarn Jochen und Bärbel Friedrich hätten beinahe schon einmal die Geduld verloren und hatten schon den Mietvertrag für eine andere Wohnung in Duissern auf dem Tisch. „Aber dann haben wir doch nicht unterschrieben, denn die Wohnung ist eigentlich schön“, finden sie.

Susanne Heß, Quartiersmanagerin bei der Wohnungsgenossenschaft Mitte, hat ihr Büro in dem Wohnhaus. „Wir stehen unseren Mietern gerne zur Seite und setzen uns auch, wie zum Beispiel in Hochfeld, dafür ein, dass sich das Umfeld verbessert. Allerdings bekommen wir während unserer Bürozeiten kaum etwas von der Situation mit“, erklärt sie. Zudem sei der Goerdeler Park städtisches Gelände.

Stadt Duisburg: „Problematik ist uns bekannt“

Der Park grenzt direkt an den Hauptbahnhof.
Der Park grenzt direkt an den Hauptbahnhof. © FUNKE Foto Services | Foto: Tanja Pickartz

Auf Nachfrage unserer Redaktion, bestätigt Stadtsprecher Sebastian Hiedels indes: „Die Problematik im Goerdeler Park ist uns bekannt und es ist richtig, dass das Bürger- und Ordnungsamt und der Bereich Bürgerdialog regelmäßig und konstruktiv im Austausch mit der Familie stehen.“ Die Situation sei auch auch bei Terminen mit dem Bürger- und Ordnungsamt, der Bezirksverwaltung, Wirtschaftsbetriebe und Streetworkern des Jugendamtes vor Ort begutachtet worden. „Unsere Mitarbeiter des städtischen Außendienstes bestreifen nahezu täglich den Goerdeler Park. An Tagen mit akuten Bürgerbeschwerden sind die Mitarbeiter auch häufiger vor Ort“, so Hiedels.

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Er weiß, dass die Störungen vor allem von „sich dort aufhaltenden Mitgliedern der Drogen- oder Alkoholszene aus sowie von größeren Gruppen jugendlicher Personen.“ Dennoch sei nach Sicht der Beschwerdelage, bei der vor allem Dealen, Drogenkonsum und Ruhestörungen angezeigt wurden, eine Bezeichnung als Angstraum nicht gerechtfertigt.

Die Polizei Duisburg hat den Park in ihre Kontrollstreifen fest eingeplant. „Teilweise sind auch Zivilbeamte vor Ort, um Erkenntnisse zu gewinnen“, erklärt Polizeisprecherin Julia Schindler. Tendenziell gebe es im Sommer eher mehr Einsätze als im Winter, so die Erfahrung der Polizei.

Grundsätzlich sei es nicht verboten, sich an öffentlichen Orten aufzuhalten, solange es zu keinen Störungen kommt. „Die fast täglichen Präsenzen des Städtischen Außendienstes verlaufen meist ohne Feststellungen, da in der Regel keine Personen angetroffen werden. Darüber hinaus werden meistens auch keine Ordnungswidrigkeiten mehr begangen, wenn uniformierte Kräfte gesichtet werden.“ In Einzelfällen sei es zu Ruhestörungen gekommen, Anlagen wurden zweckentfremdet oder „um die Verrichtung der Notdurft in der Öffentlichkeit“, schildert Stadtsprecher Hiedels.

Anwohner wünschen sich, dass der Pavillon abgebaut wird

Der Pavillon wurde mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II saniert. Deshalb darf er nicht einfach abgebaut werden.
Der Pavillon wurde mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II saniert. Deshalb darf er nicht einfach abgebaut werden. © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

Meistens sammeln, so beschreiben es die Anwohner, sich die Jugendlichen abends am Pavillon. Siegfried Thielen würde sich wünschen, dass dieser abgebaut würde und somit ein Anziehungspunkt verschwinde. Das sei allerdings nicht möglich, erklärt die Stadt. Zwar sei der Pavillon nicht denkmalgeschützt, dennoch wurden mit Geldern aus dem Konjunkturpaket II kleinere Sanierungsarbeiten durchgeführt. „Aufgrund der Zweckbindung durch die Sanierung können keine Veränderungen am Pavillon durchgeführt werden.“ Stattdessen seien Sträucher im Eingangsbereich des Parks sowie rund um den Pavillon zurückgeschnitten worden, um den Sichtschutz vor unliebsamen Besuchergruppen zu reduzieren. „Sowohl die Bezirksverwaltung als auch Bezirksbürgermeisterin Ulitzka standen in einem intensiven Austausch mit den Anwohnern“, sagt Hiedels. Die Beteiligten stünden auch für weitere Gespräche zur Verfügung.

Die Situation bleibt für die Nachbarn unbefriedigend. Dennoch sagt Siegfried Thielen: „Ich bin ein Stadtkind. Ich bin früher in nur fünf Minuten zur Arbeit in die Schweißerlehrwerkstatt gelaufen und bei so einem Blick ins Grüne fühlt man sich eigentlich wie Central Park.“ Doch anders als zum Beispiel im Fall der Nachbarn am Kant-Park gebe es keine Straße, die die Bebauung von der Grünfläche abgrenzt. „Wir sind quasi Teil des Goerdeler Parks.“

>> 1955 wurde der ehemalige Villengarten zum Park umgebaut

  • Der Goerdeler Park ist rund zwei Hektar groß und stellt laut „Duisburg Grün“ eine wichtige Verbindung zwischen Bahnhof und dem Stadtteil Duissern als Anschluss an die Königsberger Allee dar. Im Jahre 1955 wurde mit dem Ausbau des Parks, einem ehemaligen Villengarten, begonnen. Viele hoch gewachsene alte Bäume finden sich hier.
  • Am Rand steht das unter Denkmalschutz stehende „Haus Königsberg“. In dem neoklassizistischen Gebäude an der Mülheimer Straße war bis zum Umzug in den Neubau im Kant-Park (1964) das Niederrheinische Museum und danach vorübergehend eine Erinnerungsstätte an die Stadt Königsberg untergebracht.
  • Auch eine Verkehrsübungsplatz für Kinder, ein Spielplatz und das Urban-Gardening-Projekt „Rosas Garten“ befinden sich hier. Eine Nachbarschaftsinitiative macht regelmäßig sauber und kümmert sich. Als die Spielgeräte marode waren, setzten sich die Duisserner dafür ein, dass dort wieder investiert wurde. Lisa Scherer von der Bürgerinitiative Goerdeler Park würde sich dennoch manchmal mehr Unterstützung wünschen. „Unser Ansatz hat krasse Früchte getragen. Wir machen regelmäßig sauber. Einmal im Jahr gehen wir auch tief in die Büsche. Am Anfang haben wir dort vielleicht 50 Spritzen gefunden, jetzt in den vergangenen zwei Jahren waren es nur sechs oder sieben.“