Duisburg-Hochfeld. Als Nachbarn rund um die Eigenstraße in Duisburg-Hochfeld erfuhren, dass Flüchtlinge unterwegs sind, ging alles „zackzack“. So läuft die Hilfe.
Neben der Eingangstür des beliebten Treffpunkts „Heimat Hochfeld“ hängt ein Solidaritätssticker in ukrainischen Landesfarben. Eine Friedenstaube ist darauf zu sehen. Selten hat das Symbol besser gepasst: In den vergangenen Tagen ist die ehemalige Eckkneipe zu einer Sammelstelle für Spenden geworden. Nachbarn, Bekannte und engagierte Hochfelder rund um die Eigenstraße haben kurzerhand Hilfe für Geflüchtete organisiert und private Wohnungen hergerichtet.
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Eva-Christine Albrecht ist Architektin und hat vor Jahren mit einer Reihe von Ukrainern in Düsseldorf studiert. Als ihre ehemalige Kommilitonin und gute Freundin vor ein paar Tagen erzählte, dass Flüchtlinge auf dem Weg zu ihr unterwegs und ihre Wohnungen schon belegt seien, war es für sie und ihre Familie keine Frage, zu helfen. Albrecht steht in Kontakt mit anderen Vermietern im Stadtteil, engagiert sich etwa im Verein „Zukunftsstadtteil“. Dirk Kraft, ebenfalls Hausbesitzer, ist zudem auch Mitglied im Klüngelclub, einem anderen Bürgerverein in Hochfeld. Er stellt ein Appartement zur Verfügung, das gerade leer stand. Andere eine Wohnung an der Paulusstraße.
Spenden wurden über die Telegram-Gruppe „Hochfeld hilft“ organisiert
Nun mussten noch Möbel, Geschirr und alles, was man für eine Erstausstattung braucht, her. Andreas Krieniwicki richtete die Telegram-Gruppe „Hochfeld hilft“ ein. „Mittlerweile sind dort 80 Leute drin. Es hat nicht lange gedauert, da hat jeder hineingeschrieben, was er abgeben könnte“, erzählt er. Michael Schoeter sagt: „Es ist ja selten, dass ich die Konsumgesellschaft zu schätzen weiß, aber wir hatten zackzack die Sachen zusammen.“ Er studierte zudem die Kleinanzeigen bei Ebay, Sparte „Zu verschenken“.
DVG- Freie Fahrt für Flüchtlinge aus der Ukraine in DuisburgZum Glück gab es in der Nähe noch einen günstigen Transporter. An einem Vormittag am Wochenende wurden die Sachen abgeholt. Gemeinsam schleppten sie die Möbel erst in die „Heimat“ und später in die zweite Etage des Altbaus. Steffi Volkmer ging derweil mit anderen im benachbarten Discounter einkaufen, dort war praktischerweise gerade Bettwäsche im Angebot.
Große Renovierungsarbeiten waren nicht nötig, „wir haben die eine Wand weiß gemacht“, sagt Schoeter. „Wir wollten kein Matratzenlager, deshalb haben wir klappbare Sofas aufgestellt“, zeigt Andreas Krieniwicki auf die Schlafgelegenheiten. Sechs Personen haben Platz. Die werden wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen belegt.
Fünf Personen, eine Katze und ein Hund sind bereits angekommen – weitere werden erwartet
Derweil sind seit vergangener Woche zwei Personen bei Eva-Christine Albrecht und ihrer Familie im Gästezimmer untergebracht. Im Appartement von Dirk Kraft wohnen nun zwei Erwachsene, ein zehnjähriger Junge sowie ein Hund und eine Katze. „Der Sohn kann ein bisschen Englisch“, sagt Dirk Kraft. Der Rest funktioniert mit einem Online-Übersetzungsprogramm. Gestern haben alle gemeinsam gegessen. „Wir wollen den Leuten nicht auf die Pelle rücken, aber wenn sie Fragen haben, dann helfen wir gerne“, sagen Steffi Volkmer und Andreas Krieniwicki. Eva-Christine Albrecht ergänzt: „Sie sind sehr dankbar und möchten am liebsten immer helfen und uns nicht auf der Tasche liegen.“
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Hausbesitzer Kraft denkt sogar weiter: „Die Leute haben gute Ausbildungen. Eine der Frauen ist Hebamme. Solche Jobs werden doch in Deutschland gesucht.“ An der Sprachbarriere könne man arbeiten. „Das sind vernünftige Leute.“
Großes Lob wollen die vielen Engagierten für ihre Arbeit übrigens nicht, „aber“, so sagt es Andreas Krieniwicki, „vielleicht können wir ein Beispiel für andere sein, die derzeit noch überlegen, wie sie helfen können.“
>> Nach der Ankunft muss Bürokratie erledigt werden: Diese Hilfen gibt es
Wenn sich die Geflüchteten aus der Ukraine in den nächsten Tagen in Hochfeld ein bisschen eingelebt haben, wird noch viel zu regeln sein – das ahnt Michael Willhardt vom Verein „Zukunftsstadtteil“. Mittlerweile hat er Kontakt mit der Stadt aufgenommen, wie sich die Personen registrieren können. Termine haben sie bei der Ausländerbehörde nun für Ende April ergattert. „Es hieß aber, dass sie sich schon vorher beim Sozialamt melden können, um Hilfe zu beantragen.“ Für alle Vermieter, die nun unbürokratisch eine Wohnung zur Verfügung stellen, gebe es ebenfalls Formulare, wie dies später abgerechnet werden soll.
Eva-Christine Albrecht kennt noch ein weiteres Problem: „Selbst wenn die Menschen etwas Geld haben, kommen sie momentan kaum dran.“ Kaum eine Bank tauscht momentan die ukrainische Währung „Hrywnja“ in Euro um. EC- und Kreditkarten sind oftmals gesperrt.