Duisburg. Impfpflicht in Pflege und Co.: Wie Duisburg über Beschäftigungsverbote entscheiden will und wie viele Ungeimpfte es in den Einrichtungen gibt.

Kurz vor Umsetzung der bundesweiten einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach dem Stichtag 15. März sind in NRW sehr hohe Impfquoten in mehreren der betroffenen Bereiche bekannt geworden. Dies kann auch die Stadt Duisburg bestätigen. Noch Anfang Februar 2022 war das Gesundheitsamt von circa 1000 ungeimpften Kräften in der Pflege sowie der Betreuung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung ausgegangen. „Wir wissen mittlerweile, dass die Zahl deutlich niedriger ist“, so Stadtsprecher Jörn Esser. „Es liegen die Meldungen aller Träger vor, so dass wir hier mit bis zu 250 Personen rechnen.“

Auch interessant

Konkrete Prozentzahlen zu den berufsspezifischen Impfquoten im Gesundheits- und Pflegebereich für die einzelnen Städte und Kreise in NRW gehen aus einer Antwort der Landesregierung auf eine „Kleine Anfrage“ im Landtag von drei SPD-Abgeordneten hervor, darunter die Duisburgerin Sarah Philipp. Die Impfquoten für Duisburg:

Ambulante, stationäre Pflege und Eingliederungshilfen: Impfquoten für Duisburg

Beschäftigte ambulante Pflege

  • Erstgeimpft: 2,83 Prozent
  • Vollständig immunisiert (vollständig geimpft, geboostert, genesen): 93,06 Prozent
  • Ungeimpft: 4,11 Prozent

Beschäftigte stationäre Pflege

  • Erstgeimpft: 2,33 Prozent
  • Vollständig immunisiert: 93,87 Prozent
  • Ungeimpft: 3,8 Prozent

Beschäftigte in den Einrichtungen der Eingliederungshilfen

  • Erstgeimpft: 1 Prozent
  • Vollständig immunisiert: 92,43 Prozent
  • Ungeimpft: 6,57 Prozent

Christophoruswerk: Bis zu 15 ungeimpfte Mitarbeiter

Bei den Prozentzahlen handelt es sich allerdings um den Stand vom 14. Februar 2022, diese Impfquoten können sich inzwischen also noch einmal verändert haben. Das Evangelische Christophoruswerk, stadtweit der größte Träger mit Angeboten in der Altenpflege, meldet aktuell noch bis zu 15 ungeimpfte von insgesamt rund 750 Mitarbeitern in der Pflege.

[Alle aktuellen Entwicklungen zur Corona-Pandemie in Duisburg lesen Sie jeden Abend im Duisburg-Newsletter. Jetzt hier kostenlos für den Newsletter anmelden.]

Die Anzahl der Ungeimpften aus den Bereichen über die stationäre und ambulante Pflege sowie die Eingliederungshilfen hinaus ist für die Stadt nach Angaben des Sprechers Jörn Esser aktuell kaum abschätzbar. „Gerade in den Arztpraxen ist die Impfquote aber recht hoch. Genaueres werden wir hier erst nach Eingang aller Meldungen sagen können.“

Alle Daten müssen beim Gesundheitsamt bis 31. März vorliegen

Dr. Frank Bergmann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), hatte unlängst in einer Medienrunde mitgeteilt, dass die Impfquote im Bereich der KVNo bei den niedergelassenen Ärzten bei über 95 Prozent liege und bei den medizinischen Fachangestellten, also beim Praxispersonal, bei fast 90 Prozent. In vielen Duisburger Praxen, zum Beispiel bei Dr. Helmut Gudat in Meiderich oder bei Erkan Tasci vom Hausarztzentrum in Hochheide, beträgt die Quote nach eigenen Angaben sogar 100 Prozent.

Bis zum 15. März müssen alle von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffenen Beschäftigten gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Immunitätsnachweis vorlegen oder den Nachweis einer medizinischen Kontraindikation, der die fehlende Impfung begründet. Spätestens bis zum 31. März sind alle entsprechenden personenbezogenen Daten an das Gesundheitsamt zu übermitteln, das über Betretungs- beziehungsweise Beschäftigungsverbote der ungeimpften Beschäftigten entscheidet.

Ermessensspielraum bei Entscheidungen

„Dabei steht den Mitarbeitern auch ein Ermessensspielraum zu – zum Beispiel, wenn der Impfschutz aufgrund einer späten Erstimpfung noch nicht vollständig ist“, erklärt Stadtsprecher Jörn Esser. „Nach den bisherigen Vorgaben des Landes ist es so, dass die Betroffenen um Zusendung von fehlenden Unterlagen aufgefordert und angehört werden müssen. Hierfür muss eine angemessene Frist eingeräumt werden.“

Verlässliche Prognosen hinsichtlich der Durchsetzbarkeit, so Esser, seien, „bevor die Regelungen überhaupt in Kraft getreten sind, nicht möglich“. Klar ist: Wer seine Tätigkeit ab dem 16. März neu oder nach einer Pause wieder aufnimmt, muss zwar vollständig geimpft oder genesen sein oder nachweisen, nicht geimpft werden zu können. Aber: Alle anderen ungeimpften Beschäftigten dürfen erst einmal auch über den 16. März hinaus bis zu einer endgültigen und verbindlichen Entscheidung weiterarbeiten.

Auch interessant

Beim Evangelischen Christophoruswerk ist die Sorge trotz der geringen Zahl der ungeimpften Pflegekräfte weiter groß, angesichts der dauerhaft angespannten personellen Lage wichtige Mitarbeiter zu verlieren. Sollten tatsächlich Betretungs- beziehungsweise Beschäftigungsverbote ausgesprochen werden, „gefährdet das die Versorgung der Bewohner“, sagte Ulrich Christofczik aus dem Vorstand noch Anfang Februar, der sich frühzeitig gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgesprochen hat. Gekündigt habe bisher allerdings „nur“ eine Musiktherapeutin.

Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerks, in Duisburg der größte Anbieter mit Angeboten in der Altenpflege, sorgt sich angesichts drohender Betretungs- und Beschäftigungsverbote für ungeimpfte Mitarbeiter um die Versorgung der Bewohner. Die personelle Lage sei schon angespannt genug.
Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerks, in Duisburg der größte Anbieter mit Angeboten in der Altenpflege, sorgt sich angesichts drohender Betretungs- und Beschäftigungsverbote für ungeimpfte Mitarbeiter um die Versorgung der Bewohner. Die personelle Lage sei schon angespannt genug. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

>> IMPFPFLICHT: EXTRA MITARBEITER FÜR GESUNDHEITSAMT DUISBURG

  • Was die Überprüfung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betrifft, ist das Gesundheitsamt in Duisburg nach Angaben des Stadtsprechers Jörn Esser personell auf die künftigen Aufgaben vorbereitet. Es seien bereits Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt sowie Kapazitäten freigeworden durch digitale Prozesse im Kampf gegen Corona, etwa bei der Kontaktverfolgung.
  • Wie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) mitgeteilt hat, gibt es für die Gesundheitsbehörden eine Frist bis zum 15. Juni 2022 zum Abschluss der Maßnahmen, die eine Entscheidung über ein Betretungs- beziehungsweise Beschäftigungsverbot vorbereiten sollen – also zum Beispiel die Anforderung von Nachweisen oder die Anordnung und Durchführung von ärztlichen Untersuchungen.
  • Spätestens ab dem 16. Juni müssen die Gesundheitsämter laut MAGS eventuelle Verwaltungsverfahren „mit dem Ziel des Erlasses von Untersagungsverfügungen einleiten“.
  • Auch wichtig: Im Falle eines ergangenen Betretungs- oder Beschäftigungsverbotes endet dieses aktuell spätestens am 31. Dezember 2022.