Duisburg. Mitte März sollte die Impfpflicht für Pflegekräfte kommen. Was auch das Duisburger Christophoruswerk jetzt von Minister Karl Lauterbach fordert.
Die Impfpflicht für Pflegekräfte bringt sowohl ambulante Dienste als auch stationäre Betreuungseinrichtungen an die Belastungsgrenze. Sollte tatsächlich für ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Betretungsverbot ausgesprochen werden, „gefährdet das die Versorgung der Bewohner“, so Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerkes und Sprecher der stationären Einrichtungen der Freie Wohlfahrtspflege in Duisburg.
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Wie berichtet, sieht das im Dezember verabschiedete Gesetz vor, dass bis zum 15. März nicht geimpfte Pflegekräfte dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen, das dann ein Betretungsverbot aussprechen kann. „Ein fachlich und inhaltlich desolat gestaltetes Gesetz“, so Christofcziks vernichtende Kritik. Er hält es für eine ethische Verpflichtung, dass sich Mitarbeiter in der Pflege impfen lassen – und die meistern haben es getan. „Zwischen 92 und 98 Prozent“ der Pflegekräfte in Duisburger Altenheimen seien geimpft, rund 90 Prozente geboostert“, sagt Christofczik.
Beim Duisburger Christophoruswerk gab es eine Kündigung
„Die restlichen wollen nicht geimpft werden.“ Das betreffe beim Christophoruswerk „15 bis 20“ von 750 Mitarbeitern in der Pflege. „Es hat eine Kündigung gegeben: einer Musiktherapeutin.“ Zwar hält er die Zahl der Impfverweigerer für überschaubar, „aber jede Hand, die fehlt, ist eine zu viel“. Sei doch der Pflegenotstand in den Einrichtungen groß.
Größer als seit Jahren ohnehin schon, akut habe Omikron die Zahl der Ausfälle hoch getrieben. Viele Pflegemitarbeiterinnen seien auch Mütter, die angesichts der grassierenden Infektionen in Kitas und Schulen jetzt ihre Kinder betreuen müssten. Und das vor dem Hintergrund der zweijährigen Corona-Ausnahmesituation. „Die Dienstpläne sind an der Kante zu Notdienstplänen“, schildert Christofczik. Notwendige Doppelschichten verschärften die Belastung. „Noch kriegen wir es hin, aber die Omikron-Spitze soll ja nächste, übernächste Wochen kommen.“
„Eine unsinnige Mehrbelastung in einer sehr fragilen Situation“
Und in dieser Situation verlange der Gesetzgeber, ungeimpfte Mitarbeiter zu melden, was mit einem „riesigen administrativen Aufwand“ verbunden sei. „Es ist eine unsinnige Mehrbelastung in einer sehr fragilen Situation“, ärgert sich Christofczik. „Der 3. Februar war offiziell der letzte Tag für Impfungen, um noch bis zum 15. März den vollständigen Impfstatus zu erreichen.“
Noch offen ist, wann Betretungsverbote durch das Gesundheitsamt tatsächlich ausgesprochen werden, muss doch das ohnehin überlastete Amt die Angaben über die Ungeimpften erst prüfen. Inzwischen hat das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt, dass ungeimpfte Mitarbeiter auch über den 16. März hinaus bis zur Entscheidung weiter arbeiten dürfen.
„Entspannter“ Gesundheitszustand der Bewohner
96 Prozent der Betreuten des Christophoruswerks, Duisburgs größtem Träger von Altenpflegeangeboten, seien geboostert, Omikron-Infizierte hätten bislang nur leichte Symptome entwickelt, niemand habe ins Krankenhaus gemusst. Anders als bei Delta, sei niemand gestorben. „Beim Gesundheitszustand unserer Bewohner sind wir entspannt“, so Christofczik, der auch Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege ist.
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Die fordert jetzt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein Moratorium. Das Gesetz soll vorläufig ausgesetzt werden. „Angesichts der Vielzahl von ungeklärten Fragen ist ein Aufschub unabdingbar“, so die zentrale Forderung der Ruhrgebietskonferenz Pflege. Wenn alle Fragen geklärt und eine bundesweit einheitliche Vorgehensweisen abgestimmt sei, sollten Behörden und Träger noch mindestens vier Wochen Vorlauffrist zur Umsetzung erhalten.
Einen Aufschub verlangt auch Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz: „Die Impfpflicht für medizinisch-pflegerische Berufe darf nicht mit der Brechstange eingeführt werden.“
>>> Dem Gesundheitsamt fehlen Vorgaben und Personal
- Das Duisburger Gesundheitsamt geht von circa 1000 ungeimpften Kräften in der Pflege und der Betreuung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung aus. Wie lange eine Einzelprüfung dauert, an deren Ende ein Betretungsverbot ausgesprochen werden kann, kann das Amt nicht sagen.
- „Um eine verlässliche Einschätzung abzugeben, fehlen uns wesentliche Vorgaben des Landes“, so Stadtsprecherin Gabi Priem. Duisburg sei – wie allen anderen Kommunen auch – an einem einheitlichen Vorgehen gelegen. Auch benötige das Amt für die Prüfungen zusätzliches Personal.