Duisburg. In Duisburg leben viele Menschen mit russischen und ukrainischen Wurzeln. Die meisten schweigen zum Krieg. Es gibt auch Sympathien für Putin.
Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist ein emotional höchst aufgeladenes Thema. Auch unter Russen und Ukrainern in Duisburg. Viele möchten sich auf Nachfrage unserer Redaktion am liebsten gar nicht dazu äußern, vor allem nicht Duisburger mit Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion. Eine aber macht aus ihrer Sympathie für Wladimir Putin keinen Hehl.
„Putin macht das richtig“, sagt Lidia Stepanowa. Die Russlanddeutsche ist 2004 aus Kasachstan nach Duisburg gekommen und leitet eine Senioren-Gesprächsgruppe 50+ in Neumühl. Im Stadtteil leben viele russische Zuwanderer. Starthilfe bei der Gründung leistete 2008 die Awo-Integration. Heute kommen jeweils etwa 25 von insgesamt 42 Mitgliedern der Gruppe zu den Freitagstreffen, berichtet Stepanowa. Sie stammen aus allen Teilen der ehemaligen Sowjetunion.
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Seitdem die Ukraine selbstständig ist, sei das Land „eine Marionette“, die von korrupten Politikern geführt werde, behauptet Stepanowa: „Selenski weiß nicht, was er tut.“ Die Menschen aus der Ukraine und Russland „sind wie Brüder, die Ukraine ist kein eigenes Land“ – wie Tadschikistan oder Kasachstan, der Ex-Sowjetrepublik, aus der Stepanowa stammt. „Der Krieg ist richtig“, sagt die 68-Jährige, die damit die Sichtweise teilt, wie sie in den russischen Staatsmedien verbreitet wird.
Furcht um Angehörige in Russland und der Ukraine
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Nach der Annexion der Krim herrsche seit acht Jahren Krieg in Donezk und Lugansk, das habe den Westen nicht gekümmert. „Jetzt auf einmal schreien alle“, kritisiert Stepanowa und behauptet: „Die ukrainische Armee tötet Kinder, und sie hat alle Brücken zerstört“, in Charkiv gebe es kein Brot mehr. In den russisch regierten Gebieten gehe es den Menschen besser. Die Krieg sei ein großes Thema in ihrer Gesprächsgruppe. Er werde in „ein paar Tagen beendet sein“.
Auch Oxana Wolf von der Awo-Integration, die der Gruppe 2008 das Awo-Zentrum Pro Marxloh geöffnet hatte und die bereits vor einigen Jahren auf den Bauspielplatz in Neumühl umgezogen ist, ist aus Kasachstan. Sie sagt, dass viele Mitglieder der Gruppe um ihre Verwandten sowohl in Russland als auch in der Ukraine fürchten. Zugleich wolle man, dass die Gruppe weiter zusammenhält, deswegen versuche man, nicht über den Krieg zu sprechen. „Ich bin gegen Krieg, egal wo. Es schmerzt“, so Wolf.
Kirche hält sich aus Politik raus
„Die Kirche hält sich aus Politik raus“, sagt Maksim Sadovoi, Pfarrer und Vorsteher der Russisch-Orthodoxen Gemeinde in Duisburg, der ebenfalls Ausgewanderte aus vielen Teilen der ehemaligen Sowjetunion angehören. „Die Kirche schützt Russen, Moldawier, Ukrainer, Kasachen und auch Deutsche.“ Und die Menschen, die in die Kirche kommen, wüssten, dass es ein Gotteshaus sei, in dem es keinen Platz für Nachrichten gebe.
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Sadovoi ist Ukrainer mit deutscher Mutter. „Als wer soll ich mich fühlen? Die Deutschen sagen, ich bin Russe, weil ich Russisch spreche“, sagt er. „Krieg ist immer schlecht, er bedeutet Leid und Blut“, so der Pfarrer. Bei der Lesung am Sonntag sei es um das Himmelsgericht gegangen. Dabei bewerte Gott nur nach Menschlichkeit, nach guten und bösen Werken – nicht nach Politik und auch nicht nach Religion.
>> RUSSEN UND UKRAINER IN DUISBURG
- Diese Zahlen über Duisburger mit erster russischer und ukrainischer Staatsangehörigkeit nennt die Stadtverwaltung: Zum 31. Januar 2022 waren 1191 Personen mit russischer und 662 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit in Duisburg gemeldet.
- Zusätzlich waren bis zum selben Zeitpunkt 2211 deutsche Duisburger mit zweiter russischer Staatsangehörigkeit und 510 deutsche Bürger mit zweiter ukrainischer Staatsangehörigkeit in Duisburg gemeldet.