Duisburg. Dr. Carsten Hinne komplettiert das Vorstandstrio der Hafen AG. Im Interview spricht er über neue Kooperationen mit der Bahn und die Osttangente.

Der Duisport-Vorstand ist wieder komplett. Dr. Carsten Hinne ist nun zuständig für das internationale Netzwerk, die Suprastruktur im Hafen, Personal und Einkauf. Er übernimmt damit im Wesentlichen das Ressort von Markus Bangen, der als Nachfolger von Erich Staake als Vorstandssprecher aufgerückt ist. Der 46-jährige Diplom-Kaufmann kommt von DB Cargo. Der Kontakt zum bisherigen Arbeitgeber bleibt: Zur Verbindung des geplanten Duisburg Gateway Terminal (DGT) auf der Kohleninsel mit dem bislang brachliegenden KV-Terminal (KV steht für: kombinierter Verkehr) der Bahn stehen Duisport und DB vor einer Verständigung, kündigt Hinne im Interview an.

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Was treibt Sie nach Duisburg?

Carsten Hinne: Eine überaus spannende Aufgabe. Ich musste nicht lange überlegen. Nach 20 tollen Jahren im DB-Konzern war es an der Zeit, eine neue Perspektive einzunehmen. Der Duisburger Hafen hat mich schon in meinem ganzen bisherigen Berufsleben begleitet. Ihn gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen nachhaltig für die Zukunft aufstellen zu dürfen, ist eine spannende Funktion.

Die Deutsche Bahn steht im Ruf der Schwerfälligkeit. Müssen Sie sich umstellen?

Ja und nein. Von innen fühlt sich die Bahn anders an. Sie besteht aus vielen Einzelunternehmen. Da geht es oft schneller, als man das von außen sieht. Aber bei einigen Entscheidungen können wir bei Duisport sicherlich schneller sein als im DB-Konzern.

„Ziel ist es, die Kapazität der gesamten Terminals nutzbar zu machen“

In Ihrer Zuständigkeit für die Terminals holt Sie Ihre Vergangenheit ein. Wie steht’s um die Verknüpfung zwischen dem DUSS-Terminal der DB und dem DGT-Terminal von Duisport, das auf der Kohleninsel entsteht?

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Wir arbeiten sehr intensiv an einer Lösung, um die Kapazität der gesamten Terminals nutzbar zu machen. Ziel ist es, beide Anlagen nicht als einzelne Terminals zu sehen, sondern sie so zu erschließen, dass wir flexibel agieren können. Darüber gibt es auch fruchtbare Gespräche mit der DB. Wir brauchen Terminal-Kapazitäten um weiter wachsen zu können. Wenn es ungenutzte Kapazitäten in unmittelbarer Nachbarschaft gibt, muss man sie nutzbar machen.

Was muss geschehen, damit dieses Modell funktioniert?

Die Verkehrsinfrastruktur muss so angelegt sein, dass man Kapazitäten zwischen den Terminals teilen und verbinden kann. Beide Terminals können als Interimslösung mit einer Straße verbunden werden, damit das DUSS-Terminal nutzbar ist. Ein Container, der mit der Bahn dort ankommt, kann über diese Straße zum DGT-Terminal transportiert und dort auf ein Schiff verladen werden. Das funktioniert auch umgekehrt. Als finale Lösung macht es Sinn, eine Schienenverbindung zwischen beiden Terminals zu schaffen.

Das DUSS-Terminal der Bahn (Bildmitte) ist sei Jahren ungenutzt, weil die Anbindung an Straße und Wasser fehlt. Künftig soll es mit dem DGT-Terminal verbunden werden, das Duisburg auf der Kohleninsel (oben Mitte) baut.
Das DUSS-Terminal der Bahn (Bildmitte) ist sei Jahren ungenutzt, weil die Anbindung an Straße und Wasser fehlt. Künftig soll es mit dem DGT-Terminal verbunden werden, das Duisburg auf der Kohleninsel (oben Mitte) baut. © DB Netz AG | Deutsche Bahn

„In Duisburg entsteht das größte Hinterland-Terminal in Europa

Wie fern ist die Einigung noch?

Wir arbeiten intensiv an einer Lösung. Es wird hoffentlich sehr bald mehr Bewegung auf dem DUSS-Terminal geben als bisher. Der erste Bauabschnitt des DGT-Terminals startet in Kürze. Damit entsteht das größte Hinterland-Terminal in Europa. Mit dem DGT, dem DUSS-Terminal und der KV-Drehscheibe der DB sowie Hutchison Ports haben wir dann das leistungsfähigste KV-Cluster in Europa – die Terminals sind über Hafenstraßen miteinander verbunden.

Wird der Verkehrsanteil von Bahn und Schiff dabei steigen?

Das Zielmodell lautet: Jeweils 40 Prozent Schiff und Schiene, 20 Prozent Lkw. Heute stehen wir in Duisburg bei jeweils 25 Prozent für Schiff und Schiene, 50 Prozent Lkw. Wir glauben, dass die Möglichkeit für eine signifikante Verlagerung besteht, auch wenn es noch ein langer Weg ist.

Fehlt es an Kapazitäten auf Schiene und Bahn oder am Tempo auf Wasserstraßen und Gleisen?

Es ist klar kundengetrieben. Das ist ja kein Selbstzweck, wir wollen die Verkehre aber vor allem für unsere Kunden verlagern. Ich sehe aber, dass umweltfreundliche Verkehrsträger von einer steigenden Zahl von Kunden eingefordert werden.

Das DGT-Terminal soll klimaneutral sein – bezogen auf den Betrieb, nicht auf den Verkehr. Ist das Etikettenschwindel?

Es gilt für den Betrieb. Aber das ist schon ein großer Schritt. Dahinter steht das Projekt Enerport. Das ist in der europäischen Terminal-Landschaft einzigartig. Wenn wir den angestrebten Modalsplit schaffen, ist das ein Fortschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Zu schaffen ist sie nur, wenn alle mitmachen – auch Binnenschifffahrt und Lkw mit klimaneutralen Antrieben.

„Die Osttangente ist kein Widerspruch zu mehr Schienenverkehr“

Gleichzeitig fordert Duisport den Weiterbau der Osttangente durch ein Landschaftsschutzgebiet. Ein Widerspruch?

Wir wollen ja im Interesse der Stadt und der Region weiter wachsen. Das fängt bei Terminals an und hört bei Verkehrsinfrastruktur auf. Aus meiner Sicht ist es kein Widerspruch. Denn auch wenn der Verkehrsanteil auf der Straße insgesamt 20 Prozent beträgt, wird das Volumen insgesamt steigen.

Wird das China-Geschäft von Duisport leiden, weil Produktion in Folge der Pandemie zurückgeholt wird?

Ich sehe keine Rückverlagerung im großen Stil. Alle Prognosen für die China-Verkehre deuten auf Wachstum, wir möchten daran teilhaben. Wir wollen von der neuen Seidenstraße profitieren, nicht von China allein. 40 Prozent aller Schienenverkehre zwischen China und Europa enden in Duisburg. Unsere geografische Lage ist so gut, dass sich an dieser Drehscheiben-Funktion absehbar wenig ändert. Die Seehäfen wie Rotterdam oder Antwerpen sind weniger Wettbewerber als Partner im Netzwerk.

>> ZUR PERSON: DR. CARSTEN HINNE

  • Der Diplom-Kaufmann stammt aus Lünen und hat sich auch in seinem bisherigen Berufsleben bei der Deutschen Bahn seit 2002 fast immer mit Warenlogistik beschäftigt.
  • Nach seinem Start in der Berliner Konzernzentrale war Hinne, der nun mit seiner Familie in Meerbusch lebt, fünf Jahre lang bei DB Schenker-Rail, ehe er 2011 als erster deutscher Geschäftsführer die von der DB übernommene Britische Güterbahn English Welsh übernahm. Ab 2014 wechselte er in den Marktbereich Chemie der DB Cargo und wurde CEO der DB Tank Transport in Mainz.
  • Seit Ende 2017 verantwortete Carsten Hinne die Aktivitäten der Deutschen Bahn auf der „Neuen Seidenstraße“ in der DB Cargo Eurasia, die mit einer eigenen Gesellschaft auch in Shanghai vertreten ist. „Das war wie ein Startup innerhalb des Konzerns“, berichtet er.