Duisburg. Duisburg will „Wasserstoff-Hauptstadt“ werden. Wo die Stärken liegen und was dem Standort noch fehlt, beleuchtet ein neues Gutachten.

Was bislang eine selbstbewusste Selbsteinschätzung war, ist nun auch gutachterlich bestätigt. „Zumindest in NRW ist Duisburg der Wasserstoff-Standort schlechthin“, sagt Dr. Thomas Kattenstein von Energy Engineers (EE). Die Gelsenkirchener Tochter des TÜV Nord hat im Auftrag der Duisburger Wirtschaftsförderung DBI eine Expertise zur Positionierung der Stadt für den Duisburger Wasserstoff-Verein „Hy.Region.Rhein.Ruhr“ erstellt. Er bündelt die Interessen von 30 Unternehmen.

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Dr. Thomas Kattenstein ist der Autor des Gutachtens.
Dr. Thomas Kattenstein ist der Autor des Gutachtens. © DBI | dbi

Die Einschätzung kommt aus berufenem Mund. Thomas Kattenstein beschäftigt sich schon seit zwei Jahrzehnten mit dem Energieträger, der bei der Energiewende und der klimafreundlichen Transformation der Industrie eine maßgebliche Rolle spielen soll. Was der Gutachter feststellt, ist dabei nicht neu: Mit Thyssenkrupp Steel (TKS) hat Duisburg einen großen Verbraucher, der perspektivisch rund 700.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr benötigt.

Sie sollen in Direktreduktionsanlagen als Brennstoff die Kokskohle ersetzen, mit der die Hochöfen befeuert werden. Der Duisburger Hafen soll nicht nur Drehscheibe für den Umschlag werden, sondern will auch selbst Maßstäbe in einer klimaneutralen Hafenlogistik setzen.

Gutachter: Duisburger Wasserstoff-Zentrum TIW „Leuchtturm in Deutschland“

Über Pipelines ist die Duisburger Industrie schon jetzt gut an das Netz angebunden, das für den Wasserstoff-Transport aus Seehäfen wie Rotterdam und Antwerpen benötigt wird. In die Produktion werden TKS, die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) und Steag (am Kraftwerk Walsum) mit eigenen Elektrolyseuren einsteigen.

Auch im Bereich Forschung und Entwicklung ist Duisburg gut aufgestellt. Den hervorragenden Ruf des Zentrums für Brennstoffzellen-Technik (ZBT) der Uni Duisburg-Essen belegt der Zuschlag im Wettbewerb um ein Technologie- und Innovationszentrum (TIW). „Ein Leuchtturm in Deutschland“, sagt Kattenstein über das Zentrum, dass nun, mit rund 100 Millionen Euro von Bund und Land gefördert, in einer Halle der HKM aufgebaut wird.

WBD-Geschäftsführer Thomas Patermann ist Vorsitzender des Vereins „Hy.Region.Rhein.Ruhr“, hier bei der Vorstellung des Technologie- und Innovationszentrums Wasserstoff (TIW) bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann im August 2021.
WBD-Geschäftsführer Thomas Patermann ist Vorsitzender des Vereins „Hy.Region.Rhein.Ruhr“, hier bei der Vorstellung des Technologie- und Innovationszentrums Wasserstoff (TIW) bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann im August 2021. © HKM | Tanja Pickartz

Schwerpunkt des TIW ist die wasserstoffbasierte Mobilität, die Testung und Normung von Bauteilen für Fahrzeuge zu Wasser und zu Land. Neue Antriebe müssen entwickelt, gebaut, gewartet und repariert werden, auch dafür sollen die Fachleute aus Duisburg kommen. Uni und IHK wollen sich hier engagieren. Im Schwerverkehr und in der Binnenschifffahrt gilt die Brennstoffzelle als Antrieb der Zukunft, erste Fahrzeuge sind in Duisburg im Einsatz bei den Wirtschaftsbetrieben.

Wasserstoff-Verein macht Lobbyarbeit für den Standort Duisburg

Warum im Wasserstoff für Duisburg „viel Musik“ stecktDessen Geschäftsführer Thomas Patermann ist Vorsitzender des Wasserstoff-Vereins, als Geschäftsstelle des Vereins fungiert die Wirtschaftsförderung DBI.

Mit deren Chef Rasmus C. Beck war Patermann dieser Tage in den Berliner Ministerien unterwegs, Brüssel soll folgen. „Es wird am Anfang nicht ohne erhebliche Fördermittel gehen“, habe man den politischen Entscheidern verdeutlicht. „Die Umsetzungskorridore der Energiewende sind noch unklar, die Politik muss für die Industrie einen klaren Rahmen setzen, um Sicherheit für Investitionen zu schaffen“, sagt Beck.

Patermann: Wir wollen das „nationale Wasserstoff Valley“ werden

Lobbyarbeit schreibt auch Gutachter Thomas Kattenstein dem Verein ins Aufgabenheft. „Der Standort Duisburg muss noch besser wahrgenommen werden.“

Damit die Energiewende gelingt, müsse es eine Abstimmung zwischen politischen Entscheidungen, industriellen Investitionen und behördlichen Genehmigungsverfahren für die Projekte geben. Die Stadt könne Testfeld für die Transformation sein, „nationales Wasserstoff Valley“, wie Thomas Patermann formuliert. „Wenn es in Duisburg nicht funktioniert, dann nirgendwo“, glaubt Thomas Kattenstein.

>> ZUKUNFTSGESPRÄCHE UND WASSERSTOFFKONFERENZ

  • „Duisburger Zukunftsgespräche“ nennt der Wasserstoff-Verein Hy.Region.Rhein.Ruhr eine neue Veranstaltungsreihe. Sie startet am Mittwoch, 23. Februar, ab 18 Uhr im Fraunhofer-inHaus-Zentrum am Forsthausweg 1 in Neudorf.
  • Thema des Abends ist die Transformation der Region Rhein-Ruhr zur CO₂-Neutralität im Dialog zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft.
  • Auf dem Podium diskutieren der Europaparlamentarier Dennis Radtke (CDU), der grüne Bundestagsabgeordnete Felix Banaszak und die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp mit Thomas Patermann (Hy.Region.Rhein.Ruhr), Dirk Jansen (BUND) und Rasmus C. Beck (DBI).
  • Geplant wird außerdem eine Wasserstoff-Konferenz, die am 8. November in Duisburg beginnt und am 9. November in Essen fortgesetzt wird.