Duisburg. Die Stahlindustrie soll klimaneutral werden. Über den Weg dorthin diskutierte Umweltministerin Svenja Schulze am Montag bei HKM in Duisburg.

Die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) begeben sich auf dem Weg zur Klimaneutralität. Bis 2025 will der Stahlhersteller im Duisburger Süden seinen jährlichen CO2-Ausstoß um rund 2,6 Millionen Tonnen senken – eine Reduzierung um etwa 30 Prozent seit 2014. Das kündigte Geschäftsführer Dr. Herbert Eichelkraut am Montag an bei einem Besuch von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Prof. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, im Hüttenheim Werk.

Der Weg zu einer weitgehend klimaneutralen Stahlindustrie war Thema der Diskussion in der Kranhalle der Hütte. „Wir haben einen hohen Konsens in den Zielen, aber wir brauchen eine Lösung für die Begleitung der Transformation“, sagt HKM-Geschäftsführer Herbert Eichelkraut. Die Stahlindustrie könne durch die Reduzierung ihrer Emissionen „von einem großen Teil des Problems zu einem großen Teil der Lösung werden“, brauche jedoch Sicherheiten und Unterstützung für die hohen Investitionen, die für die Umrüstung auf Direktreduktionsanlagen erforderlich sind. Eichelkraut: „Bei HKM müssen wir in den nächsten 30 Jahren alle Aggregate ersetzen.“

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Duisburger Stahlindustrie vermisst verbindliche Zusagen der Politik

Verbindliche finanzielle Zusagen aus den Berliner Ministerien für Wirtschaft und Umwelt vermissen die Hersteller bisher. Die gab es auch von Svenja Schulze nicht.

Zumindest aber ein politisches Bekenntnis: „Die Stahlindustrie ist der Grundpfeiler der industriellen Wertschöpfung, wir wollen, dass da hier ein hervorragender Standort bleibt.“ Es gelte nun, die Herstellung von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab voranzutreiben: „Wir müssen schneller werden.“ Außerdem brauche es Quoten für den (teureren) grünen Stahl, um seine Verwendung in der Wertschöpfungskette zu gewährleisten.

Pipeline für grünen Wasserstoff könnte von Rotterdam nach Duisburg führen

Durch den Bau von Elektrolyseanlagen vor Ort seien die benötigten Mengen nicht zu gewährleisten, so Eichelkraut. Allein den Bedarf der HKM schätzt er auf 225.000 Tonnen pro Jahr. Im Rotterdamer Hafen könnte grüner Wasserstoff mit Offshore-Windenergie produziert werden. Die Niederländer sichern den Bau einer Pipeline bis Venlo binnen fünf Jahren zu – bis Duisburg müsste dann eine Leitung gebaut oder vorhandene genutzt werden. Ein kurzer Zeithorizont bei der Dauer deutscher Genehmigungsverfahren.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze im Gespräch mit Dr. Gerhard Erdmann (HKM) und Prof. Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen (UDE, r.). Das Institut für Brennstoffzellentechnik der Uni (ZBT) kooperiert mit der HKM im Wettbewerb um ein Innovationszentrum für Wasserstoff-Technologie, das auf dem Werksgelände entstehen könnte.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze im Gespräch mit Dr. Gerhard Erdmann (HKM) und Prof. Ulrich Radtke, Rektor der Universität Duisburg-Essen (UDE, r.). Das Institut für Brennstoffzellentechnik der Uni (ZBT) kooperiert mit der HKM im Wettbewerb um ein Innovationszentrum für Wasserstoff-Technologie, das auf dem Werksgelände entstehen könnte. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Präsident des Umweltbundesamtes: CO2-Emissionen alle zehn Jahre halbieren

Viele Dinge müssten in den nächsten Jahren gleichzeitig, bestenfalls koordiniert geschehen, stellte Prof. Dirk Messner fest. Gesetzliche Grundlagen, verbindliche Finanzierung, der Umbau der Werke, der Ausbau der Wasserstoff-Industrie. Denn, so Messner: „Ohne erneuerbare Energien ist alles nichts.“ Die Verpflichtung auf das 2-Grad-Ziel sei eine globale Herausforderung, für Deutschland gelte es, „in jeder Dekade bis 2050 die CO2-Emissionen zu halbieren“.

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Die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann wollen dazu beitragen. H2KM – die Integration des Wasserstoff-Kürzels ins Firmenlogo – beschreibt die Strategie, die regenativ erzeugten (grünen) Wasserstoff für die Stahlproduktion in den Mittelpunkt rückt. Weil die riesigen Mengen, die dazu benötigt werden, absehbar noch nicht zur Verfügung stehen, reduziert die HKM in den nächsten fünf Jahren mit drei Maßnahmen ihrem CO2-Ausstoß: Die metallische Recyclingquote wird um 30 Prozent erhöht, indem mehr Schrott im Konverterprozess eingesetzt wird. Durch das Einblasen des wasserstoffhaltigen Koksofengases wird im Hochofen Einblaskohle ersetzt. Eine deutlich effizientere Verbrennung im Hochofen bringen neue Winderhitzer, die auch den Einsatz klimaneutraler Einsatzstoffe ermöglichen.

IHK: KONKRETE FINANZIELLE ZUSAGEN AUS BERLIN FEHLEN

  • Dem „Handlungsprogramm Stahl“ von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und dem ersten Stahlgipfel seien keine konkreten finanziellen Zusagen gefolgt, kritisierte Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK.
  • Ein zweiter Stahlgipfel in Duisburg – der Termin wurde wegen der Corona-Pandemie verschoben, müsse sobald wie möglich stattfinden, so Dietzfelbinger weiter. Verzögerungen gefährdeten den größten Stahlstandort Europas. „Es wird nicht ohne öffentliche Hilfen gehen.“