Duisburg. Duisburg sieht im Wasserstoff eine Zukunftsstory für das Ruhrgebiet. Wie der Verein „Hy“ mit 16 namhaften Unternehmen mehr Tempo machen will.

Nach dem Aus für den Bergbau und dem absehbaren Ende der Kohleverstromung ist das Ruhrgebiet auf der Suche nach einer neuen Identität. Duisburgs Wirtschaftsdezernent Andree Haack glaubt, sie gefunden zu haben und den Ort, wo sie entstehen soll, gleich mit: Wasserstoff in Duisburg. Ein Verein mit zunächst 16 namhaften Unternehmen soll das neue Stück Wirtschaftsgeschichte vorantreiben.

„Wir sehnen uns nach einer neuen Zukunftsstory und Wasserstoff kann diese Story sein”, sagt Haack im Gespräch mit unserer Redaktion. „Im Thema Wasserstoff steckt eine Menge Musik”, meint der Duisburger Wirtschaftsdezernent und vermutet dahinter eine Menge Potenzial. „Unsere Stahl-, Maschinen- und Chemieindustrie hat die einmalige Möglichkeit, sich völlig klimaneutral aufzustellen. Das wollen wir mit Enthusiasmus nach vorn bringen.”

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Duisburg hat nicht nur Thyssenkrupp und die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM), die dabei sind, beim Herstellen von Stahl die Kohle durch umweltfreundlichen Wasserstoff zu ersetzen. In der Stadt sitzt auch das Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) der Universität Duisburg-Essen. In keiner anderen deutschen Stadt fahren so viele durch Wasserstoff angetriebene Müllfahrzeuge. Und nicht zuletzt unterstützt Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Duisburgs Bewerbung als Standort für ein Technologie- und Innovationszentrums Wasserstofftechnologie.

„Duisburg soll Gravitationszentrum für Wasserstoff werden“

Kurzum: „Duisburg soll das Gravitationszentrum für Wasserstoff und seine industrielle Anwendung werden”, formuliert Wirtschaftsförderer Rasmus C. Beck das Ziel und kündigt an: „Dafür müssen sich alle Akteure finden und miteinander vernetzen.” Nicht nur in Duisburg, sondern im gesamten Ruhrgebiet, wie Dezernent Haack betont.

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Die 16 Gründungsmitglieder des „Wasserstoffvereins Hy.Region.Rhein.Ruhr” (kurz: „Hy”) musste die Duisburger Stadtspitze und das Zentrum für Brennstoffzellen Technik (ZBT) als Initiatoren deshalb nicht lange um ihre Teilnahme bitten: Die Stahlhersteller Thyssenkrupp und HKM sind ebenso dabei wie die Kraftwerksbauer Siemens und Mitsubishi, der Netzbetreiber Thyssengas, die Reederei Rhenus und nicht zuletzt der Duisburger Hafen.

Zu wenige Wasserstoff-Lkw auf dem Markt

„Hy” soll nun den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft an Rhein und Ruhr fördern und die Transformation von Kohle zu Wasserstoff vorantreiben. An der Spitze stehen zwei Manager, die viel Erfahrung mit der Zukunftstechnik haben. Thomas Patermann, Chef der Duisburger Wirtschaftsbetriebe, und Jens Reichel, Leiter Technische Dienstleistungen Energie bei Thyssenkrupp Steel als Stellvertreter.

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„Mit den Aktionsplänen von Bund und Land allein ist es nicht getan. Was Unternehmen wollen, müssen wir jetzt auf die Straße bringen. Dabei hat unser Verein eine gewichtige Stimme”, meint „Hy”-Vorsitzender Patermann. Der Verkehrs- und Logistikbranche komme bei der Umstellung auf Wasserstoff eine zentrale Rolle zu. Er fordert größere Anstrengungen: „Aktuell sind auf dem Markt kaum Wasserstoff-Lkw zu bekommen. Es gibt einfach nicht genug Fahrzeuge.” Patermanns Sorge: „Deutschland darf den Anschluss nicht verlieren.”

L-Erdgas-Leitungen für Transport nutzen

Thyssenkrupp Steel will in Duisburg Ende 2024 den ersten „grünen Stahl” produzieren. Energiechef Reichel macht sich Gedanken, wie bis dahin ausreichend Wasserstoff aus erneuerbaren Energien im Ruhrgebiet verfügbar sein können. „Große Abnehmer von grünem Wasserstoff werden die Industrie, Wärmeerzeuger und der Verkehrssektor sein”, sagt er. Eine neue Pipeline von der Küste ins Revier zu bauen, dauere zu lange und sei zu teuer.

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Der Thyssenkrupp-Mann setzt stattdessen auf vorhandene Leitungen. „Die Niederlande und Großbritannien stellen schrittweise die Produktion von L-Erdgas ein. Das vorhandene Pipeline-System zum Transport von L-Erdgas können wir ertüchtigen und nutzen, um Wasserstoff zu transportieren”, meint Reichel.

Dass auch deutsche Stahl-Wettbewerber wie Salzgitter und Arcelor-Mittal beim Wasserstoff aufs Tempo drücken, sieht der Thyssenkrupp-Manager sportlich. „Die deutschen Stahlerzeuger treten allesamt als Nachfrager von Wasserstoff in Erscheinung“, sagt er.

>>> Gute Voraussetzungen

Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hat dem Ruhrgebiet jüngst gute Voraussetzungen attestiert, Zentrum für Wasserstoff zu werden.

Duisburgs Wirtschaftsdezernent Haack ist zuversichtlich: „Die vom IW genannten Kriterien vereint unser Verein Hy: wasserstoffaffine Unternehmen und Forschung, eine Neigung zur Kooperation und Expertenwissen.”