Duisburg. Die Großprojekte 6-Seen-Wedau, Wedau-Nord und „Duisburger Dünen“ werden das Gesicht der Stadt verändern. Deshalb ist es eine große Chance.
Das völlig neue Stadtviertel „6-Seen-Wedau“, ein Uni-/Technologiequartier Wedau-Nord und daneben die „Duisburger Dünen“ auf dem Güterbahnhof-Areal. Drei Großprojekte, drei Gründe für Optimismus. „Duisburg ist nicht die vermeintlich abgehängte Stadt im Ruhrgebiet“, betonen Rasmus C. Beck, neuer Chef der Wirtschaftsförderung GfW und Stadtdirektor Martin Murrack. Sie sehen sich bestätigt durch Immobilien-Fachleute.
„Eine Trendumkehr ist möglich.“ Das ist so ein Satz, viele Duisburger schon zu oft gehört haben. Am Ende kam es dann doch anders, weil es über Jahre schien, als habe diese Stadt ein Abo auf Negativ-News: Einwohnerschwund, Loveparade, Mafia-Morde, „Rocker-Krieg“, Zuwanderung. Und für viele TV-Teams dieses Landes heißt der Ort, wo das Übel besonders übel ist: Duisburg-Marxloh.
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„Wir sind hier, weil wir an die Chancen für Duisburg glauben“
Ja, es sind erwartbare Sätze von den beiden Stadt-Managern. Sie müssen Zuversicht verbreiten gegen die Grundhaltung vieler Duisburger, für die das Glas beim Blick auf ihre Stadt zu oft halbleer ist. Doch beide dürfen für sich in Anspruch nehmen, Überzeugungstäter zu sein.
„Es hätte andere Herausforderungen gegeben“, sagt Murrack (43). Das gilt auch für Beck (41), der Duisburg in acht Jahren aus der Perspektive der Business Metropole Ruhr begleitet. „Wir sind hier, weil wir an diese Stadt glauben“, versichert er.
Niedrigzinsen treffen auf hohe Nachfrage
Dieser Glaube fällt leichter als noch vor wenigen Jahren. Ein wenig scheint’s, als wolle das Schicksal Duisburg für zehn dunkle Jahre entschädigen für diese über 100 Hektar große Chance: Drei Industriebrachen in eigener Regie nach eigenen Vorstellungen zu entwickeln und der Stadt nicht nur ein neues Gesicht zu geben, sondern auch die Außensicht auf eine schmuddelige „Schimanski-City“ zu überwinden. Dabei helfen soll auch eine selten günstige Konstellation äußerer Faktoren: Niedrigzinsen, viel Investorenkapital, das rentable Anlagen sucht, der immense Druck auf dem Düsseldorfer Wohnungsmarkt.
„Eine eigene Immobilie abzuzahlen, das funktioniert in den Metropolen nicht mehr“
„Nachfrage und Anlagedruck sind so hoch, dass auch schon mal Klischees über Bord geworfen werden“, sagt Rasmus Beck. Angesichts des Preisniveaus in den Metropolen schlage die Stunde der 1b-Lagen, der Gemeinden im „Speckgürtel“. Ratingen, Krefeld, Meerbusch, Erkrath und eben Duisburg im Falle von Düsseldorf. Dort seien Preise noch erschwinglich, Renditen möglich, ermittelte jüngst der Capital-Immobilienkompass. Beck nennt seine Heimatstadt Stuttgart stellvertretend für die Lage in Deutschlands Metropolen: „Eine eigene Immobilie abzuzahlen, das dauert dort durchschnittlich 48 Jahre. Es funktioniert einfach nicht mehr.“
„Wir trauen uns wieder Großprojekte zu“
Duisburg habe deshalb die Chance zu wachsen, sagt Stadtdirektor Murrack, die Schwelle von 500.000 Einwohnern nachhaltig zu knacken. „Wir trauen uns wieder Großprojekte zu, wollen selbstbewusst und anders auftreten.“ Am alten Güterbahnhof und auf den Wedauer Bahnflächen können moderne Büro- und Wohnangebote in unmittelbarer Nachbarschaft attraktive Arbeitsplätze und zahlungskräftige Neubürger bringen. „Wir brauchen diese Menschen und hochwertige Jobs, damit die Stadt durch neue Steuereinnahmen mehr finanzielle Beinfreiheit zu bekommt, davon profitiert auch die Innenstadt“, hält der Stadtkämmerer jenen entgegen, die fragen: „Wem nützen diese Projekte?“
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„Duisburg braucht das Wasserstoff-Technologiezentrum“
Der Imagewandel kann Duisburg nur gelingen, wenn die Problemquartiere nördlich der Ruhr nicht vollends absaufen – das wissen Stadtdirektor und Wirtschaftsförderer. Beck bohrt hier ein dickes Brett. Wasserstoff ist das Zauberwort, dass nicht nur seine Hoffnung nährt. Im Wettbewerb um die millionenschwere Bundesförderung für ein Innovationszentrum wähnt sich die Stadt in der Pole-Position. „Wir brauchen dieses Zentrum“, sagt Beck. Forschung und Entwicklung sollen neue Jobs bringen, auch für den Norden erhofft er sich eine „Re-Industrialisierung“. Dort wird die Stahlindustrie, selbst wenn ihre Brammen künftig mit Wasserstoff statt Kohle produziert werden, weniger Arbeitskräfte benötigen.
Es gelte deshalb, alte Industrieflächen nachhaltig und ökologisch für neues Gewerbe zu entwickeln.
„Wir müssen die Stadt als Potenzialstandort vermarkten“
„Duisburg ist nicht Düsseldorf oder München“, sagt Beck, „wir müssen uns als Potenzial-Standort vermarkten.“ Die Stadt stehe noch am Anfang eines langen Weges auf dem es ohne Hilfe von außen nicht geht. Millionen aus Berlin, um die Entwicklung der Wasserstoff-Industrie anzuschieben, Millionen vom Land, um den Umzug der Ingenieurwissenschaften der Uni Duisburg-Essen auf das Waggonwerk-Areal Wedau-Nord zu ermöglichen. Hochschule und Duisburger Wirtschaft müssen zusammenwachsen – beide profitieren noch zu wenig von ihren Kompetenzen. „Wir wollen für diesen Austausch eine Plattform schaffen – das ist unser Job“, sagt Rasmus C. Beck.