Duisburg. „City-Wärme“ versorgt künftig von Neudorf aus Obdachlose und Bedürftige in Duisburg. Bedarf wächst. Warum die Stadt die Arbeit nicht unterstützt.
Der Verein City-Wärme, der bisher zwei Mal pro Woche am Schäferturm Obdachlose und Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit versorgt hat, zieht aus der Innenstadt nach Neudorf. Die Ehrenamtler rund um Bärbel Ebert haben auf eigene Kosten Räume angemietet, die den Menschen von früh bis spät offen stehen sollen. Angesichts von Minus-Temperaturen momentan wichtiger denn je. Umso unverständlicher ist es für Bärbel Ebert, dass die Stadt eine Anfrage auf Unterstützung abgelehnt hat. Das will die Stadt so nicht stehen lassen.
Eine Stadtsprecherin erklärt: „Die Stadt Duisburg hat das Ziel, obdachlose Personen durch das Hilfesystem einer dauerhaften Versorgung zuzuführen. Ein erster Schritt hierzu ist, dass jedem Hilfesuchenden eine ganztägige Unterbringung in einem angemieteten Hotel angeboten werden kann.“ Dazu gehöre außerdem die Versorgung mit dauerhaftem Wohnraum. Es ist erst ein paar Wochen her, dass die Stadt im Dezember die Notschlafcontainer im Duisburger Norden leer gezogen hat, um die Personen etwa in einem Hotel einzuquartieren.
Duisburger Verein mietet neue Räume auf eigene Kosten an
Bärbel Ebert, die sich seit vielen Jahren als ehrenamtliche Streetworkerin auf Duisburger Straßen engagiert, weiß hingegen: „Wenn man mit offenen Augen durch die Stadt geht und auch in die Ecken schaut, sieht man, dass es noch Personen gibt, die auf der Straße leben.“ Ihnen bieten sie und mehr als 40 Ehrenamtliche Hilfe – nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit einem offenen Ohr und beim Erledigen von Papierkram. Sie sagt: „Es war von Anfang an unser Wunsch, eigene Räume zu haben. Ein trockenes, warmes Plätzchen, wo sich jeder aufhalten kann. Nicht nur Obdachlose, sondern auch Bedürftige, bei denen die Rente nicht reicht, Alleinerziehende oder Kinder, die mittags nichts zu essen bekommen. Davon gibt es immer mehr.“
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Eine Konkurrenz zur Tafel oder zu Immersatt sieht sie nicht – der Bedarf sei so groß, dass sich die Angebote ergänzten. „Außerdem haben wir anderen Trägern angeboten, unsere Räume mit zu nutzen. Die Kantpark-Engel, die dort seit Jahren in den Abendstunden warmes Essen verteilen, werden auch hier etwas anbieten“, betont Bärbel Ebert. Unter den Schützlingen habe sich der neue Standort an der Grabenstraße jedenfalls schnell herumgesprochen. Vom Bahnhof sei man zudem nicht weit entfernt.
Notschlafcontainer im Dezember geschlossen – einer ist wegen der Kälte wieder geöffnet
Pater Oliver, der im Duisburger Norden aktiv ist und im vergangenen Jahr nach dem Tod eines Obdachlosen gegen die Stadt wetterte, dass eine gemeinsame Strategie fehle, weiß, dass es mittlerweile viele private Engagierte gibt. Die Organisation „Wohltätige Hand“ ist zum Beispiel in Marxloh aktiv. Und obwohl die CDU-Politikerin Gisela Bettges im vergangenen Dezember bei der Weihnachtsfeier von „Muddi hilft“ auf der Bahnhofsplatte zu Gast war und etwa ÖPNV-Tickets spendete, damit der eine oder andere auch das Hilfsangebot im Norden besuchen kann, kommt es eher selten zu einem Austausch - nicht zwischen den Betroffenen und auch nicht zwischen den Ehrenamtlern. „Es reicht eben nicht, nur ein Bett zur Verfügung zu stellen. Man muss diesen Menschen umfassende Hilfe anbieten“, so Pater Oliver. Aktuell hat er wieder einen Container geöffnet, damit die Menschen nicht bei Minustemperaturen auf der Straße übernachten müssen.
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Damit liegt seine Argumentation gar nicht so weit entfernt von der der Stadt - und der Begründung, warum sie ehrenamtliches Engagement nicht fördert. Oberstes Ziel sei es, Menschen dauerhaft mit Wohnraum zu versorgen. „Hierzu wurde trägerübergreifend die zentrale Anlauf-, Beratungs- und Vermittlungsstelle (ZABV) gegründet. In dieser werden von den beteiligten Trägern Diakoniewerk, Landschaftsverband Rheinland, Jobcenter und Stadt diverse Hilfen angeboten. Hierzu zählen individuelle Beratung und Vermittlung in weitergehende Hilfebereichen, etwa die Prüfung und Realisierung von Sozialleistungsansprüchen.“ Parallel biete auch der Suchthilfeverbund zielgerichtet Beratung für den betroffenen Personenkreis an.
Ehrenamtliche teilen sich Dienste
„Hilfen durch sonstige soziale Dienstleistungen wie eine Essensausgabe, mobile Wasch- oder Duschgelegenheiten werden nicht unterstützt, da diese, trotz der punktuellen Entlastung für die Betroffenen, dem Verbleib auf der Straße eher förderlich sind.“
Bärbel Ebert ist dennoch froh, dass der Verein City-Wärme eine feste Anlaufstelle hat. In den vergangenen Monaten haben sie und ihre Mitstreiter die Räume renoviert. Die Küche, in der künftig frisch gekocht wird, muss noch geliefert werden. Für Kinder soll es eine kleine Spielecke und eine Hausaufgabenbetreuung geben. Von acht Uhr morgens bis 22 Uhr abends soll in der Alten Brotfabrik geöffnet sein. Die Ehrenamtler wollen die Zeit im Schichtsystem abdecken. Über den Standpunkt der Stadt kann sie nur mit dem Kopf schütteln.
>>KEINE OFFIZIELLEN ZAHLEN ZU OBDACHLOSEN
- Eine offizielle Anzahl obdachloser Personen gibt es nicht, teilt die Stadt Duisburg mit: „In der Praxis ist es schwierig, die Anzahl der tatsächlich auf der Straße lebenden Personen zu ermitteln, da viele - auch trotz der Kälte – einen Verbleib auf der Straße bevorzugen. Wir schätzen, dass im Duisburger Stadtgebiet rund 50 Personen als obdachlos einzustufen sind.“
- Nach dem Tod eines Obdachlosen im vergangenen Jahr habe es Gespräche mit den unterschiedlichen Anbietern und Trägern von Hilfsangeboten gegeben. „Wir erachten es als wichtig, mit allen Unterstützern immer im Austausch zu bleiben“, erklärt die Stadt. Das Konzept der Stadt sei in Pandemie-Zeiten „grundsätzlich unverändert.“ Neben Notunterkünften gehörten dazu auch Einrichtungen zur dauerhaften Versorgung von wohnungslosen Personen. „Dieses Angebot steht unabhängig von der Jahreszeit ganzjährig zur Verfügung.“