Duisburg-Marxloh. Obdachlose übernachten am Petershof in Marxloh in Notcontainern. Die Stadt Duisburg hat für sie eine Lösung. Die Container bleiben allerdings.
Als vor zwei Jahren die ersten Menschen am Marxloher Petershof um Obdach baten, um nicht während eiskalter Winternächte auf der Straße zu erfrieren, da zögerte Pater Oliver Potschien nicht und öffnete ihnen nebenan die Sankt-Peter-Kirche. m Vorraum konnten sie auf Feldbetten übernachten, tagsüber betreut von ehrenamtlichen Helfern. Seit diesem Frühjahr nächtigen die Obdachlosen in Notschlafcontainern am Petershof. Diese Übergangslösung will die Stadt Duisburg beenden und hat jetzt begonnen, die Betroffenen in städtische Unterkünfte zu verlegen. Spätestens zum Jahresende sollen die Notcontainer leer sein und auch dauerhaft leer bleiben.
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Dass nun die provisorischen Nachtquartiere endlich aufgegeben werden können, freut alle Beteiligten. „Wir verlassen uns auf die Zusage der Stadt“, sagt Pater Oliver, der Leiter des Petershofs und zugleich der Gemeindepfarrer. „Ich bin sehr hoffnungsfroh.“ Lange hatte er vom Rathaus ein Gesamtkonzept für die Menschen gefordert, die bei ihm um Hilfe baten.
Stadtsprecher: „In Duisburg muss niemand auf der Straße schlafen“
Dagegen hat die Stadt Duisburg stets widersprochen, kein Konzept zu haben und haben ihr „Hilfesystem zur Beseitigung und Vermeidung von Wohnungslosigkeit“ angeführt. „In Duisburg muss niemand, der unfreiwillig obdachlos geworden ist, auf der Straße schlafen“, sagt jetzt auch Stadtsprecher Sebastian Hiedels auf Nachfrage und verweist auf städtische Schlafplätze, die „in ausreichender Zahl vorgehalten“ seien. Dieses „tragfähige Konzept“ sehe aber „eine dauerhafte Unterbringung in Obdachloseneinrichtungen nicht mehr vor“. Vielmehr sollen die Betroffenen langfristig in eigenen Wohnungen unterkommen oder zunächst, etwa bei Suchtkrankheiten, in einer „adäquaten Einrichtung“. EU-Ausländern soll zudem die Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht werden.
Überdies gibt es die städtischen Notunterkünfte, damit in kalten Wintermonaten niemand unter freiem Himmel schlafen muss und schlimmstenfalls erfriert. „Wir haben großes Interesse daran, unfreiwillig obdachlos gewordene Menschen in einer Einrichtung unterzubringen, um ihnen entsprechenden Schutz zu bieten“, so Hiedels. Aufgenommen würden in solchen Fällen auch Suchtkranke. „Leider gibt es viele Personen, die eine Unterbringung oder die damit verbundenen Regeln ablehnen.“
So waren die Schlafplätze in der Kirche und später die 16 Betten in den Containern sehr begehrt. „In einem Container zu schlafen, das ist kein würdiges Leben“, betonte Pater Oliver aber immer wieder. Besonders hart kritisierte er die Stadt, nachdem er vor einem halben Jahr in einem der Notcontainer einen Obdachlosen tot aufgefunden hatte. Zwar bedeutete dies damals für die Behörden offenbar keinen Weckruf, doch der Ordensbruder und seine Helfer sind froh, dass inzwischen eine Lösung für die Obdachlosen gefunden ist. Rechtzeitig zum kalten Winter.
Warum ließ die Lösung zwei Jahre auf sich warten?
Doch warum hat diese Lösung rund zwei Jahre auf sich warten lassen? Sie hätte auch damals schon funktioniert, erläutert Stadtsprecher Hiedels: „Die aktuellen Bewohner des Petershofs sind im Hilfssystem seit Jahren bekannt. Es wurden über die Wohnungslosenhilfe Maßnahmen zur Hilfegewährung angeboten. Leider wurden diese jedoch durch die Betroffenen teilweise ergebnislos abgebrochen oder nicht angenommen.“ So hätten sie etwa Beratungsgespräche nicht wahrgenommen und persönliche Kontaktaufnahmen abgelehnt. Ob solche Angebote angenommen werden, „obliegt jedoch dem eigenen Willen der Betroffenen“.
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Dass Obdachlose keine Hilfe annehmen wollen, bestreitet Pater Oliver. So betonte er bereits im Sommer: „Ich habe noch niemanden erlebt, der sich dazu entschieden hat, obdachlos zu sein.“ Auch Bedürftige am Petershof schildern glaubwürdig, dass sie ungern in den Containern schlafen und lieber in eine Einrichtung wollen oder, besser noch, in eine eigene Wohnung.
Die Betroffenen scheitern allerdings meist daran, dieses Ziel umzusetzen. Viele sind suchtkrank und schaffen den Entzug nicht. Andere sind sterbenskrank und ohne Krankenversicherung. Wieder andere finden auch wegen hoher Schulden keine Wohnung. Eine weitere Gruppe sind polnische Wanderarbeiter oder Rumänen, die über Schlepperbanden nach Marxloh kamen, und die nicht einmal mehr einen Pass haben und als EU-Ausländer auch keinen Leistungsanspruch. All diese Menschen, weiß Pater Oliver, sind bisher durchs Raster des städtischen Hilfssystems gefallen.
Petershof fordert niederschwellige Hilfsangebote
„Es fehlen niederschwellige Hilfsangebote“, erläutert Sandra Hankewitsch, die die Obdachlosenhilfe des Petershofs leitet. Während die Stadt argumentiert, dass die Container-Schläfer ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, fordert Hankewitsch, dass die Angebote verändert werden. So seien viele Betroffene mit Antragsformularen und Behördengängen völlig überfordert.
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Letztlich freuen sich aber sowohl die Stadtverwaltung und als auch das Petershof-Team, dass endlich eine Lösung für die Obdachlosen gefunden ist und dass sie künftig in würdigeren Unterkünften übernachten können. Pater Oliver hofft, dass bald die Container keine Schlafplätze mehr sein müssen. Jedoch will er weiterhin keine Hilfsbedürftigen wegschicken: „Ich lasse niemanden auf der Straße erfrieren.“
Die Notcontainer werden Anlaufstelle bleiben – in neuer Funktion
Abbauen wird der Geistliche die Container neben der Kirche nicht. Sie sollen eine Anlaufstelle für Notleidende bleiben. Der Petershof will sie in Wärmestuben, Aufenthalts- und Beratungsräume umgestalten. „Die Armut steigt hier seit Jahren“, sagt Pater Oliver und meint längst nicht nur Wohnungslose. Den Menschen, die von Armut betroffen sind, will er die Möglichkeit geben, vernünftig zu essen, zu trinken und vielleicht auch ihre Wäsche zu waschen.
Auch während der Corona-Pandemie laufen die Unterstützungsangebote weiter. Dazu gehört die Armenspeisung, für die derzeit Biertischgarnituren in der Kirche aufgestellt sind. Den kostenlosen Mittagstisch besuchen an Monatsenden täglich bis zu 60 Menschen, sonst kommen rund 30 hungrige Bedürftige. Getragen wird die Lebensmittelausgabe durch Spenden. Geöffnet ist auch die Kleiderkammer und, bei Bedarf, die medizinische Notversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung. Ohnehin bleibt der Petershof ganztägig eine Anlaufstelle für alle, die Seelsorge oder Unterstützung in einer Notsituation brauchen.
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Ohnehin zieht es die Obdachlosen trotz neuer Schlafplätze weiterhin zum Petershof. Dort können sie kostenlos essen, finden Gesellschaft und bekommen ihre Wunden versorgt. Zumal städtische Obdachlosenunterkünfte wie das Marxloher Hotel Salm nur zur Übernachtung gedacht sind. In dieser Einrichtung fehlen beispielsweise Gemeinschaftsräume, und die Bewohner bekommen keine weiterführenden Hilfen. „Im Hotel Salm sind sie sich selbst überlassen, bei uns fühlen sie sich aber sicher, haben Vertrauen zu uns aufgebaut und sich ein Netzwerk geschaffen“, sagt Sandra Hankewitsch. Daher werde der Petershof, das sozialpastorale Zentrum in Marxloh, ganz bestimmt eine Anlaufstelle für Wohnungslose bleiben. Ebenso für andere Hilfsbedürftige und Notleidende.
>> BETROFFENE VERSTÄRKT AUFS HILFSSYSTEM HINWEISEN
- Um sicherzustellen, dass in Zukunft im Winter keine Obdachlosen mehr auf Feldbetten in der Kirche St. Peter oder in den Notcontainern übernachten müssen, setzt die Stadt Duisburg auf ihr trägerübergreifendes Hilfesystem. Laut Sprecher Sebastian Hiedels ist es wichtig, dass alle Akteure (private Initiativen, Verbände und die Kommune) die Hilfesuchenden auch auf dieses System hinweisen.
- Notschlafplätze in Kirchen oder Containern werden demnach von der Verwaltung „nur als kurzfristige Übergangslösung akzeptiert“, weil sie Betroffenen keine Zukunftsperspektive bietet.
- Stadtsprecher Sebastian Hiedels: „Letztlich ist der Wille der Betroffenen maßgeblich und für die Wohnungslosenhilfe bindend.“
- Zentraler Dienstleister für alleinstehende Obdachlose ist das Diakoniewerk Duisburg. Infos gibt es auf www.diakoniewerk-duisburg.de/wohnungslosenhilfe/zabv/