Duisburg. Ein nostalgischer Ausflug zu vergangenen Kult(ur)stätten Duisburgs: Erinnerungen an Clubs, Eck- und Musikkneipen, an die ehemalige Kinostadt.
Im Pub an der Hohen Straße in Duisburg tranken die Hippies den allzu süßen Samos-Wein aus dem Fass. An die folgenden Kopfschmerzen erinnert man sich noch heute. Nicht vergessen werden Nachtschwärmer und Kulturfreunde aber auch weitere Stationen und Kneipen der 70er und 80er Jahre, die damals jenseits der biederen deutschen Eck-Kneipen-Kultur für exotische Farbtupfer im kulturellen und gastronomischen Leben einer in dieser Hinsicht nicht gerade verwöhnten Stadt sorgten. Eine Spurensuche.
Los geht es mit einem Besuch in den Tempeln der Ende der 60er Jahre auch in Duisburg wachsenden alternativen Szene, die privat und politisch im muffigen Nachkriegs-Deutschland schon optisch mit ihren Bärten und langen Haaren den Umsturz wagten. Zu den ersten Treffpunkten der Beatniks gehörte die legendäre Hippie-Schänke „Shalom“ von Wirtin Mary an der Tonhallenstraße, in der alle großen Schwestern später gewesen sein wollten.
Die Karawane zog weiter in Richtung Pub mit gelbem Marokkaner im Gepäck und süßem Räucherstäbchen-Nebel. Wie in einer Bar musste der Besucher hier schellen, damit der Thekenchef durch eine kleine Türklappe einen Blick auf die Gäste nehmen konnte.
Im "Laden" am Kuhlenwall in Duisburg spielte die Bröselmaschine
Es gab dann noch den "Laden" am Kuhlenwall, einem alten Böninger-Gebäude, in dem die Bröselmaschine und Peter Bursch Ende der 60er Jahre zu Konzerten einluden. Die berühmte erste Duisburger WG entstand dann in direkter Nachbarschaft mit den Musikern der Bröselmaschine an der Ecke Friedrich-Wilhelm-Straße/Goldstraße. Auch dieser schöne Altbau wurde dann später abgerissen, um für die wachsende Auto-Stadt Duisburg einen Parkplatz zu schaffen.
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1974 ging man an der Niederstraße in das bundesweite bekannte Zentrum Eschhaus, das bis zu seinem Abriss 1987 zu einem Treffpunkt der alternativen Kulturszene, aber auch zu einem Hort des Dauer-Streites mit genervten Nachbarn und Politikern wurde.
Im Dezember 1975 eröffnete das basisdemokratisch regierte Studentenlokal „Finkenkrug“, das als Mekka der Biertrinker galt und dank Geschäftsführer Roland Jahn immer noch existiert. Bereits ein halbes Jahr zuvor eröffnete wenige Meter weiter am Sternbuschweg der ebenfalls noch vorhandene „Bürgerhof“.
Jazz-Schänke "Bebop" und Café Klatsch sind Geschichte
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Auch die gute alte Mary und ihre Dellviertel-Kneipe „Pampus“ haben in vielen Jahrzehnten dem Kneipensterben getrotzt. Direkt um die Ecke erfreute sich dann einige Jahre später das von Künstler Ekkehard Graefen originell gestaltete „Café Graefen“ großer Beliebtheit, das immer noch Kult-Charakter genießt.
Das Old Daddy lockte an der Steinschen Gasse mit Rolf Stanietzki hinter der Theke, der später den „Steinbruch“ an der alten Lotharstraße in Neudorf übernahm und ebenfalls für einige Jahre Grammatikoff-Chef am Dellplatz war. In Neudorf schätzten die Studenten zudem noch Kneipen wie „Bei Hax“, das ausgeflippte „Oktopus“ an der Grabenstraße oder das „Sternbüschchen“ am Sternbuschweg.
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An der Musfeldstraße gab es in den 80er Jahren die Jazz-Schänke „Bebop“ und neben dem Old Daddy das smarte "Café Klatsch" zu einer Zeit, als mit dem „Movies“ die auch heute noch beliebte Kino-Kneipe des Filmforums eröffnete, in der Moni Gottlob hinter der Theke souverän Regie führte.
Im Hollywood-Kino kellnerte "Zappo"
Auch das in den 80er Jahren in der Averdunk-Passage existierende Hollywood-Kino mit einem schönen kleinen Café bleibt in guter Erinnerung. Kellner war der leider schon verstorbene Künstler Jörg Zboralski, genannt „Zappo“. Das Repertoire des beliebten Programm-Kinos und auch sein Publikum wurden dann nach der Schließung des Kinos vom Filmforum am Dellplatz übernommen. Nicht zu vergessen: Am König-Heinrich-Platz eröffnete mit dem "Studio M" das Filmforum der Volkshochschule, das inzwischen älteste kommunale Kino Deutschlands.
All diese kulturellen Etablissements waren in der Stadtmitte oder in direkter City-Nähe zu finden. In den Stadtteilen waren Kneipen für die junge Kultur eher selten. So traf man sich als Hamborner vielleicht im „Philadelphia“ oder im „Rumpelstilzchen“ an der Weseler Straße. Wem die Fahrt in die Stadtmitte per Bahn zu mühsam war, konnte auch der von Uwe Karsten geführten „Kartoffelkiste“ in Neumühl einen Besuch abstatten.
Duisburg war eine Stadt des Kinos mit umjubelten Filmpremieren
Duisburg war bereits in den Nachkriegsjahren eine Stadt des Kinos. Bis dann das Fernsehen für Kino für Konkurrenz in den deutschen Wohnzimmern sorgte. Neben den großen Kinos der Familie Enzweiler in Marxloh – im Atlantis gab es umjubelte Filmpremieren – lockten in der Stadtmitte mit dem Residenz, dem Gloria und dem Europalast drei Großkinos. Mit dem Boom des Kinos eng verbunden ist in Duisburg der Name Hanns Eckelkamp. So eröffnete der aus Münster stammende Filmkaufmann erstmals mit dem Neudorfer Deli ein Kino in Duisburg. Inzwischen ist davon keines mehr vorhanden, das Gebäude an der Düsseldorfer Straße wird bald abgerissen.
Es gab dann noch den Schauspieler und Theater-Manager Jochen Schroeder, der im Jahre 1999 im alten Residenz-Kino die Comödie Duisburg eröffnete, die später ins kleinere Gloria-Kino zog. Doch die Rechnung, langfristig ein großes Publikum mit Lustspielen und leichter Kost anzulocken, ging nicht auf. Das für Duisburg immer wieder geforderte fest installierte Boulevard-Theater war 2008 endgültig wieder einmal gescheitert. Die Konzertagentur Schlote aus Salzburg - Hans Schlote war mit seiner Heimatstadt Duisburg immer noch eng verbunden - hatte es mit einer Schauspiel-Reihe im Theater versucht und gab das Projekt schon nach wenigen Jahren auf.
Hanns Eckelkamp brachte "Zwölf Uhr Mittags" ins deutsche Kino
Der 1927 in Münster geborene Hanns Eckelkamp eröffnete bereits mit 19 Jahren dort sein erstes Kino. In Duisburg übernahm der erfolgreiche Filmkaufmann, Filmproduzent und Kinokettenbesitzer unter anderem den Europalast auf dem Grundstück der im Krieg ausgebrannten Getreidebörse an der Düsseldorfer- und Börsenstraße in der Stadtmitte. 1960 gründete Eckelkamp seine Firma Atlas-Film, die mit Film-Lizenzen handelte und die die Lufthansa und die deutsche Handelsschifffahrt mit Filmen versorgte.
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Für eine Sensation sorgte Eckelkamp, als er 1959 die Rechte für den berühmten Western „Zwölf Uhr Mittags“ mit Gary Cooper erwarb und ins deutsche Kino brachte. „Das Schweigen“ von Ingmar Bergmann war ein weiterer großer Kino-Erfolg. Eckelkamp war der erste, der ganze Litfass-Säulen mit kompletter Kino-Werbung beklebte. Der Duisburger produzierte Filme mit unter anderem Rainer-Werner Fassbinder und Ulrich Schamoni und gehörte mit seinen vielen Begabungen zu den schillernden Persönlichkeiten des deutschen Nachkriegs-Kinos.
Nachfolger von Hanns Eckelkamp als Atlas-Chef wurde Paul Liwa. Heute lebt der 93-jährige Eckelkamp, Vater von sechs Kindern, in Berlin. An der Neudorfer Ludgeristraße befindet sich immer noch sein ehemaliges Firmenschild von Atlas-Film.