Duisburg. Die Beschwerden über nicht zugestellte Briefwahlunterlagen reißen nicht ab. Wie viele Wähler sind betroffen? Eine kleine Beschwerde-Sammlung.

Die Beschwerden über rechtzeitig beantragte und nicht zugestellte Briefwahlunterlagen für die Kommunalwahlen in Duisburg halten an. Unsere Redaktion erreichten bis Sonntag Hinweise Betroffener und Ankündigungen, die Duisburger Abstimmungen anzufechten.

+++ Neue Entwicklung von Montag, 14. September +++ Die Stadt meldet Fehler bei der Post und räumt größere Verzögerungen durch eigene Druckfehler ein +++ Post-Sprecher dementiert Darstellung der Stadt

Briefwahl-Pannen in Duisburg – Stand vom 12./13. September:

Auch unter einem Facebook-Posting der Stadtverwaltung @Duisburg.de vom Freitag machten verärgerte Stimmberechtigte ihrem Ärger Luft und fragen. Immer wieder wird auch die Frage gestellt, wo all die Briefwahlunterlagen und Stimmzettel geblieben sind.

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Wahlleiter Martin Murrack und das Amt für Kommunikation hatten am Freitag erklärt, dass Betroffene noch am Wahlsonntag in den Wahllokalen abstimmen können: „Es ist außerdem möglich, ganz regulär an der Wahl am Sonntag teilzunehmen. Auch hier muss eine eidesstattliche Erklärung abgegeben werden.“

Für das Blog Ruhrbarone hatte am 11. September Gastautor Helmut Junge berichtet, dass ihm die Briefwahlunterlagen nicht zugestellt worden waren. Er habe vergeblich versucht, Informationen und Hilfe zu erhalten. Hier geht’s zu dem Artikel „Stadt lässt Wähler im Regen stehen“

Diese Gründe für Verzögerungen kennen wir:

• Die Stadtverwaltung musste nach eigenen Angaben Ende August wegen der Rekord-Briefwahlbeteiligung eine zweite Kuvertieranlage installieren und Extraschichten einlegen.

• Was ein Post-Sprecher erklärt und das städtische Wahlteam bestätigt hat: Es kam Anfang September zu Verzögerungen beim Versand von 4500 Briefen mit Stimmzetteln, weil die Stadt deren Adressen nicht so abgedruckt hat, dass die Post sie maschinell sortieren konnte. Die Briefe mussten darum händisch sortiert werden. Die Verzögerungen, versicherte der Post-Sprecher, seien „nach zwei, maximal drei Tagen wieder aufgearbeitet“ gewesen.

Leser: Briefwahlunterlagen am 21. bzw. 23. August angefordert und nicht erhalten

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Bereits am 31. August hatte unserer Redaktion beispielsweise ein Leser geschrieben, dessen Name uns vorliegt: „Am 21.8. habe ich die Unterlagen zur Kommunalwahl erhalten. Da ich mich am Wahltag im Urlaub befinde, habe ich am gleichen Tag Briefwahl beantragt. Bis zum heutigen Tag habe ich die Unterlagen nicht erhalten.“ Seine Schwester sei am 30. August „ohne Stimmabgabe in Urlaub gefahren, sie konnte das erste Mal in ihrem Leben von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen.“ Das Call-Center der Stadt habe ihn auf Probleme durch das hohe Briefwahlaufkommen hingewiesen.

In diesem Artikel vom 8. September ist der Fall von Rainer Weiß geschildert. Er hatte die „Briefwahlunterlagen bereits am 23.8. online angefordert“ und nicht erhalten. Weiß befürchtet, „dass viele Bürger nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen“.

Am Samstag, 12. September, setze uns Erich Hennen bei seiner Mail an die Stadt in Kopie: „Guten Tag, geduldig habe ich bis jetzt, Samstag den 12.9., 16 Uhr, auf die Ende August beantragten Briefwahlunterlagen gewartet, und wiederholt auch bei der Briefwahlhotline angerufen. Dasselbe gilt auch für meine Nachbarn, zusammen also vier Stimmen. Ich fordere Sie also hiermit auf, bis morgen, Sonntag den 13.9.2020, uns Wahlunterlagen zuzuschicken. […] Gegebenenfalls setzen Sie sich gefälligst ins Auto und bringen uns diese Unterlagen. Ich wäre dann bereit, die bis Sonntag 16 Uhr am Burgplatz einzuwerfen. Des Weiteren verlange ich von Ihnen, dass Sie überprüfen, ob mit unseren Namen ausgefüllte Briefwahlunterlagen bei Ihnen eingegangen sind, da ich aus gegebener Veranlassung Wahlbetrug vermute. Sollten wir durch Ihr Unvermögen, eine Wahl nicht korrekt durchführen zu können, an der Teilnahme verhindert worden sein, werden wir auf dem Rechtsweg die Wahl anfechten. Das Aufsuchen eines Wahllokals kommt für uns aus gesundheitlichen Gründen nicht in Frage.“

Am Freitagabend hatte uns ein stimmberechtigter Leser, dessen Name unserer Redaktion bekannt ist, dies geschrieben:

„Nach meinen eigenen Recherchen und zahlreichen Gesprächen im Bekanntenkreis gehe ich davon aus, dass die Zahl nicht oder verspäteter Briefwahlunterlagen in Duisburg im vierstelligen Bereich liegt. Ganz besonders möchte ich Sie darauf hinweisen, wie eine ähnliche Panne in der Stadt Düsseldorf angegangen wurde. Die dortige Stadtverwaltung scheint alle Anstrengungen unternommen zu haben, um betroffenen Wählern die ausstehenden Briefwahlunterlagen zukommen zu lassen. Bemerkenswert in der Düsseldorfer Pressemitteilung ist der Hinweis, dass Wähler, die Briefwahl beantragt haben, wegen des Sperrvermerks nicht in Ihrem Wahllokal bei der Urnenwahl am Sonntag teilnehmen können.

In den neuesten Mitteilungen des Duisburger Wahlamtes werden Duisburger Wähler dagegen aufgefordert, bei Nichterhalt der Briefwahlunterlagen in ihrem Wahllokal gegen Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung wählen zu gehen. Ich bezweifle, ob diese unterschiedlichen Vorgehensweisen der Kommunalwahlordnung entsprechen. Genau diese Gründe waren es auch, die mich veranlassten, auf der Briefwahl zu bestehen.“

Folgendes hatte der Betroffene am 11.9. der Stadt, dem Oberbürgermeister und der Stabsstelle für Wahlen und Informationslogistik geschrieben:

„Betr.: Kommunalwahl 2020 Antrag Ersatzwahlschein

Sehr geehrte Damen und Herren,

für die bevorstehende Kommunalwahl am 13.09.2020 habe ich am 24.08.2020 schriftlich die Übersendung von Briefwahlunterlagen an meine Wohnanschrift beantragt. Bis heute, Freitag 11.09.2020, 14.00 Uhr sind bei mir keine Briefwahlunterlagen eingetroffen.

Bei einer telefonischen Rückfrage am Mittwoch, 09.09.2020 zuerst mit Call Duisburg, anschließend mit dem Wahlamt wurde mir der Eingang meines Antrags mündlich bestätigt und mitgeteilt, dass meine Briefwahlunterlagen am 28.08. 2020 an die Post übergeben worden seien.

Auf meine Bitte, mir die ausstehenden Briefwahlunterlagen umgehend zuzusenden, wurde ausweichend reagiert und die Schuld für die Verzögerung der Deutschen Post angelastet.

Unter Hinweis, dass ich aufgrund zahlreicher Meldungen in den Medien kein Einzelfall sei, bat ich um Darlegung der von der Stadt Duisburg eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung dieses Missstands. Dazu erhielt ich nur ausweichende Antworten. Es wurde mir lediglich angeraten, mein Wahlrecht bis Freitag in den Bezirkswahlstellen/Rathaus wahrzunehmen.

Dies bewertete ich als unzulässige Einschränkung meines Wahlrechts; als ich daraufhin erneut um Übersendung der von mir beantragten Briefwahlunterlagen bat, wurde das Gespräch von der Gegenseite abrupt abgebrochen.

[...] Dank der Hilfe aus der Nachbarstadt Düsseldorf beantrage ich hiermit gem. § 20(9) in Verbindung mit § 19(4) KWahlO NRWdie Ausstellung eines (Ersatz-) Wahlscheins sowie der dazugehörigen Briefwahlunterlagen für die Kommunalwahl am 13.09.2020.

Ich versichere ausdrücklich und an Eides Statt, dass mir die beantragten Unterlagen bisher nicht zugegangen sind. Ich bitte, eine rechtzeitige und zuverlässige Zustellung – sinnvollerweise wie im Beispiel Düsseldorf durch Boten oder Kurier – an meine Wohnanschrift zu veranlassen: [...] Ich erwarte eine Zustellung bis spätestens Samstag, 12.09.2020, 15.00 Uhr in meinen jederzeit zugänglichen Hausbriefkasten.“

Missbrauch der verschwundenen Wahlunterlagen ausgeschlossen?

Einen weiteren Fall beschreibt Klaus Bock in seinem Leserbrief vom 11. September:

„Am 27.8. beantragten meine Frau und ich die Briefwahl. Da wir zur Corona-Risikogruppe gehören, war uns das sicherer. Bis heute, 11.9., haben wir die Unterlagen nicht erhalten. Nach mehrmaliger telefonischer Absprache mit der Hotline der Stadt Duisburg teilte man uns mit, dass die Unterlagen bereits verschickt wurden. Jetzt frage ich mich, wo die Unterlagen geblieben sind und ob es ausgeschlossen ist, dass damit jemand unsere Wahlunterlagen missbrauchen wollte. Auf jeden Fall werden wir uns so schnell nicht mehr für die Briefwahl entscheiden.“

Artikel vom 10. September: Weiter viele Beschwerden über fehlende Briefwahlunterlagen

Diesen Artikel vom 10. September hat unsere Redaktion am Sonntag, 13. September, um 12.30 Uhr aktualisiert. Es folgt die Berichterstattung mit dem Stand von Donnerstag, 10. September, 17.59 Uhr.

In der Redaktion haben sich auch am Donnerstag erneut mehrere verärgerte Wähler gemeldet, denen keine Briefwahlunterlagen für die Kommunwahl am Sonntag zugestellt worden sind.

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Klaus Joppa etwa ist „sehr erbost über die Behandlung der Stadt, der es gelungen ist, einem nicht unwesentlichen Teil ihrer Bürger die Wahlbeteiligung unmöglich zu machen“. Er habe „vor deutlich mehr als zwei Wochen Briefwahl beantragt und bis Donnerstag keine Antwort erhalten. Eine reguläre Briefwahl ist also nicht mehr möglich.“

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Hans-Jürgen Schlutt aus Buchholz hat ebenfalls vergeblich gewartet, „etwa seit dem 20. August“. Zwischenzeitlich führte er mehrere Telefonate mit Wahlamtsmitarbeitern. Die sagten, sein Antrag sei am 24. Augst eingegangen.

Der schwerbehinderte 82-Jährige wollte aus Angst vor einer Corona-Infektion nicht ins Wahllokal. Nun überlegt er, am Freitag am Rollator ins Bezirksamt Süd zu gehen und dort zu wählen.

Und Leserin Hilla Theisen meldete verärgert, sie habe am Donnerstag mehrfach vergeblich versucht, bei der städtischen Briefwahl-Hotline 0203 283-3333 durchzukommen.

Bis Mittwoch hatten 63.000 der 360.000 wahlberechtigten Duisburger Briefwahl beantragt – ein neuer Rekord bei Urnengängen in Duisburg (wir berichteten).

Duisburg: Hier kommen Briefwähler noch zum Zug

• Briefwahl können Stimmberechtigte noch bis Freitag, 18 Uhr, in den Briefwahlstellen in sechs Bezirksrathäusern und im Rathaus am Burgplatz beantragen und direkt vor Ort erledigen.

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• Briefwähler können ihre Unterlagen mit den Stimmzetteln zudem bis Sonntag, 16 Uhr, an drei Stellen einwerfen: Rathaus am Burgplatz; Bezirksrathaus Homberg, Bismarckplatz; Wahlzentrum In den Haesen 84, Homberg.

Im Wahllokal können verschlossene Briefwahlunterlagen nicht abgegeben werden. Dort können verhinderte Briefwähler aber den ihnen übersandten Wahlschein vorzeigen und wählen.

• Die städtische Briefwahl-Hotline (0203 283-3333) soll am Freitag bis 18 Uhr und am Samstag von 8 bis 16 Uhr Hilfe bieten.