Dortmund. Nach neuen EU-Sanktionen hat der Iran eine “Gegen-Sanktionsliste“ veröffentlicht. Darauf steht auch Dortmunds Polizeichef – aus seltsamem Grund.
Nachdem die EU neue Sanktionen gegen den Iran verhängt hatte, setzte die islamische Republik zum Gegenschlag an – und schrieb ihre eigenen Sanktionsliste. 37 Personen und Organisationen aus der Europäischen Union und Großbritannien stehen darauf. Einer davon: Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange. Der Grund scheint weit hergeholt.
Auf der Irans Liste stehen viele Mitglieder des EU-Parlaments, aber zum Beispiel auch der jüdische Sender "Radio J", die Baufirma Heberger, "Charlie Hebdo"-Chefredakteur Gérard Biard oder die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Auch Ex-Mi6-Chef Alex Younger, GB-Generalstaatsanwältin Victoria Prentis, SPD-Außenpolitiker Dietmar Köster aus Witten oder Oberst Tim Zahn vom Zentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr sind dabei.
Iran verhängt Sanktionen gegen Gregor Lange – wegen Mouhamed Dramé
Die ganz großen Namen der europäischen Politik finden sich hier nicht. Dennoch: Wie kommt Gregor Lange auf die Liste? Wieso droht der Iran dem Dortmunder Polizeichef mit einer Einreisesperre und dem Einfrieren möglicher Vermögenswerte im Iran?
Offiziell wirft das iranische Außenministerium den gelisteten Personen „Unterstützung von Terrorismus“ und „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ vor. Der Grund, Gregor Lange auf die Liste zu setzen, scheint daher weit her geholt. Auf der Ministeriumswebseite heißt es nur: "Gregor Lange im Zusammenhang mit der Ermordung eines senegalesischen Bürgers durch die Dortmunder Stadtpolizei". Damit ist vermutlich der Tod von Mouhamed Dramé gemeint, dem Flüchtling (16) der bei einem Polizeieinsatz in der Nordstadt starb.
Lange selbst äußert sich dazu nicht, weder persönlich noch inhaltlich. Auch die Behörden halten sich bedeckt: "Der Staatsschutz hat Kenntnis davon, wertet es aber nicht", wiegelt Polizeisprecher Steffen Korthoff ab.
Gregor Lange: Polizeichef-AG und Kampf gegen Rechts
Gregor Lange, Jurist und gebürtiger Dortmunder, war einige Jahre im NRW-Innenministerium angestellt – unter anderem beim Verfassungsschutz, wo er sich mit politischem Extremismus beschäftigte. Auch als Polizeipräsident in Dortmund gehört der Kampf gegen den Rechtsextremismus zu seinen Schwerpunkten.
Seit 2017 leitet Lange zudem die Arbeitsgemeinschaft der Polizeipräsidenten Deutschlands. Das Netzwerk trifft sich zweimal jährlich zum "Erfahrungsaustausch über sicherheitspolitische Fragen und den Ausbau der öffentlichen Sicherheit".
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Die iranische "Gegenliste" war eine Reaktion auf die Strafmaßnahmen der EU. Sie hatte vergangene Woche wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen rund um die Proteste im Iran neue Sanktionien beschlossen. Sie treffen 37 Personen und Organisationen – unter anderem Sportminister Hamid Sadschadi, Parlamentarier, Angehörige des Militärs und die Dachorganisation der Sittenwächter. (mit dpa)
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