Düsseldorf. Der durch Polizeischüsse getötete Mouhamed D. wurde tags zuvor in einer Dortmunder Jugendpsychiatrie untersucht – aber nicht zwangseingewiesen.
Im Fall des 16-jährigen Mouhamed D., der am 8. August in Dortmund durch Polizeischüsse aus einer Maschinenpistole starb, richtet sich die Aufmerksamkeit jetzt auf die Jugendpsychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Dortmund.
Der Jugendliche war in der Nacht vom 6. auf den 7. August von Polizei und Rettungsdienst in diese Klinik gebracht worden, weil er auf einer Wache damit gedroht hatte, sich umzubringen. In der Klinik sah man aber keine Notwenigkeit, den Patienten zwangsweise stationär aufzunehmen. Die Frage stellt sich, ob Mouhamed D. auch deshalb starb, weil die Mediziner in der „Elisabethklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie“ womöglich eine falsche Diagnose stellten.
Mouhamed D. soll sich in Klinik von Suizidabsichten distanziert haben
In einem vertraulichen Bericht der Landesregierung an den Gesundheitsausschuss des Landtags steht, dass die Untersuchung von Mouhamed D. laut der Klinik „keine Anzeichen von Eigen- oder Fremdgefährdung“ ergeben habe.
Nach anfänglichen Sprachproblemen sei es nach Angaben der Klinik am Morgen des 7. August gelungen, einen Französisch-Dolmetscher hinzuzuziehen, mit dessen Hilfe eine „vertiefte fachärztliche Untersuchung“ möglich gewesen sei. Der Jugendliche habe sich klar von den Suizidabsichten distanziert, die er zuvor gegenüber der Polizei geäußert hatte. Die Voraussetzungen für eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie hätten demnach nicht vorgelegen.
16-Jähriger durch Maschinenpistole getötet
Mouhamed D. soll gegenüber dem Klinikpersonal den Wunsch geäußert haben, in sein Heimatland Senegal zurückzukehren. Möglichkeiten, dies zu organisieren, habe man ihm aufgezeigt. Der Jugendliche wurde am 7. August „nach Vereinbarung“ der Klinik mit ihm entlassen worden, so der Bericht.
Am Tag danach hielt sich der 16-Jährige im Hof einer Dortmunder Jugendhilfeeinrichtung in suizidaler Absicht ein Messer an den Bauch. Der darauffolgende Einsatz von zwölf Polizeibeamten endete mit dem Tod von Mouhamed D. Ein Pfefferspray mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum wurde gegen ihn eingesetzt, zwei Elektroschocker (Taser) und schließlich eine Maschinenpistole.
SPD fordert lückenlose Aufklärung im Fall Mouhamed D.
SPD, FDP und Grüne im Landtag dringen nun darauf, dass nicht nur das Handeln der Polizei, sondern auch die Qualität der Versorgung von Suizidgefährdeten und Menschen ohne gute Deutschkenntnisse durch die Kinder- und Jugendpsychiatrien zu überprüfen.
SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat sagte, die Landesregierung müsse für eine lückenlose Aufklärung sorgen. „Dazu gehört auch die Frage, wie der Gesundheitszustand und die medizinische Versorgung des jungen Mannes zu bewerten war.“
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigte in einem Bericht an den Innenausschuss an, dass Polizistinnen und Polizisten in ihrer Ausbildung und im Dienst mehr als bisher für den Umgang mit Suizidgefährdeten und mit Menschen, die nicht gut deutsch sprechen, sensibilisiert werden.