Bottrop. In Teilen des Bottroper Südens holt die AfD über 30 Prozent. Was sagen die Welheimer dazu? Ein Gespräch mit AfD- und Nicht-Wählern.

Bei der Europawahl hat die AfD bundesweit fast 16 Prozent der Stimmen bekommen. Damit steht die Partei hinter der CDU an zweiter Stelle. 8982 Bottroperinnen und Bottroper und damit 17 Prozent der hiesigen Wähler haben ihr Kreuz am Sonntag bei der AfD gesetzt. Besonders viele Stimmen konnte die Partei im Stadtbezirk Bottrop-Süd gewinnen.

In drei Ratswahlbezirken im Süden erzielte die AfD die Mehrheit: in Welheim (30,9 Prozent), Boy-Ost (25,8 Prozent) und in Ebel-Welheimer Mark sogar 31,9 Prozent. An dem Wahllokal der Hauptschule Welheim wählten 35,5 Prozent blau. In keinem Wahllokal in ganz Bottrop liegen die Abstimmungsergebnisse für diese Partei bei unter zehn Prozent.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal

Starke AfD im Bottroper Süden: Nicht mal jeder Zweite ist wählen gegangen

Woran liegt das, dass sich immer mehr Menschen in Bottrop der AfD zuwenden, vor allem im Süden der Stadt? Die AfD begründet ihren Erfolg im Bottroper Süden damit, dass „dort die wirklichen Probleme, die die Gesellschaft beschäftigen, am offensichtlichsten sind“. So sagt es ihr Bottroper Fraktionsvorsitzender Patrick Engels am Montag. In Welheim lag der Anteil der Sozialhilfeempfänger 2022 bei über 18 Prozent, deutlich über dem städtischen Durchschnitt. Mehr als jeder Dritte, der hier lebt, hat einen Migrationshintergrund.

Auch interessant

Ein Besuch in Welheim, ein Tag nach der Wahl. Auf der Gungstraße ist ein Müllcontainer mit „AfD“ und einem angedeuteten Hakenkreuz beschmiert. Hier, im Südosten der Stadt, sind nur 47 Prozent der Wahlberechtigten überhaupt an die Urne gegangen.

Ein Nicht-Wähler aus Bottrop ist unzufrieden mit der Politik

Ein 62-jähriger Bottroper, der seinen Namen nicht öffentlich nennen will, gehört zu den Nicht-Wählern, da er mit keiner Partei zu 100 Prozent zufrieden ist. Er lebt und arbeitet seit einigen Jahren in Welheim. Trotzdem hat er eine klare politische Einstellung: „Die AfD würde ich auf keinen Fall wählen und die Grünen machen hier sowieso alles kaputt“, meint der Bottroper. Seine Tochter habe früher die Grünen gewählt, in diesem Jahr habe aber auch sie sich gegen die Partei entschieden.

Da er zu den Nicht-Wählern gehört, möchte er sich nicht über die Wahlergebnisse beschweren. „Wäre ich doch wählen gegangen, hätte ich mich wahrscheinlich für das BSW entschieden. Ich glaube, das ist eine Partei, die am wenigsten Fehler machen wird“, sagt der 62-Jährige. Über die hohe Prozentzahl für die AfD ist er entsetzt: „Die AfD zehrt immer mehr von der Angst der Bürger und macht sich diese hier zu Nutzen; in Welheim gibt es ja auch einen großen Anteil von Ausländern.“

Ladenbesitzer Cihan Bicici muss sich oft die politische Meinung seiner Kundschaft anhören

Cihan Bicici ist 37 Jahre alt, ihm gehört das Geschäft „McBrothers“ an der Gungstraße. Auch er hat sich dazu entschieden, nicht wählen zu gehen. Schon seit einigen Jahren fehle ihm das Interesse an der Politik, keine Partei sage ihm richtig zu. „Vielleicht haben viele Menschen die AfD aufgrund schlechter Erfahrungen hier in Welheim gewählt“, denkt der 37-jährige.

Seine Kundschaft drücke Cihan Bicici oft ungefragt ihre politische Meinung auf, viele sprechen sich ganz klar positiv für die AfD aus. Öfter bekommt er auch Sätze wie „Ich habe was gegen Ausländer, aber du bist in Ordnung“ zu hören.

AfD-Wähler: „Das ist nicht mehr normal, wie viele Ausländer hier leben“

Bei dieser Europawahl durften erstmals auch 16- und 17-Jährige wählen. Doch fehlt es einigen Jugendlichen am politischen Interesse und Wissen? Eine 16-jährige Schülerin von der Hauptschule Welheim ist der Meinung, dass noch mehr aufgeklärt werden sollte. „Ich wusste gar nicht, dass ich wählen gehen kann, ich interessiere mich auch nicht so für Politik“, sagt die Bottroperin. Sie findet jedoch, dass der AfD keine Stimmen gegeben werden sollten.

Ein 65-jähriger Bottroper aus Welheim hat seine Stimme der AfD gegeben. Der hohe Zuwachs an Menschen mit Migrationshintergrund im Bottroper Süden hat zu seiner Entscheidung beigetragen. „Das ist nicht mehr normal, wie viele Ausländer hier leben, hier gibt es zu viele Kriminelle“, meint der Bottroper. Schon bei der Bundestagswahl im Jahr 2021 habe er sich für die AfD entschieden. Warum? „Sie möchten Medikamente verbessern und setzen sich für stärkere Grenzkontrollen ein.“