Bottrop-Kirchhellen. Wasserversorger RWW stellt dar, wie sich die Nitratbelastung im Trinkwasser entwickelt hat. Was Landwirte für den Gewässerschutz tun.
Das Wasser von Bottrop ist gut. Sowohl im Sickerwasser nahe der Oberfläche als auch tief unter der bis zu 60 Meter dicken Schutzschicht des „Bottroper Mergels“ misst Wasserversorger RWW stabile bis sinkende Nitratbelastungen. In rund 50 der 601 Bottroper Trinkwasserbrunnen, fast alle davon in Kirchhellen, ist in den letzten Jahren aber der Nitrat-Grenzwert überschritten worden. Die Kirchhellener Landwirte tun, was sie können, um die Nitratbelastung von Boden und Wasser zu senken, versichert ihr Sprecher Frederik Steinmann.
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„Die Sickerwasserkonzentrationen an Nitrat sind stabil beziehungsweise sinkend. Auch die Nitratkonzentration in unseren Grundwassermessstellen ist leicht rückläufig“, sagt Ramon Steggink, Sprecher des Wasserversorgers RWW. Sein Unternehmen versorgt den Norden und Westen Bottrops mit Trinkwasser aus dem Wasserwerk Dorsten-Holsterhausen. Die dort gemessenen höchsten Nitratwerte liegen mit 14,8 Milligramm pro Liter deutlich unter dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter.
Das liegt unter anderem daran, „dass die Brunnengalerie in Dorsten-Holsterhausen das Wasser im tieferen Grundwasserstockwerk unterhalb des Bottroper Mergels als Schutzschicht entnimmt“, sagt Steggink. „Die Nitratgehalte sind aufgrund des Alters und der günstigen Bedingungen für einen Nitratabbau im Untergrund sehr niedrig.“
Grenzwertüberschreitungen an Kirchhellener Trinkwasserbrunnen
Näher an der Oberfläche sieht das etwas anders aus, sagt der Bottroper Fachbereich Umwelt: In den letzten zwölf Jahren seien in rund 50 Trinkwasserbrunnen Nitrat-Grenzwertüberschreitungen gemessen worden: „Diese Brunnen liegen in Kirchhellen, das unter anderem von der intensiven Landwirtschaft geprägt ist. Belastungsschwerpunkte lassen sich zwischen Kirchhellen und Feldhausen sowie nordwestlich in Hardinghausen/Ekel erkennen.“
Dass der Dünger der Landwirte einen großen Teil der Nitratbelastung produziert, ist für den Fachbereich ausgemacht: „Die Landwirtschaft stellt ein konkretes Risiko in den Wassergewinnungsgebieten dar, in denen das gesamte Rohwasser oder größere Anteile davon aus Grundwasser besteht“, heißt es im Wasserversorgungskonzept der Stadt Bottrop.
Nitratbelastung: Keine roten Flecken in Kirchhellen
Ganz so einfach ist das nicht, widerspricht Frederik Steinmann, Ortsvereinsvorsitzender des Westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverbandes WLV. Er verweist auf die Grundwasserkarte, auf der das Land seit 2024 nach verschärften Kriterien die Nitratbelastung mit roten Flecken ausweist. „Weder in Kirchhellen noch in Alt-Bottrop haben wir solche roten Flecken. Dagegen gibt es eine Fläche im Gladbecker Süden. Die ist aber zu 70 Prozent besiedelt. Da greift der Vorwurf an die Landwirte wohl zu kurz.“
Nach Steinmanns Einschätzung haben die Grenzwertüberschreitungen an den Kirchhellener Brunnen „kleinräumige Ursachen, zum Beispiel unsachgemäße Düngerlagerung oder Tierhaltung“. Die hauptberuflichen Landwirte dagegen müssen „scharfe Düngeregeln“ einhalten und seien dafür auch technisch mit modernen Maschinen gut aufgestellt.
„Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Das war nicht immer so“, sagt Steinmann. „Vor 20 Jahren galt beim Düngen noch das Prinzip: Viel hilft viel. Das war ein Fehler.“ Inzwischen habe die reduzierte Stickstoffdüngung „messbare Ergebnisse“ gebracht. Diese Messungen sind aber auch ein Problem: „Die Messbarkeit muss auch einfach sein“, fordert Steinmann. „Und am Ende des Tages muss sich der Aufwand für den Landwirt rechnen.“
In diese Richtung hat der Wasserversorger RWW nochmals nachgearbeitet, sagt Ramon Steggink. „Wir haben im Jahr 2022 ein neues Prämienmodell für Landwirte entwickelt, welches wir um sehr wirksame Extensivierungsmaßnahmen ergänzt haben. Diese Maßnahmen zielen auf Minimierung des Stickstoff-Austragsrisikos durch reduzierte Düngung und insbesondere auf Bodenruhe im Herbst und Winterbegrünung ab.“
Die Kooperation könne die Landwirte jedoch nur „unterstützend für den Gewässerschutz begleiten“, sagt Steggink. Am Ende müssten auch die Landwirte kaufmännisch denken: „Die Entscheidung etwa über Mais- oder Gemüseanbau, die beide aus Gewässerschutzsicht als problematisch einzustufen sind, trifft letztendlich der Markt und damit der Verbraucher.“
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Irgendwann wird das mit Nitrat belastete Wasser seinen Weg von der Oberfläche selbst durch den dicken Bottroper Mergel bis in die Tiefe finden, in der RWW das Bottroper Trinkwasser fördert. Wann wird das sein? Wissen wir nicht, sagt Steggink: „Wann erhöhte Nitratkonzentrationen in den Tiefen ankommen, aus denen wir das Rohwasser gewinnen, ist momentan noch nicht belastbar vorherzusagen.“
Nur um mal eine Vorstellung zu bekommen von den Zeiträumen: Nach einer Schätzung des RWW hat das Niederschlagswasser bis zu den Tiefbrunnen unter Dorsten eine „durchschnittliche Fließzeit von etwa 100 Jahren“.