Bottrop. Neuerdings kommen Sprüche aus Bottrops Parkautomaten und fordern zu Ungewöhnlichem auf. Fahrerinnen sind verwirrt. Ist das erlaubt oder Kunst?

Da hat man gerade seinen Parkschein gekauft und schon kommt ein dummer Spruch – sogar mit Aufforderungston. „Bitte hocken Sie sich neben die Fahrertür und verhalten Sie sich ruhig.“ Was wie ein verspäteter Aprilscherz klingt, ist natürlich eine todernste Angelegenheit. Die Stadt fordert ihre Autofahrerinnen und -fahrer damit auf, sich zu ertüchtigen, in sich zu gehen (es gibt in der Tat mehrere Sprüche, die die Automaten nach dem Bezahlen ausspucken) oder einfach nur Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen.

Ob Politessen die angemessene Reaktion überwachend registrieren und bei Nichtbeachtung Knöllchen mit weiteren Sprüchen verteilen, konnte die Verwaltung bislang nicht miteilen. Fakt ist: Diese kreativ anmutenden Parkscheine, die aus immerhin acht Automaten an prominenten City-Parkplätzen stammen (u.a. Saalbau, Rathaus, Gleiwitzer Platz, C&A oder Hauptpost), sind Teil eines Ausstellungsprojekts in der Kunsthalle B12, das noch bis zum 13. Juli dauert.

Bei korrektem Parkscheinerwerb wird niemand in Bottrop bestraft

Und natürlich wird niemand bestraft, jedenfalls nicht bei korrektem Parkscheinerwerb, und schon gar nicht von Katrin Reck, Leiterin der Ausstellungshalle. Die bringt ein wenig Licht in den Parkschein-Dschungel: „Mit dieser Ausstellung werden erstmals nicht nur die Wände, sondern die gesamte Halle genutzt“, sagt sie. Die Inszenierung geht noch über das Kulturzentrum hinaus. Die Texte auf den Parkscheinen stammen von Helen Brecht, nicht aus dem Rathaus.

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Sie sind Teil der Ausstellung „Trying to find the one by seeking and hiding“, in der 38 Künstlerinnen und Künstler den kommunikativen Raum zwischen den Zeilen und Wörtern interpretieren. Wie sind die Signale zu deuten, wenn ein Hin und Her der Sprache nicht zum Punkt kommt?

Im Zentrum der von Roger Rohrbach kuratierten Ausstellung steht die Installation von Franziska Harnisch. Sie hat in den Tagen vor der Ausstellungseröffnung Möbel in Bottrop und benachbarten Städten gesammelt, die über Kleinanzeigen verschenkt wurden. Inszeniert in dem Ausstellungssaal werden sie zu Objekten und stehen damit in einem Gegensatz zu ihrem Ursprung als ausrangierte Möbel.

Austellungsaufbau in B12: Philipp Valenta (v.l.), Katrin Reck, Roger Rohrbach, Franziska Harnisch und Laris Maas suchen und verstecken Wege der Kommunikation.
Austellungsaufbau in B12: Philipp Valenta (v.l.), Katrin Reck, Roger Rohrbach, Franziska Harnisch und Laris Maas suchen und verstecken Wege der Kommunikation. © Stadt Bottrop/Pressestelle

In der Ausstellung wird die Irritation gesteigert dadurch, dass die Besucher aufgefordert sind, die Schubladen und Schranktüren zu öffnen. Dann darin befinden sich Arbeiten weiterer Künstler, die wiederum Bezug auf andere Exponate nehmen. Im den kommenden Woche wird die Möblierung immer wieder neu arrangiert. Am Ende der Ausstellung nehmen die Möbel den von ihren früheren Besitzern vorgesehenen Gang. Franziska Harnisch wird sie über Kleinanzeigen verschenken.

Zwei Klanginstallationen gehören auch zur neuen Ausstellung

Bereits auf dem Kulturhof ist eine Soundinstallation zu hören. Mit „Wie ich aus dem Wald pfeif‘“ will Laris Maas mit der Umwelt interagieren. Auf eine Tonspur hat er frei improvisierte Melodien gepfiffen. Schon bei dem Aufbau hat er beobachtet, wie Passanten die Tonfolgen übernahmen und ebenfalls pfiffen.

Weiter geht‘s im Verbindungsgang von Bibliothek und Halle B12: Dort werden die Besucher von einer Soundinstallation von Philipp Valenta begrüßt. Unter dem Titel „Ghost“ ist der Vogelgesang des ausgestorbenen Schuppenkehlmoho zu hören. „Die Aufnahme stammt von dem letzten bekannten lebenden Exemplar dieser Spezies“, erklärt Valenta. „Vergeblich versucht er, mit dem Gesang eine Partnerin anzulocken.“ Ein tragisch anmutender Versuch einer unmöglichen Kommunikation.

Zwischen Suchen und Verstecken, so lautet frei übersetzt der Ausstellungstitel. Wer dann auf seinen Parkschein vom Parkplatz Böckenhoffstraße blickt, hat es nur einen Katzensprung weit zum tieferen Verständnis des ebenso unergründlichen wie oft auch missverständlichen Themas Kommunikation. Vielleicht einfach mal Hinhören und -sehen.

„Trying to find the one by seeking and hiding“ ist donnerstags von 16 bis 19, freitags von 16 bis 18, und samstags von 10 bis 14 Uhr zu sehen. Bis zum 13. Juli, im B12, Böckenhoffstraße 12a. Eintritt frei.