Bottrop. Schuhmacher Guido Hornung führt Traditionsbetrieb im Fuhlenbrock. Vom Tanzschuh bis zum Camping-Vorzelt wird hier so ziemlich alles repariert.

„Absätze, Spitzen, Sohlen.“ Dieser Auftrag an einen der vielen kleinen Schuhmacherbetriebe war früher für viele Menschen selbstverständlich, Schuhe waren schließlich teure Anschaffungen. Heute seien Schuhe vielfach preiswerte, kurzlebige Artikel, hat Guido Hornung in den letzten Jahren immer mehr feststellen müssen. Der geborene Oberhausener ist der letzte verbliebene Schuhmachermeister mit eigenem Betrieb in Bottrop.

2012 hat er den Traditionsbetrieb von 1929 von Schuhmachermeister Hermann Diebels im Fuhlenbrock übernommen. Neben der geringeren Qualität der Schuhe habe auch der Drang zur Reparatur stark abgenommen, nur „gute“ Schuhe im Bereich von 100 Euro würden noch zur Aufarbeitung gebracht, bei den preiswerteren Schuhen seinen oft nur kleine Nähte oder Klebearbeiten erforderlich.

Schuhmacherwerkstatt in Bottrop: Älteste Nähmaschine ist 115 Jahre alt

Die Werkstatt ist voll gestellt mit Pressen, Näh-, Schleif- und Poliermaschinen, die alle mindestens 60 Jahre alt sind. Die älteste Nähmaschine hat bereits 115 Jahre auf dem Buckel, arbeitet aber immer noch zuverlässig.

Das sind die berühmten Leisten eines Schuhmachers, sie hängen in der Werkstatt von Schuhmachermeister Guido Hornung.
Das sind die berühmten Leisten eines Schuhmachers, sie hängen in der Werkstatt von Schuhmachermeister Guido Hornung. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die tägliche Arbeit an den Schuhen übernimmt Schuhmachergesellin Elke Kastner, Hornung kommt bei großem Arbeitsandrang und Leerlauf beim Schlüsseldienst dazu. Er würde gern noch einen Mitarbeiter einstellen, aber es sei kein Schuhmachergeselle zu finden, der ausreichend Deutsch für den Kundenkontakt spreche. Gesellin Elke – „mit Herz im Geschäft“ – war Industrienäherin und kam über eine Umschulung zur Schuhmacherei, weil sie „handwerklich arbeiten wollte“. Sie liebt besonders die Vielseitigkeit der Arbeit: „Was gemacht werden kann, machen wir auch.“

Sie baut neue Reißverschlüsse in Cowboystiefel ein und repariert den alten Lieblingsrucksack ebenso wie Handtaschen, Gürtel, Fahrradsattel und Camping-Vorzelt. Ein alter, zerschlissener Motorradstiefel sieht nicht so aus, als sei er noch zu retten, aber „der Stiefel wird heiß geliebt, da muss ich mir etwas einfallen lassen, das macht sonst keiner mehr.“ Die alten Maschinen in der Werkstatt könnten dafür noch hilfreich sein.

Kundin: „Ich trage meine Schuhe viele Jahre lang, da lohnt sich eine Reparatur.“

Die ohrenbetäubende Ladenklingel übertönt sogar den Lärm der alten Maschinen, wenn der kleine, mit Zubehör vollgestopfte Verkaufsraum betreten wird. Kundin Marianne Kurz kommt extra aus Kirchhellen und ist froh, den Schuhmacher im Fuhlenbrock entdeckt zu haben, als der letzte Betrieb im Dorf geschlossen hat: „Es lohnt sich, wenn man teure Schuhe hat. Ich trage meine Schuhe auch viele Jahre lang, da lohnt sich eine Reparatur.“

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Sie braucht ihren Tanzschuh am Abend, zwar ist der noch nicht fertig, wird aber von Elke Kastner noch schnell repariert, auch das gehört zum besonderen Service. Nach Feststellung von Hornung kommen sehr viele Kunden aus Kirchhellen und Dorsten, bei den vielen Reitställen dort fallen auch viele Reparaturen an Stiefeln oder Zaumzeug an.

Schuhmachergesellin Elke Kastner arbeitet an einem Tanzschuh.
Schuhmachergesellin Elke Kastner arbeitet an einem Tanzschuh. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Nur von der Schuhreparatur kann ein Betrieb heute kaum noch existieren, deshalb gehört auch ein Schlüsseldienst als zweites Standbein dazu. Inzwischen ist auch das Anfertigen von Schlüsseln Ausbildungsinhalt der Schuhmacherlehre. Hornung übernimmt den Schlüsseldienst zusammen mit Detlev Lazar, der als gelernter Schlosser für „alles mit Metall“ zuständig ist. Schließlich baut man nicht nur neue Schlösser, sondern auch Haus- und Fenstersicherungen ein.

Zwar wird der Schlüsselnotdienst rund um die Uhr angeboten, zum Glück seien aber nächtliche Einsätze nicht sehr häufig. Tagsüber sei dafür aber reger Betrieb: Zugefallene Türen, abgebrochene oder verlorene Schlüssel sorgen für Arbeit. Allerdings gibt es auch seltsame Anrufe, erzählt Hornung, eine Kundin wollte den Schlüsseldienst in Anspruch nehmen, war aber nicht bereit, dafür zu zahlen, also habe es auch keine Arbeit gegeben.

Das Fuhlenbrocker Schuster-Team (v. li.): Elke Kastner, Guido Hornung (Chef), Hermann Diebels und Detlef Lazar.
Das Fuhlenbrocker Schuster-Team (v. li.): Elke Kastner, Guido Hornung (Chef), Hermann Diebels und Detlef Lazar. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Ein richtiges Ärgernis sei die zunehmende Bürokratie: „Es ist Wahnsinn, was die Behörden alles wissen wollen.“ Das Finanzamt verlange, nicht nur das immer gleiche Wechselgeld täglich zweimal zu zählen, es müsse auch morgens und abends die Anzahl der jeweiligen Münzsorten festgestellt werden, das „Dauerärgernis hält auf“. Auch der weitere Schreibkram werde größer, es müssten beispielsweise lange Fragebogen zur Wirtschaftsstatistik ausgefüllt werden, sonst drohe Bußgeld: „Eigentlich habe ich dafür keine Zeit.“

Schuhmachermeister Guido Hornung, Hermann-Löns-Str. 44, 46242 Bottrop. Öffnungszeiten: Mo – Fr 9 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, Sa 9 bis 13 Uhr. Schlüsselnotdienst rund um die Uhr: 02041 9819998