Bottrop. Die renaturierte Boye wird ab dem Sommer zur Großbaustelle. Mit einem Jahr Verspätung beginnt der Bau eines Bodenfilters für das Wasser.

Der ökologische Nutzen ist unstreitig. An der Boye in Höhe der Straße Im Gewerbepark beginnt die Emschergenossenschaft voraussichtlich im Sommer mit dem Bau einer Bio-Kläranlage für das Mischwasser. Debatten gab es allerdings um ökologische Schäden während der Bauzeit. Anderthalb Jahre lang muss der Abwasserverband nämlich das Grundwasser absenken. Was macht das etwa mit der neuen Auenlandschaft am Liesenfeldbach?

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal

Stauraumkanäle und Regenrückhaltebecken nutzt die Emschergenossenschaft nicht nur zum Hochwasserschutz. Schon jetzt funktioniert die Anlage an der Boye als natürliche Kleinkläranlage. Im Becken zieht die Schwerkraft die Schmutzteilchen an den Grund. Das saubere Wasser oben schwappt über den Überlauf zurück ins Gewässer, das Schmutzwasser unten wird in den neuen Abwasserkanal Richtung Kläranlage geleitet.

Am Stauraumkanal der Boye geht der Abwasserverband noch einen Schritt weiter. Ein Retentionsbodenfilter soll hier voraussichtlich ab 2026 dafür sorgen, dass kein Tropfen Regenwasser aus der Boye mehr in der Kläranlage landet. Die Anlage ist die zweite von insgesamt fünf solcher Filter im gesamten Emschersystem. Wie in der Kläranlage wird das Wasser hier durch Filterung gereinigt in zwei Becken mit zusammen 9000 Quadratmetern Filterfläche.

Der neue Weg durch die Auenlandschaft am Liesenfeldbach. Durch die Absenkung des Grundwassers für die Bauarbeiten der Emschergenossenschaft könnte die Aue trockenfallen, fürchten Experten.
Der neue Weg durch die Auenlandschaft am Liesenfeldbach. Durch die Absenkung des Grundwassers für die Bauarbeiten der Emschergenossenschaft könnte die Aue trockenfallen, fürchten Experten. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Das ankommende Wasser soll über diese breitflächig angelegte Passage eines Filterkörpers gereinigt werden“, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. „An der Sohle wird es durch Drainage-Rohre gesammelt und anschließend in das Gewässer eingeleitet. Damit wird die Einleitung durch diese natürliche Kläranlage gewässerverträglicher.“

Seit Februar läuft die Ausschreibung für das Bottroper Großprojekt

Eigentlich hätte die Emschergenossenschaft bereits im Sommer2023 mit dem fast zehn Millionen Euro schweren Bau beginnen wollen. Aber die Planungen und die Berechnungen der Auswirkungen auf das Grundwasser haben sich als komplizierter erwiesen als erwartet, sagt Ilias Abawi: „Die Gründe für die Verzögerung waren neben dem langen Genehmigungsprozess auch die anspruchsvolle und schwierige bauliche Umsetzung, die uns bevorsteht. Daher erforderte dies eine längere Bearbeitung der Ausführungsplanung. Hier wurde vor allem die sehr komplexe Grundwasser-Situation und deren Auswirkung auf die baulichen Anlagen und die Ökologie im Planungsprozess sehr detailliert betrachtet.“

Immerhin: Seit Februar läuft die Ausschreibung. Abawi: „Der Auftrag soll bis Ende Juni 2024 vergeben werden. Baubeginn ist dann eventuell. Mitte Juli 2024.“

Bis zu zwei Jahre werden die Bauarbeiten im Norden der Straße In Gewerbepark dauern. Und für die meiste Zeit davon muss die Emschergenossenschaft das Grundwasser absenken. Daran führt kein Weg vorbei, sagt Abawi: „Für die Umsetzung der Maßnahme ist eine Grundwasser-Absenkung zwingend erforderlich. Diese wurde bei der Bezirksregierung Münster beantragt und auch genehmigt.“ Und wir sprechen von einer gewaltigen Menge Wasser, die abgepumpt werden muss: Im schlechtesten Fall fast eine Million Kubikmeter, haben Abwasserverband und die Umweltverträglichkeitsprüfer ausgerechnet.

Keine Austrocknung des Liesenfeldbachs und der Aue

„Die ermittelten Grundwasser-Mengen erscheinen auf den ersten Blick sehr hoch“, gibt Abawi zu. Die Ingenieure des Abwasserverbandes gehen aber davon aus, dass es so viel wohl nicht werden wird: „Es handelt sich hier um sogenannte maximale Grundwasser-Mengen, die rein rechnerisch für die maximale Laufzeit der Grundwasser-Haltung ermittelt werden. Die Realität sieht oftmals völlig anders aus.“

Zurück zur Ausgangsfrage: Was macht das mit dem Liesenfeldbach und seiner Aue? Der wird durch die Grundwassersenkung wohl trocken fallen, ergab die Umweltverträglichkeitsprüfung. Unsere Berechnungen sehen günstiger aus, sagt Abawi: „Wir gehen davon aus, dass der kürzlich angelegten Aue des Liesenfeldbaches keine Austrocknung droht.“

Und wenn doch? „Sollte die schlimmste Befürchtung dennoch eintreten, werden wir entsprechende Bewässerungsmaßnahmen der Aue durchführen.“