Bottrop. Nach 23 Jahren gibt Dieter Kruse den Vorsitz der Bottroper Tafel ab. Ein bekanntes Gesicht aus Bottrop übernimmt die Verantwortung.
Es gibt nicht wenige, die vermissen sein Geschäft immer noch: Im Herbst 2021 hat Jochen Klee seinen Blumenladen „Schöngrün“ an der Kirchhellener Straße geschlossen. Nun wird der rührige Geschäftsmann an anderer Stelle aktiv: Er hat den ehrenamtlichen Vorsitz der Bottroper Tafel übernommen.
„Es macht mir einen Mordsspaß“, sagt Jochen Klee im Gespräch. Seit einigen Monaten schon hilft er bei der Tafel aus, lernt die Abläufe kennen und arbeitet sich ein. Denn der Generationswechsel kommt mit Ansage.
Dieter Kruse hat die Bottroper Tafel aufgebaut
Dieter Kruse, bald 83 Jahre alt, hat fast ein Vierteljahrhundert lang den Vorsitz der Tafel innegehabt. Er hat den Verein aufgebaut. „Ich war vom ersten Tag an dabei“, sagt Kruse. „Aber jetzt ist genug.“ Seine Gesundheit und die seiner Frau, die ebenfalls ihren Posten als Schatzmeisterin aufgegeben hat, lässt die harte Arbeit in der Tafel nicht mehr zu.
Ganz verschwinden werde er aber nicht, sagt Dieter Kruse. Er wolle regelmäßig zur Tafel kommen, Jochen Klee beim Start unterstützen, aber eben nicht mehr täglich vier, fünf Stunden vor Ort sein. Dass Jochen Klee nun die Geschäfte übernimmt, sei ein Glücksfall. „Er hat sich gut eingearbeitet“, sagt Dieter Kruse, „und ich bin sicher, dass es nun nahtlos gut weitergeht.“
Jochen Klee hat zehn Jahre lang das Schöngrün in der Bottroper Innenstadt geführt
Zehn Jahre lang hatte Jochen Klee das Schöngrün in der Innenstadt geführt, war mehr als 30 Jahre lang selbstständig, davon die meiste Zeit in der Floristik-Branche. Seine Schichten begannen nicht selten um 4 Uhr morgens und gingen bis 19 Uhr. Für Jochen Klee fiel 2021 die Entscheidung, die Reißleine zu ziehen, sich gemeinsam mit seiner Frau eine Auszeit zu gönnen. Einen Nachfolger für sein Ladenlokal hatte er damals nicht gefunden, zu unattraktiv und anstrengend sei die Branche geworden.
„Wir sind viel gereist und waren viel unterwegs“, sagt der 59-Jährige. Im Herbst ist er zur Tafel gekommen. „Das hat mich sofort gepackt“, sagt Jochen Klee. „Die Tafel ist wie ein Fest der Kulturen, Feierabendmarkt und Blumenladen in einem.“
Jochen Klee hat sich jahrelang aktiv in der IG Kirchhellener Straße für die Bottroper Innenstadt eingesetzt. Zusammen mit Dirk Helmke hatte er den Feierabendmarkt aus der Traufe gehoben, bevor er vor sechs Jahren von Stephan Kückelmann und Holger Czeranski übernommen wurde. Die beiden hatten die Organisation dann vergangenes Jahr an Matthias Stachowiak übergeben. Auch das Fest der Kulturen und die Charity-Meile gingen auf Jochen Klee zurück.
Herausforderung der Bottroper Tafel: Genügend Lebensmittel zu bekommen
Nun findet sein Engagement einen anderen Schwerpunkt – mit vielen Herausforderungen. Die Bottroper Tafel ist als Verein organisiert, versorgt rund 2000 Kunden regelmäßig mit Lebensmitteln. Seitdem Russland vor zwei Jahren die Ukraine angegriffen hat und Bottrop mehr als 1000 neue Geflüchtete aufgenommen hat, hat sich die Lebensmittellage deutlich verschärft. Hinzu kam die Inflation, wegen der zum einen mehr Kunden die Tafel brauchten, um sich zu ernähren, zum anderen die Supermärkte weniger Lebensmittel abgegeben haben.
So sieht auch Jochen Klee als eine seiner ersten Aufgaben an, Lebensmittel zu bekommen. „Ich fahre jetzt alle Filialleitungen ab“, sagt der 59-Jährige. Viele Lebensmittel gingen heute auch an Foodsharing-Plattformen – für die Tafel ein Problem.
Mit Blick auf das Personal habe sich die Lage etwas entspannt. Neben Jochen Klee ist Birgit Müller als stellvertretende Schatzmeisterin in den Vorstand gerückt. Ja, der Vorstand habe sich nur in Teilen verjüngt. „Aber ich glaube, die Tafel hält jung“, sagt Jochen Klee. Unterstützt werden die Mitarbeiter durch Eineinhalb-Euro-Jobber. „Wir sind im Moment in der glücklichen Situation, dass wir genug Leute haben und auch gute junge Leute bekommen.“