Bottrop. Die Kunden der Bottroper Tafel werden immer mehr. Vorsitzender Dieter Kruse erklärt, warum es trotzdem keinen Aufnahmestopp geben wird.
An die 1800 Kunden zählt Dieter Kruse mittlerweile. Er ist Vorsitzender der Bottroper Tafel, versorgt mit seinen Helfern dreimal wöchentlich an der Hauptstelle und je einmal pro Woche in Kirchhellen, Ebel und in der Boy die Menschen, die sich einen Großeinkauf im Supermarkt kaum leisten können. Und es werden immer mehr.
Zum einen wegen der Flüchtlinge. „Es sind nicht nur Ukrainer, die neu zu uns kommen, auch viele Syrer und Menschen aus anderen arabischen Ländern“, sagt Dieter Kruse. „Die Anzahl wird immer größer.“ Bis vor kurzem musste Bottrop Gladbeck noch mitversorgen, die dortige Tafel hatte geschlossen, nun aber wieder geöffnet. Personell sei das ohnehin nicht mehr machbar gewesen, die Bedürftigen aus der Nachbarstadt auch zu bedienen.
Bottroper Tafel: Mehr Kunden, weniger Lebensmittel
Denn schon für Bottrop sind die Kapazitäten knapp. Die 1800 Kunden, sie kommen nicht alle zur Tafel. „Aber einer kommt und kauft für fünf Leute ein“, sagt Kruse. Der zweite Grund für die Steigerung der Tafel-Kunden sind die gestiegenen Kosten, die Mehrzahl an Bedürftigen. Und während die immer mehr werden, schrumpft das Essensangebot.
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„Weil die Lebensmittel teurer werden, kaufen die Supermärkte weniger ein“, ist die Erfahrung, die Dieter Kruse gemacht hat. Sie wollen weniger wegschmeißen, kalkulieren knapper und so bleibt weniger für die Tafel. Zudem verkauften die Supermärkte nun auch selbst reduzierte Ware, deren Mindesthaltbarkeitsdatum kurz vorm Ablaufen ist – Ware, die früher an die Tafel ging.
Chef der Bottroper Tafel: „Wir kriegen alle versorgt“
Um das zu kompensieren, stockt die Tafel ihr Angebot regelmäßig mit Lebensmitteln aus dem Zentrallager der Tafeln in Coesfeld auf. Bei den seit Monaten hohen Benzinpreisen machen sich die 90 Kilometer pro Weg auch in der Kasse bemerkbar. „Da schauen wir genau, ob es sich lohnt, dorthin zu fahren und nicht mit einem nur halbvollen Wagen wiederzukommen.“
Trotz all der Widrigkeiten sagt Dieter Kruse: „Wir kriegen alle versorgt.“ Anders als beispielsweise die Essener Tafel, die unlängst einen Aufnahme-Stopp erklärt hat, werde in Bottrop niemand abgewiesen. „Aber wenn mehr kommen und weniger da ist, bekommt eben jeder etwas weniger.“ Das Verständnis dafür sei bei den meisten Tafelkunden groß.
Immer wieder gibt es Gerüchte, dass teure Autos vor der Tafel halten, sich dort dann jemand für den niedrigen Preis – ein Euro pro Erwachsener und 50 Cent pro Kind – eindeckt, obwohl er gar nicht bedürftig ist. Dem widerspricht Kruse, sagt, dass komme kaum vor und außerdem stehe es ihm auch nicht zu, das zu kontrollieren und zu bewerten.
Bottroper Tafel kontrolliert Bedürftigkeit genau
Die Bedürftigkeit selbst werde nämlich genau kontrolliert, anhand von Ausweisen samt Lichtbild, die jeder vorzeigen muss. „Das müssen wir streng handhaben.“ Nachweisen müssen die Bedürftigen auch, dass sie in Wohnungen leben, wo sie eine Kochstelle haben. Denn die Waren der Tafel sind roh und nicht zubereitet – Flüchtlinge, die teils vom Roten Kreuz oder anderen karitativen Organisationen versorgt werden, bekommen bei der Tafel nichts.
Etwas Sorge bereitet Dieter Kruse die diesjährige Weihnachtspaket-Aktion. Jede Kundin, jeder Kunde der Tafel soll ein Päckchen bekommen, auch alle Kinder. Weil es so viele sind, und weil auch andere Organisationen ähnliche Aktionen planen, hofft der Tafel-Vorsitzende, dass genügend Päckchen gespendet werden. „Aber ich bin da voller Hoffnung.“