Bottrop/Essen. In der Untersuchungshaft haben die Wachtmeister sie ins Herz geschlossen: Eine 27-jährige Bottroperin muss wegen Raubs nun länger ins Gefängnis.
Dieser Fall beginnt so richtig schön romantisch. Es ist noch gar nicht so lange her, da findet eine Frau auf der ostfriesischen Insel Langeoog eine Flaschenpost. Der Absender ist ein Mann auf Partnersuche. Sie ruft ihn an und zieht kurz darauf zu ihm nach Bottrop. Doch das Leben im Ruhrgebiet tut der heute 27-Jährigen nicht gut. Jetzt muss sie sogar ins Gefängnis.
Die Richter am Essener Landgericht haben am Montag vier Jahre Haft verhängt. Die Angeklagte hatte zwei Tankstellen und einen Kiosk überfallen – immer mit einem Messer in der Hand.
Die Angeklagte aus Bottrop hatte Shopping-Schulden
„Es tut mir so leid“, hatte sie vor der Urteilsverkündung unter Tränen gesagt. Und das haben die Richter ihr auch geglaubt. Viel tiefer konnten sie mit der Strafe allerdings nicht gehen.
Die Angeklagte hatte Schulden, weil sie offenbar nicht mit Geld umgehen kann. Sie kaufte und kaufte und kaufte. Möbel, Schuhe, Kleidung und Geschenke – auch für ihren Partner. „Ich war im Kaufrausch“, hatte sie im Prozess gesagt.
Kiosk und Tankstellen in Kirchhellen überfallen
Am Ende wusste sie offenbar keinen anderen Ausweg mehr. Am 11. Mai 2022 überfiel sie einen Kiosk an der Hauptstraße in Kirchhellen, im Juli 2023 die Raiffeisen-Tankstelle an der Pelsstraße und dann auch noch die BFT-Tankstelle an der Alleestraße. Die Beute: insgesamt etwas über 2000 Euro.
Seit rund sechs Monaten sitzt die 27-Jährige, die sich zuvor noch nie etwas zuschulden kommen lassen hat, nun schon in Untersuchungshaft. Sie ist eine so ungewöhnliche Gefangene, dass die Wachtmeister sie sogar schon in ihr Herz geschlossen haben. „Sie wollen am liebsten, dass sie für immer da bleibt – dann aber auf ihrer Seite“, so Verteidiger Jan Czopka im Prozess.
Opfer der Überfälle leiden noch immer
Diese Berufs-Option hat sich die 27-Jährige durch ihre Straftaten natürlich verbaut. Wer Vorstrafen hat, darf nicht in den Staatsdienst. Außerdem leiden einige der Opfer noch immer unter den Folgen der Überfälle. Sie können ihren alten Jobs nicht mehr nachgehen. Die Angst ist zu groß.
„Damit müssen sie sich auseinandersetzen“, sagte Richter Lukas Hempel bei der Urteilsbegründung der 24. Strafkammer. Ungewöhnliches Täterprofil hin oder her: Die Angeklagte habe aus dem Stand heraus schwerste Straftaten begangen.
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Dass die Neu-Bottroperin nicht noch höher bestraft wurde, liegt vor allem an ihrer aufrichtigen Reue, ihren Entschuldigungen und ihren freiwilligen Schmerzensgeldzahlungen. Normalerweise liegt der Strafrahmen pro bewaffneten Raubüberfall bei fünf bis 15 Jahren.
Glück für die 27-Jährige: Ihre Familie hält offenbar weiter zu ihr. Ihre Shopping-Schulden beliefen sich nach ihren Angaben übrigens gerade mal auf rund 3000 Euro.