Bottrop. Eine junge Frau aus behüteten Verhältnissen überfällt zwei Tankstellen und einen Kiosk in Bottrop-Kirchhellen. Vor Gericht schildert sie, warum.
Wer zum ersten Mal von den Taten hört, denkt sofort an Beschaffungskriminalität im Drogenmilieu: Eine Frau aus Bottrop hat zwischen 2022 und 2023 einen Kiosk und zwei Tankstellen in Kirchhellen überfallen. Als die Angeklagte am Dienstag von zwei Wachtmeisterinnen in den Gerichtssaal geführt wurde, war die Überraschung allerdings groß.
Die 27-Jährige kommt aus behüteten Verhältnissen und ist von der Drogenszene weit entfernt. Vor rund fünf Jahren ist sie der Liebe wegen von Ostfriesland nach Bottrop gezogen. Alles schien wunderbar. „Es hat vom ersten Tag an sofort gepasst“, sagte sie den Richtern der 24. Strafkammer des Essener Landgerichts.
Überfälle auf Tankstellen und Kiosk: „Wollte mir etwas Gutes tun“
Sie hat erst als Pferdewirtin gearbeitet, dann einen Job in einer Gesundheitseinrichtung bekommen. Mit ihrem Geld kam sie trotzdem nicht aus. „Anfang 2022 fing das dann mit dem Shopping an“, so die 27-Jährige. Möbel, Schuhe und jede Menge andere Kleidung. „Ich wollte mir und meinem Freund einfach etwas Gutes tun.“
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Der Ärger ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Die Rechnungen konnten nicht mehr bezahlt werden, der Schuldenberg wurde größer. Zuletzt hatten sich nach ihren Angaben fast 3000 Euro angehäuft. „Ich hätte natürlich meine Eltern fragen können“, sagte sie den Richtern. „Aber es fällt mir sehr schwer, andere Leute um Hilfe zu bitten.“
Überfall aus einer Alkohollaune heraus: Mitarbeiterin mit Messer bedroht
Aus einer Alkohollaune heraus sei dann die Idee entstanden, einen Überfall zu begehen. Das war am 11. Mai 2022. Die Angeklagte betrat mit einem Messer in der Hand einen Kiosk an der Hauptstraße in Bottrop-Kirchhellen. Die Mitarbeiterin wurde bedroht, die Beute belief sich auf rund 1300 Euro plus ein Handy. Doch auch damit war nicht Schluss.
„Ich war im Kaufrausch“, so die 27-Jährige. Die nächsten Überfälle fanden am 5. Juli 2023 in der Raiffeisen-Tankstelle an der Pelsstraße (Beute laut Anklage: 700 bis 1.000 Euro) und am 15. Juli 2023 in der BFT-Tankstelle an der Alleestraße (Beute: 18 Euro) statt. Nach der zweiten Tat war die Angeklagte dann allerdings von Zeugen verfolgt und gestellt worden.
Mitarbeiter der Kirchhellener Tankstelle hatte echte Todesangst
Der Kassierer in der Raiffeisen-Tankstelle soll damals direkt mit dem Messer bedroht worden sein. „Bitte nicht“, soll er die Angeklagte noch angefleht haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann Angst um sein Leben hatte.
Die Angeklagte ist inzwischen selbst entsetzt über das, was sie getan hat. „Sie ist eigentlich ein völlig friedliebender Mensch“, sagte ihr Verteidiger Jan Czopka im Prozess. Sie selbst formulierte es so: „Ich habe gedacht, ich muss das jetzt machen. Aber eigentlich wollte ich es nicht.“ Der Prozess wird fortgesetzt.