Bottrop. Kolüsch, Bottrops Restaurant der Herzen, erlebt an seinem neuen, zentraleren Standort einen Besucherzustrom, der alle Erwartungen übertrifft.
Bei der Neueröffnung von Kolüsch, dem Bottroper „Restaurant der Herzen“, im Pfarrsaal der Herz-Jesu-Kirche hat der Besucherzustrom alle Erwartungen übertroffen. „Wir haben mit circa 80 Gästen gerechnet“, staunt Michaela Bosy, seit einem Jahr Leiterin der Evangelischen Sozialberatung ESB. „Aber jetzt sind gut 120 Besucher gekommen.“
Die Besucherinnen und Besucher sind bunt gemischt. Männer und Frauen aller Altersgruppen und Nationalitäten sind gekommen. Sie alle befinden sich in sozialen Notlagen, sind von Armut betroffen. Einige – auch Jüngere – sind auf Rollatoren angewiesen.
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Wie beliebt und unverzichtbar das Angebot ist, zeigt sich auch daran, dass die ersten schon eine halbe Stunde vor Einlass vor dem Pfarrsaal warten. Sie beobachten die Anlieferung der Thermoporte, in denen sich das warme Essen befindet, unterhalten sich. Als es irgendwann zu nieseln beginnt, öffnen sich die Türen doch schon ein paar Minuten vor zwölf.
Bottroper Suppenküche füllt den Magen und wärmt das Herz
Denn es geht eben nicht nur darum, den Magen, sondern auch die Herzen zu wärmen und dazu gehört auch eine gewisse Großzügigkeit und Herzlichkeit im Umgang miteinander. Und während der Raum sich von Minute zu Minute mehr füllt, wird deutlich, dass hier mehr passiert als eine Essensausgabe. Die Gäste fühlen sich sichtlich wohl, genießen das soziale Miteinander.
Kolüsch gibt es eigentlich schon seit 1993. Der Name geht zurück auf den französischen Komiker Michel Coluche, der in Frankreich die ersten „Restaurants der Herzen“ etablierte. Sein Name „Coluche“ wurde ins Ruhrgebietsdeutsche übersetzt zu „Kolüsch“ und so ist es bis heute geblieben. Das Konzept ist denkbar einfach und effizient: Wohnungslose und bedürftige Bürger erhalten in der kalten Jahreszeit täglich außer am Wochenende eine kostenlose warme Mittagsmahlzeit.
Remzi ist 48 Jahre alt und von Anfang an dabei. Als Oliver Balgar, Abteilungsleitung Diakonische Einrichtungen, im Zuge der Eröffnungsrede fragt, ob sich vielleicht noch jemand an den ersten Kolüsch-Standort an der Kirchhellener Straße erinnert, meldet er sich prompt. Remzi kennt alle im Team. Er hat seine Meldeadresse in der ESB, holt dort regelmäßig seine Post ab und nimmt auch gerne die Beratung in Anspruch, wenn er „Behördenkram“ zu regeln hat.
Kolüsch-Gast Erich hilft jeden Tag beim Tischdecken
Ein Mann der ersten Stunde ist auch Erich. Er ist schon 76 Jahre alt und gehört zu den Gästen, die das Team tatkräftig unterstützen. Seit jeher ist es seine Aufgabe, die Tische einzudecken und die Servietten zu falten. Und diese Aufgabe nimmt er zuverlässig wahr – jeden Tag.
Die beiden jüngsten Gäste sind Lea (8) und Mila (7). Seit ihre Mutter Katrin im letzten Sommer arbeitslos wurde, ist sie auf Unterstützung angewiesen. Die Mädchen sind nicht begeistert, als sie erfahren, dass es heute Grünkohl gibt. Nicht gerade ihr Lieblingsessen. Aber dann stellt sich heraus, dass sie die Mettwurst auch einfach mit Brötchen und Senf bekommen können – und schon ist die Welt wieder in Ordnung.
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Auch Ivana ist sehr dankbar, dass sie täglich herkommen darf. Sie hat früher im Altenheim gearbeitet, zuerst in der Küche, später als Unterstützung im Bereich Betreuung und Pflege. Vor ein paar Jahren sei sie dann Opfer einer Gewalttat geworden, berichtet die 39-Jährige. „Danach bin ich abgestürzt. Davon habe ich mich einfach nicht mehr erholt.“ Zuletzt hat sie auch ihre Wohnung verloren und lebt jetzt in einer Notunterkunft. „Es tut mir gut, zu wissen, dass ich jeden Tag um 12 Uhr hier herkommen kann. Das ist wie ein Termin. Das ist sicher.“
Die Idee, Kolüsch ab Januar im Pfarrhaus einzurichten, entstand nicht zuletzt auf Initiative der Stammgäste. Im vergangenen Jahr hatte Kolüsch pausiert, weil Landesmittel aus dem sogenannten Stärkungspakt von der Stadt Bottrop genutzt wurden, um einen „offenen Tisch“ im Pfarrsaal anzubieten. Da wollte man keine Parallelstrukturen schaffen. Am 31. Dezember 2023 lief das Projekt jedoch aus, und die Betroffenen äußerten den Wunsch, die Örtlichkeit für Kolüsch beizubehalten.
„Als Vorteil wurde genannt, dass die Besucher den Pfarrsaal vom ZOB aus gut zu Fuß erreichen können“, sagt Michaela Bosy. „Das Argument fanden wir einleuchtend.“ Beibehalten wird auch die Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), das die Mahlzeiten kocht.
Gutscheine für die Gäste: Weihnachten im Januar
Als besonderes Highlight gab’s am Eröffnungstag noch eine Überraschung, die alle in Begeisterung versetzte: Melanie Kleewald und Heike Stender vom Verein Ambotioniert verteilten Gutscheine im Wert von 30 Euro an alle Gäste. So fühlt sich Weihnachten im Januar an.
Kolüsch finanziert sich hauptsächlich über Spenden. Spendenkonto: Sparkasse Bottrop, Stichwort: Kolüsch, IBAN: DE40 4245 1220 0000 0020 89