Bottrop-Kirchhellen. Seit einem Jahr besetzt Michael Hermann eine Nische im Online-Handel: Deutsche Weine kommen im „Traubentaxi“. Der Grafenwälder plant aber mehr.

Als Michael Hermann im vergangenen November sein „Traubentaxi“ auf den Weg bringt, ist nicht klar, wohin dieser Weg führt oder wie lange das „Traubentaxi“ überhaupt unterwegs sein wird. Ein Jahr später zeigt sich: Das Ganze war auf jeden Fall keine Schnapsidee, und mit guten Weinen aus deutschen Landen (um die geht es beim „Traubentaxi“ ausschließlich) lässt sich selbst im früher als klassisches Biertrinkerland gebrandmarkten Ruhrgebiet ein Fuß in so manche Tür bekommen.

Heißt im Klartext: Michael Hermann, im Hauptberuf Marketingfachmann im Baugewerbe, macht weiter und blickt zuversichtlich ins zweite Jahr. Seine Idee ist immer noch ebenso einfach wie spannend: Er vertreibt per „Traubentaxi“ Weine überwiegend jüngerer Winzer, die aber durchaus schon mal von alteingesessenen Weingütern stammen – und das gleich aus allen 13 festgelegten deutschen Anbaugebieten. Allen gemeinsam ist: Sie tragen nicht notwendigerweise die berühmten Namen, bei denen Tester-Päpste für Gault & Millau, Vinum, Eichelmann, Falstaff und Co. ein- und ausgehen. Und: Längst nicht alle sind VDP-Mitglieder (Verband deutscher Prädikatsweingüter). Aber genau da fängt es ja an, spannend zu werden.

Neben dem normalen Berufsalltag Platz für Hobby und Engagement geschaffen

Dabei folgt Michael Hermann (Jahrgang 1966) auch persönlich dem Motto, neben dem Berufsalltag auch noch einen kleinen Schlenker einzubauen, der zusätzlich Spaß bringt (natürlich auch ins Glas) und bei dem er weiteres Wissen mit bodenständigem Engagement verbindet. Das soll auch so bleiben. „Taxizentrale“ ist weiterhin die Schneiderstraße in Grafenwald. Die guten Tropfen lagert er aber einen Steinwurf hinter der Stadtgrenze zu Dorsten, bei der Brennerei Böckenhoff, die bezeichnenderweise an der Kirchhellener Allee liegt.

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„Der Kundenstamm wächst langsam, aber stetig, ist ja auch kein Wunder, wenn man bei fast Null angefangen hat“, sagt Hermann nicht ohne sympathische Selbstironie. Wer das „Traubentaxi“ bestellt, kann auch mit Michael Hermann am Steuer rechnen. „Bei der persönlichen Anlieferung entstehen oft auch ein guter Kontakt und schöne Weingespräche.“ Und die Kundschaft? „Im Schnitt liegt der Altersdurchschnitt etwa 50 plus, ähnlich wie man es von Zeitungsabonnenten mitbekommt.“ Von der Tendenz her bevorzugten Frauen eher die weißen, öfter halbtrockenen Gewächse, bei den klassischen wirklich knochentrockenen Rieslingen oder kräftigen, komplexen Rotweinen hätten die Männer eher die Nase vorn.

Weine aus Deutschland sind Stärke und Standbein von Michael Hermanns „Traubentaxi“. Es müssen aber nicht unbedingt VDP-Weingüter sein, wie hier von Eva und Urban Kaufmann aus dem Rheingau. Das „Traubentaxi“ lädt vor allem zum Entdecken unbekannterer Erzeuger ein.
Weine aus Deutschland sind Stärke und Standbein von Michael Hermanns „Traubentaxi“. Es müssen aber nicht unbedingt VDP-Weingüter sein, wie hier von Eva und Urban Kaufmann aus dem Rheingau. Das „Traubentaxi“ lädt vor allem zum Entdecken unbekannterer Erzeuger ein. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Aber das lasse sich längst nicht als Faustregel festlegen. Schließlich habe er selbst früher (also ab 18!) wenn überhaupt dann süße Weine getrunken. Dazwischen ist offensichtlich viel passiert. Aber: „Diese Weine gehören natürlich zum Gesamtsortiment und zu manchen, gerade exotischer gewürzten Speisen passen zum Beispiel restsüße Tropfen viel besser als extrem trockene Weine oder solche mit sehr dominierender Säure.“

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Jüngere Kundschaft peilt Michael Hermann natürlich ebenfalls an. Dabei setzt er auf die sozialen Netzwerke, gerade auch Instagram, obwohl er, wie er selbst zugibt, diese Medien bislang für sich eher zögerlich entdeckt hat. Aber schließlich bestellen Kunden auch das „Traubentaxi“ verstärkt online und nicht nur per Telefon.

Persönliche Kontakte lassen sich online schwer ersetzen – „Traubentaxi“ wird analoger

Wie wertvoll aber gerade bei einer sinnlichen Begegnung mit einem handwerklichen Qualitätsprodukt wie Wein der persönliche Kontakt ist, hat Hermann zum Beispiel bei gemeinsamen Aktionen mit Biometzger Uli Scharun oder auch einer Veranstaltung „Yoga und Wein“ erfahren. Am 17. (14-18 Uhr) und 18. November (10-14 Uhr) ist er jetzt im Wohn- und Accessoiregeschäft Timmerhaus in Kirchhellen zu Gast. Thema unter anderem: Wein und Schokolade.

Regelmäßig wird das „Traubentaxi“ ab dem kommenden Jahr auch mit einem Stand auf dem Kirchhellener Feierabendmarkt vertreten sein. „Ebenfalls eine gute Gelegenheit für Gespräche und Kennenlernproben“, freut sich Michael Hermann am Ende des ersten gar nicht verflixten Jahres der Selbstständigkeit.

Info und Kontakt: traubentaxi.de oder nach dem Motto bei Anruf Wein: 0176 52365762.