Bottrop. Siegfried und Marion Kiefer gehören zu den Bäckerfamilien in Bottrop. Seit 1987 behaupten sie sich in der schwierigen Branche. Zukunft ungewiss.
Die Familie Kiefer gehört zu den letzten Bottroper Traditionsfamilien im Bäckerhandwerk. Siegfried Kiefer darf sich seit mehr als 40 Jahren offiziell Bäckermeister nennen. An das Datum seiner Selbstständigkeit kann er sich bestens erinnern. „1. April 1987“, sagt der heute 69-Jährige.
Die erste Filiale wird an der Gladbecker Straße 189 eröffnet. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres ist sie geschlossen. Zur Schließung am Firmensitz sagte Siegfried Kiefer damals zur WAZ: „Ein schwerer Schritt.“
Zu viele Dinge (weniger Kunden, weniger Umsatz, hohe Energie- und Rohstoffkosten) ließen kaum Spielraum bei der Entscheidungsfindung. Die Backstube im hinteren Teil des Gebäudes ist jedoch weiterhin in Betrieb.
Von dort werden die „Kiefer“-Filialen in Bottrop noch bis zum 2. Advent an der Osterfelder Straße 117 und danach in Bottrop nur noch „Im Brinkmannsfeld“ beliefert. Außerdem die Gladbecker Filiale an der Heinrichstraße 43. Die Eröffnung einer neuen „Kiefer“-Filiale ist nicht geplant. Siegfried Kiefer ist 69, seine Ehefrau Marion 66. Beide wollen mit ihren Mitarbeitern weitermachen.
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Früher führte die Familie ein halbes Dutzend Filialen, unter anderem auch an der Scharnhölzstraße und im Hansa-Center. Von den traditionsreichen Bäckern und Konditoren aus Bottrop sind bis heute die Familie Sporkmann, die Familie Müller an der Gladbecker Straße 272 und eben Familie Kiefer geblieben.
Nicht zu vergessen die Bäckerei Kläsener in Kirchhellen. Aber auch dort ist die Stammfiliale an der Hauptstraße seit mehr als einem Jahr geschlossen. Dafür haben zwei andere Filialen im Dorf geöffnet.
Vor Jahren sind dagegen in Bottrop noch diverse Bäckereien im Stadtbild präsent. Bleil, Franz Bergendahl, Bernhard Bergendahl, Kessels oder Matschke, um nur einige zu nennen. Dazu die Cafés Beckhoff, Siebeck und Spengler. Alle sind sie im Laufe der Zeit verschwunden.
Manchmal ist der Ruhestand der Grund. Oder es sind persönliche Gründe, die zur Aufgabe führen, weil man keinen Nachfolger finden konnte wie einst bei der Bäckerei Franz Bergendahl. Auch bei Kiefers ist niemand in Sicht. Deren Kinder haben beruflich andere Wege eingeschlagen.
Hohe Energie- und Rohstoffpreise drücken seit mehr als anderthalb Jahren aufs Gemüt. „Der Preis für Mehl hat sich verdoppelt“, sagt Siegfried Kiefer. „Alles, was für das Backen benötigt wird, ist teurer geworden.“ Der Bäckermeister zählt auf: „Zucker, Schokolade, Rapsöl, Hefe, Sahne, Butter, Kürbiskerne.“ Die Zutatenliste lässt sich laut Kiefer endlos fortsetzen.
Bäckermeister Siegfried Kiefer aus Bottrop: „Ich bin Bäcker aus Leidenschaft.“
„Die Herstellung der Zutaten kostet ja auch Energie“, sagt er. Demzufolge werden diese Produktionskosten auf die Bäckereien, wie zum Beispiel seine, umgelegt. Mit der Folge: Die Bäckerei müsste theoretisch ihre Preise auch anpassen und an die Kundschaft weitergeben.
Normalerweise dürfte nach seiner Einschätzung ein herkömmliches Weizenbrötchen keine 40 Cent, sondern eher zwischen 60 und 70 Cent kosten. „Aber, wer will das bezahlen?“, fragt er.
Für ihn ist die Liebe zum Beruf noch immer die beste Zutat. „Ich bin Bäcker aus Leidenschaft“, sagt er. Der Bäckermeister schwört in seiner Backstube nach wie vor auf echte Handarbeit. Ganz klassisch, so wie er es gelernt hat.
Vor allem die Torten und Kuchen sind beliebt bei den Kundinnen und Kunden. Die Kiefers haben es in den zurückliegenden Jahren geschafft, Nischen in der Branche zu finden.
Man kann bei Kundenwünschen flexibel reagieren und pflegt den engen, persönlichen Kontakt zu Kunden. Längst verfügt man über ein breites Netzwerk in Bottrop bei großen sowie kleinen Firmen oder Gastronomien und liefert dementsprechend die Backwaren dorthin aus.
Schwierig gestaltet sich, wie überall im Bäckerhandwerk, die Personalsuche. „Wenn wir vor 20 Jahren eine Anzeige geschaltet haben, saß ich fünf bis sechs Stunden im Zehn-Minuten-Takt in Vorstellungsgesprächen“, erinnert sich Marion Kiefer. Früher kamen zwischen 30 und 40 Bewerber, heutzutage keiner.