Bottrop. Wegen der Missbrauchsvorwürfe soll die Kardinal-Hengsbach-Straße raus aus Bottrops Stadtbild, fordert die SPD. Der OB lässt andere Namen suchen.
Die Kardinal-Hengsbach-Straße in Bottrop soll so schnell wie möglich einen anderen Namen bekommen. SPD-Bezirksvertreterin Sandra Behrendt wird jetzt offiziell beantragen, dass die nach dem Gründerbischof des Bistums Essen benannte Straße im Viertel um die frühere Zeche Prosper III umbenannt wird.
Die dafür zuständige Bezirksvertretung Bottrop-Mitte soll das Verfahren zu Umbenennung in ihrer nächsten Sitzung Mitte Oktober auf den Weg bringen. Auch OB Bernd Tischler gibt seine anfängliche Zurückhaltung auf. Er beauftragt das städtische Katasteramt, einen neuen Straßennamen vorzuschlagen.
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Gegen den verstorbenen Gründer des Ruhrbistums werden Missbrauchsvorwürfe erhoben: Danach soll Kardinal Franz Hengsbach (1910 - 1991) vor Jahrzehnten junge Frauen sexuell missbraucht haben. Das Bistum selbst hat diese Vorwürfe öffentlich gemacht. Für SPD-Vertreterin Sandra Behrendt steht daher fest: „Der Name Kardinal Hengsbach muss aus unserem Stadtbild verschwinden. Weiterhin eine Straße nach ihm zu benennen, ist gerade in Bottrop untragbar.“
Die SPD-Fraktionschefin in der Bezirksvertretung Stadtmitte wies darauf hin, dass in der Stadt mehrere Menschen leben, die Opfer von Missbrauchstaten katholischer Priester wurden; offenbar auch während der Amtszeit des Kardinals, so Sandra Behrendt.
SPD-Vertreter überkleben Straßenschild mit anderem Namen
Mitglieder des SPD-Ortsvereins Altstadt ergriffen daher auch schon die Initiative und überklebten in einer symbolischen Aktion das Straßenschild im Bottroper Prosperviertel mit einem anderen Namen: Platanenallee. An der Aktion beteiligten sich demonstrativ auch Verkehrsausschussvorsitzender Rüdiger Lehr und der Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses, Frank Beicht.
Nach Gesprächen mit Stadtdechant Jürgen Cleve möchte Oberbürgermeister Bernd Tischler nun ebenfalls schnell handeln und setzt sich für eine baldige Umbenennung der Straße ein. In Essen ist die Skulptur für Franz Hengsbach vor dem Dom inzwischen abgebaut worden.
Der Bottroper Ratsherr Frank Beicht legt auch als Anlieger großen Wert auf die Umbenennung der Straße. Zwar lautet die Adresse seiner Werbeagentur offiziell Rheinstahlstraße, doch die nun umstrittene Kardinal-Hengsbach-Straße liegt direkt nebenan an der Zufahrt zu seinen Büros. „Die Straße ist direkt bei mir an der Ecke. Ich will diesen Namen hier einfach nicht länger sehen müssen“, sagte Beicht. Das Straßenschild stehe inzwischen auch nicht mehr gerade. „Vielleicht haben daran welche gerissen“, meint der Bottroper.
SPD: Schlimme Vorwürfe lassen Ehrung des Kardinals nicht länger zu
Die gegen den Kardinal erhobenen Missbrauchsvorwürfe seien schwerwiegend. Das Bistum habe diese sicherlich nicht leichtfertig bekannt gemacht. „Unter Missbrauchstaten von Priestern haben Menschen ihr Leben lang schwer gelitten. Wir sollten konsequent sein und Franz Hengsbach nicht länger mit einem Straßennamen würdigen“, sagte der Ratsherr.
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Das sieht auch Verkehrsausschussvorsitzender Rüdiger Lehr so. „Es geht um schlimme Vorwürfe, und es ist absehbar, dass es dabei allein leider nicht bleiben wird“, ist sich der SPD-Ratsherr sicher. Der Bottroper ist auch Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Altstadt, dessen Büro ganz in der Nähe der Kardinal-Hengsbach-Straße liegt.
Dessen Mitglieder hätten sich daher ganz spontan zu der symbolischen Umbenennungsaktion entschlossen. Lehr rät dazu, grundsätzlich umzudenken und Straßen in der Stadt zukünftig nicht mehr nach Persönlichkeiten zu benennen. „Natürlich geschieht das in guter Absicht, aber man erlebt da ja leider immer wieder böse Überraschungen. Es gibt ja noch eine Reihe umstrittener Straßennamen in Bottrop.“
Es gibt noch mehr umstrittene Straßennamen in Bottrop
Es gab auch in der Vergangenheit daher Versuche, Straßen mit umstrittenen Namen umzubenennen. Das lehnte die Verwaltung zwar nicht prinzipiell ab, sie entgegnete solchen Ansinnen aber mit dem Hinweis: Es gebe Wichtigeres zu tun. „Es gibt gerade auch jetzt noch ganz deutlich Wichtigeres zu tun“, sagt Ratsherr Frank Beicht dazu. „Es gibt aber eben auch Grenzen, für Dinge, die einfach unerträglich sind“. Es sei der SPD in der Altstadt daher äußerst wichtig, jetzt konsequent Zeichen zu setzen und die Kardinal-Hengsbach-Straße anders zu benennen.
Dabei geht SPD-Vertreterin Sandra Behrendt davon aus, das dies keine Angelegenheit sei, die von heute auf morgen umzusetzen ist. Dabei ist sie sehr zuversichtlich, dass sie für ihren Vorstoß auch unter den anderen Bezirksvertreterinnen und Bezirksvertretern in Stadtmitte Zustimmung findet. „Auch die Anwohner und ansässigen Firmen müssen wir aber ja erst informieren und fragen, wie sie das Ganze sehen“, sagte die Bottroperin.