Bottrop. Ein neuer Sicherheitsauftrag für ein Bottroper Flüchtlingsheim ist so günstig wie nie vergeben worden. Weitere neue Aufträge sollen folgen.
- Der neuste Sicherheitsauftrag der Stadt Bottrop ist so günstig wie nie vergeben worden
- Die Firma Tectag bekommt 18 Euro pro Stunde und Mitarbeiter
- Acht weitere Security-Aufträge für Flüchtlingsheime sollen ausgeschrieben werden
Dass sie einige Sicherheitsaufträge neu ausschreibt, hatte die Bottroper Stadtverwaltung schon vor einigen Wochen beschlossen. Man wolle aufgrund der laufenden Ermittlungen wegen Korruptionsverdachts, die mit einer Bottroper Sicherheitsfirma zusammenhängen, mit ebendieser nicht mehr arbeiten. Doch das sind bei weitem nicht die einzigen Aufträge, die die Stadt neu vergibt – und dabei sinken die Preise immer weiter.
Auf Nachfrage hat die Stadt eine Übersicht aller öffentlichen Sicherheitsaufträge zusammengestellt. 14 Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt werden derzeit durch einen Security-Dienst gesichert. Acht Aufträge sollen demnächst neu ausgeschrieben werden. Das sind all die Aufträge, die mit Beginn der Flüchtlingswelle und dem schnellen Aufbau von Unterbringungskapazitäten im vergangenen Jahr kurzfristig freihändig vergeben worden waren.
Bottroper Flüchtlingsunterkunft wird von Dortmunder Security-Firma gesichert
Einen dieser Aufträge hat die Stadt nun schon vergeben: Die Dortmunder Firma Tectag, die kürzlich bereits den Zuschlag für die Sicherung des Sozialamtes und der Ausländerbehörde bekommen hat, wird ab dem 1. Oktober die Flüchtlingsunterkunft Am Tollstock in Kirchhellen sichern. Sie hat bei der Ausschreibung den Zuschlag bekommen – weil sie den günstigsten Preis geboten hat.
Und der liegt noch mal deutlich unter dem, was die Stadt vorher gezahlt hat, nämlich 19,50 Euro an den vorherigen Auftragnehmer. An die Firma Tectag zahlt die Stadt nun nur noch 18 Euro pro Stunde. Hinzu kommen Zuschläge für Nachtschichten und an Sonn- und Feiertagen.
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Einmal mehr stellt sich die Frage, wie mit solchen Niedrigpreisen Mindestlohn gezahlt und die Qualität gesichert werden kann. Andreas Kaus, geschäftsführender Direktor der Kötter Security, hatte es kürzlich im Gespräch mit der WAZ vorgerechnet: Zu dem Mindestlohn von 14,49 Euro pro Stunde, der jedem Sicherheitsmitarbeiter in Flüchtlingsunterkünften laut NRW-Manteltarifvertrag zusteht, kommen noch diverse Lohnnebenkosten.
20 Prozent fallen für die Sozialversicherungen an, damit zahlt der Arbeitgeber schon mindestens 17,40 Euro pro Stunde. Wenn die Tectag Security mit 18 Euro in ein Angebot geht, bleiben also noch etwa 60 Cent für Dienstkleidung, Urlaubs- oder Krankheitsausfälle, Verwaltungskosten etc. – den zu erwirtschaftenden Gewinn noch gar nicht eingerechnet. Security-Experte Kaus sagte dazu im Gespräch, dass dies mit einem solchen Stundenlohn „bei weitem nicht abbildbar“ sei.
Ordnungsamt kontrolliert verstärkt – bislang keine Auswirkung auf Vergaben
Die Dortmunder Firma Tectag hatte bereits den Auftrag zur Sicherung des Sozialamtes und der Ausländerbehörde bekommen – für 17,50 Euro bei einem Mindestlohn von 13,31 Euro. Eine Anfrage der WAZ ließ das Unternehmen unbeantwortet.
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Derzeit unternimmt das Ordnungsamt verstärkt Kontrollen von Sicherheitsdiensten. Zuletzt wurden mehrere Verstöße bei Überprüfungen festgestellt und Bußgelder verhängt. Auf die Frage, inwieweit die durch die Kontrollen erlangten Erkenntnisse in die Vergabe einfließen, antwortet die Stadt: „Entsprechende Erkenntnisse werden vom Ordnungsbereich auch den Ausschreibungsstellen zur Verfügung gestellt. Da ist dann noch zu erwägen, wie damit umzugehen ist.“ Heißt: Bislang sind eventuelle vorherige Unregelmäßigkeiten bei den Firmen kein Kriterium zur Auftragsvergabe.
Vergabe von Sicherheitsdiensten: Preis ist das einzige Kriterium
In der Ausschreibung zum Sicherheitsdienst am Tollstock ist – wie schon in den Ausschreibungen zuvor – der Preis als einziges Zuschlagskriterium genannt. Laut Ausschreibung, die der WAZ vorliegt, mussten die Bewerber folgende Voraussetzungen erfüllen: mindestens zehn eigene Beschäftigte, Bewachungserlaubnis nach Paragraf 34a sowie drei Referenzangaben aus den vergangenen drei Jahren „für die Erbringung von Sicherheitsleistungen in einer kommunalen Flüchtlings- oder Obdachlosenunterkunft“.
Nicht unwahrscheinlich ist, dass mit den neuen Ausschreibungen für die Flüchtlingsunterkünfte sowie einem weiteren für das Straßenverkehrsamt die Preise weiter sinken. Die meisten Flüchtlingsunterkünfte wurden zuvor für einen Stundensatz von 20,50 Euro gesichert, eine für 18,90 Euro (Hotel Gladbecker Straße) sowie eine für 19,50 Euro (Am Tollstock). Neben der aktuellen Vergabe für 18 Euro pro Stunde für den Tollstock wurde zuletzt der Sicherheitsauftrag für die Unterkunft am Wildenhoff für 18,80 Euro vergeben.