Bottrop. Dieses Jahr wird die Stadt Bottrop im Haushalt noch ein kleines Plus machen. Aber im Etat für 2024 klafft ein Riesenloch. Was jetzt passiert.

Die Stadt Bottrop gerät ab nächstes Jahr mit ihrem Haushalt in eine „extreme strukturelle Schieflage“. Diese Gewinnwarnung gaben Oberbürgermeister Bernd Tischler und Kämmerer Jochen Brunnhofer im Rat.

Strukturell heißt im Klartext: In den nächsten Jahren wird es nicht besser, sondern immer schlimmer. Wenn es so weitergeht, ist die Stadt 2026 überschuldet. Wie kommt das? Was passiert jetzt? Was bedeutet das für Großprojekte wie den Bau der beiden Feuerwachen? Und: Wo hängt ein Rettungsanker?

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Im Haushaltsentwurf für 2024 stehen 59,8 Millionen Miese. Das ist die Deckungslücke zwischen den erwarteten Einnahmen (487,4 Millionen Euro) und den stark gestiegenen Ausgaben (547,2 Millionen Euro, 12 Prozent mehr als dieses Jahr).

Bottrops Kämmerer: „Der Haushaltsausgleich ist zur Zeit nicht darstellbar.“

Dieses Loch kann der Kämmerer nur stopfen, indem er an das städtische Eigenkapital geht. Aber wenn er das tut, wird das Eigenkapital im Jahr 2026 vernichtet sein. In der dürren Sprache der Kommunalfinanzen klingt das so: „Der Haushaltsausgleich ist zur Zeit nicht darstellbar.“ Und: 2026 wäre die Stadt „bilanziell überschuldet“.

Wie das kommt? Schauen wir auf drei dicke Kostenblöcke. Da sind die explodierten Personalkosten nach dem Tarifabschluss mit 3000 Euro Inflationsausgleich pro Beschäftigtem und Tarifsteigerungen, die auch durchschlagen auf die Rückstellungen für die späteren Pensionen und Beihilfen. Es gibt Schätzungen: Um 11,7 Prozent wird der Abschluss die Personalkosten der Kommunen erhöhen.

Sieben Millionen Euro muss die Stadt 2024 für den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften wie hier am Schacht 9 in Grafenwald ausgeben.
Sieben Millionen Euro muss die Stadt 2024 für den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften wie hier am Schacht 9 in Grafenwald ausgeben. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Da sind die Flüchtlinge, und zwar nicht nur die bisher rund 1300 Menschen aus der Ukraine. Allein sieben Millionen Euro mehr wird Bottrop 2024 für den Betrieb der Flüchtlingsunterkünfte zahlen müssen, dazu kommen Mehrkosten in den Bereichen Bildung, Jugend und Soziales.

Und da sind die Kitas, deren Träger ebenfalls mit der Inflation zu kämpfen haben. „Wir sind stolz auf unsere gute Versorgung mit Kitaplätzen“, sagt der Oberbürgermeister. „Aber die hat eben ihren Preis.“ In Zahlen: 27,5 Millionen Euro im kommenden Jahr.

Was jetzt passiert? Jetzt kommt die „vorläufige Haushaltsführung“. Die Kreditaufnahme wird gedeckelt, für die Aufnahme neuer Kredite braucht die Stadt ab 2024 die Genehmigung der Bezirksregierung Münster. Das ist die wichtigste Beschränkung, aber es gibt weitere.

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Was bedeutet das für die Großprojekte? Das müssen wir natürlich mit der Bezirksregierung besprechen, sagen Tischler und Brunnhofer. Der Neubau der beiden Feuerwachen dürfte aber nicht gefährdet sein, weil der Feuerwehrbetrieb zu großen Teilen gebührenfinanziert ist und zudem ein Bestandteil der allgemeinen Daseinsfürsorge. Ähnliches gilt für die großen Schulbauprojekte auf der Prioritätenliste des Fachbereichs Immobilienwirtschaft. Tischler: „Schulprojekte, offener Ganztag, Kitas, Feuerwehr und Kanalbau sind Pflichtaufgaben.“

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Wer einen Rettungsanker werfen könnte? Das Land, das die Stadt Bottrop 2024 eigentlich um 54 Millionen Euro Altschulden entlasten wollte. Diese Altschuldenübernahme kommt nicht, weil, grob vereinfacht, der Bund nicht mitspielt.

Brunnhofer sieht aber die Chancen der Krise: „Die erneute Verschiebung der Altschuldenlösung war für die Haushaltsplanung 2024 ein Rückschlag, sie beinhaltet aber auch eine größere Chance.“ Wenn das Land sich nämlich mit dem Bund einigt, hofft Bottrop auf eine Entlastung von Altschulden in einer Größenordnung von mehr als 100 Millionen Euro.