Bottrop. Kinder und Jugendliche haben Wünsche zur Freizeitgestaltung in Bottrops Altstadt geäußert. Sie sollen nicht ungehört bleiben. So geht’s weiter.
Welche Bedürfnisse haben Kinder und vor allem Jugendliche, wenn sie ihre Freizeit im Bereich der Altstadt verbringen? Was wünschen sie sich ganz konkret für die Innenstadt? Antworten darauf finden sich in einer Bedarfsanalyse, die das Institut ISPE jetzt vorgestellt hat. Eine große Rolle spielt dabei ein Punkt, den auch Erwachsene immer wieder nennen.
Nämlich: Geschäfte. Denn laut der Analyse beziehen sich die meisten Wünsche der befragten Jugendlichen darauf, Einkaufsmöglichkeiten zu verbessern bzw. dass im Leerstand ein neues Einkaufszentrum eröffnet (47 Prozent). Auch Kinder haben sich durchaus zusätzliche Geschäfte wie H&M oder einen „Zockerladen“ gewünscht.
Bottroper Jugendliche wünsche sich mehr Sauberkeit und Sicherheit
Mehr als 30 Prozent der Wünsche von Jugendlichen nehmen eine optische Aufwertung der Innenstadt sowie mehr Sauberkeit und Sicherheit in den Blick. Das zeigt sich zum Beispiel im Bereich vom ZOB/Berliner Platz, den neben den Teenagern auch die befragten Kinder eher negativ wahrnehmen. Angesprochen werden hier die Trinkerszene und das vermeintliche Drogenmilieu sowie Obdachlose. Für viele Jugendliche ist der ZOB demnach sogar ein Angstraum: „Wenn es dunkel ist, hast du halt Angst, da weißt du nicht, was kommt“, lautet ein Zitat.
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Aber auch am Ehrenpark, mit Skateranlage und Spielplatz eigentlich ein zentraler Anlaufpunkt für junge Leute, gibt’s Kritik mit dem Schwerpunkt Sauberkeit/Sicherheit. Auch die Meinungen der befragten Kinder zum Ehrenpark gehen auseinander. Laut ISPE schätzen einige den Spielplatz mit Rutsche und „hohen Schaukeln“. Andere nennen ihn „Müllspielplatz“. Grundsätzlich solle die Stadt der Ansicht der Kinder nach generell grüner werden, vorhandene Spielplätze sollen ausgebaut, gerne auch neue errichtet und um einen Fußballplatz in der Innenstadt ergänzt werden.
Gut 20 Prozent der Wünsche von Jugendlichen drehen sich um Angebote (Jugendzentren, Orte zum Chillen), Aktivitäten und Veranstaltungen, (Festivals, Kirmes), die explizit für sie geschaffen sind. Gleich danach kommen öffentliche Sportangebote (wie Basketballplätze) und der Ausbau von Fitnessstudios (17 Prozent), gefolgt von einem neuen Kino und dem Ausbau der Gastronomie. Insgesamt haben 204 Jugendliche Wünsche geäußert, Mehrfachnennungen waren möglich.
Bedarfsanalyse fließt in Neuaufstellung der Kinder- und Jugendarbeit ein
Anlass der Befragung von Kindern und Jugendlichen war, eine Bedarfsanalyse für die künftige Aufstellung der Jugendarbeit in der Altstadt zu erstellen – einem Stadtviertel mit vielen Problemen. So ist die Bevölkerungsdichte hier mit Abstand am höchsten, der Anteil an Haushalten mit drei oder mehr Kindern ist höher als irgendwo sonst in der Stadt. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt hier bei 72,1 Prozent. Dazu kommt ein überdurchschnittlich großer Anteil an Alleinerziehenden sowie an Hartz-IV-Empfängern.
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Die Ergebnisse sollen in eine Neukonzeption der offenen Kinder- und Jugendarbeit in der Altstadt einfließen. Diese wird nicht zuletzt deshalb nötig, weil die bisherigen Träger vom Jugendcafé Juca in der Nähe vom ZOB – der Bund der Deutschen Katholischen Jugend in Kooperation mit der Pfarrei St. Cyriakus – nicht mehr weiter machen möchten wie bisher. Wenn der Weiterbetrieb des Juca in seiner jetzigen Form auch bis Ende des Jahres gesichert ist, wie Bastian Hirschfelder, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, klarstellt.
Das Institut ISPE gibt aufgrund seiner Bedarfsanalyse Handlungsempfehlungen. Dazu zählen unter anderem die Schaffung einer Jugendeinrichtung plus mobiler Jugendarbeit mit Projektangeboten im öffentlichen Raum, die Etablierung vielfältiger Mitbestimmungsmöglichkeiten übers Jugendparlament hinaus, die Einrichtung eines von Jugendlichen selbst betriebenen Cafés, die Schaffung von Angeboten an Wochenenden und gezielt für junge Leute ab 16.
Über all diese Erkenntnisse wird nun im Unterausschuss des Jugendhilfeausschusses beraten. Bastian Hirschfelder: „Die Altstadt spielt eine besondere Rolle, weil sie von Jugendlichen aus verschiedenen Quartieren besucht wird.“ Seiner Einschätzung nach wird die aufsuchende Jugendarbeit in der Neukonzeption eine große Rolle spielen, aber nicht nur die: „Die Jugendlichen brauchen einen Anlaufpunkt, an dem sie Gespräche führen können.“ Auch mit fachlich geschulten Mitarbeitern.
Neues Konzept hängt von verfügbaren Finanzmitteln ab
Welches Konzept und Angebot am Ende herauskommt, hänge auch damit zusammen, wie viel Geld im Haushalt dafür zur Verfügung gestellt werde, betont Hirschfelder. Er will die Neukonzeption nicht übers Knie brechen.
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Um den unterschiedlichen Bedürfnissen der jungen Leute nachkommen zu können, strebt Hirschfelder Kooperationen an, zum Beispiel mit Vereinen. „Kinder sind noch viel in Sportvereinen. Das wird im Laufe der Zeit weniger. Warum ist das so? In Kooperation mit den Vereinen kann man versuchen, neue Wege zu gehen.“ Open Sports Angebote abseits von Vereinen werden von der offenen Kinder- und Jugendarbeit bereits seit kurzem gemacht.
Dass sich die befragten Jugendlichen so sehr ein Einkaufszentrum wünschen, wundert Hirschfelder überhaupt nicht. „Wo treffen sich Jugendliche heutzutage? Sie brauchen einen Treffpunkt, wo Jugendliche auch Jugendliche sein dürfen.“ Sich mit Freunden zu treffen ist nämlich auch das, was die jungen Leute in der Befragung am häufigsten als Freizeitaktivität genannt haben (59 Prozent). Und der genannte Freizeitort war zum überwiegenden Teil die Innenstadt und die Fußgängerzone bzw. das Centro (je 58 Prozent).
Die Methoden
Das Institut für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung (ISPE) hat für die Bedarfsanalyse Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren in den Blick genommen.
In den Prozess waren drei Grundschulen (Albert-Schweitzer, Droste-Hülshoff, Cyriakusschule) sowie fünf weiterführende Schulen (Marie-Curie- und Gustav-Heinemann-Realschule, Janusz-Korczak-Gesamtschule, Josef-Albers- und Heinrich-Heine-Gymnasium) involviert.
Eingesetzt wurden verschiedene Methoden, dazu gehörte das Zeichnen subjektiver Landkarten, in denen die Grundschüler ihre Lebensräume darstellten. Oder die Befragung von Jugendlichen im öffentlichen Raum per Kurzfragebogen.
Das Erhebungsteam besuchte zudem Jugendfeuerwehr, Kinderschutzbund und Jugendparlament.
Ergänzend fanden Workshops mit Fachkräften statt.