Bottrop. Das Zentralabitur sorgt für bessere Noten, sagen die Bottroper Schulleiter. Fast ein Drittel der Absolventen schafft einen Einserabschluss.

Der Abiturschnitt in Nordrhein-Westfalen wird immer besser: 2022 schafften fast 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Einser-Abitur, fünf Jahre zuvor waren es 24 Prozent. Auch in Bottrop zeigt der Trend nach oben. Wie passt das zusammen mit Studienergebnissen, dass die Kompetenzen der Schüler sinken?

„Wenn eine Gesellschaft darauf pocht, mehr gute Schüler zu haben, wird sie die auch bekommen“, sagt Markus Reuter, Leiter der Willy-Brandt-Gesamtschule. Der Druck auf den Abschluss werde immer höher. „Es nimmt immer extremere Formen an, dass Schüler ohne Abitur es durchaus schwerer haben, einen Beruf zu erlernen, der sie wirtschaftlich trägt.“

Vielen Kinder und Eltern gehen davon aus, dass ein Studium einen beruflich weiterbringt. Entsprechend hoch sei die Erwartung an die Abitur-Note. Denn viele Fächer haben einen Numerus clausus, die Absolventen brauchen entsprechende Noten, um den Studienplatz zu ergattern – und das, obwohl in einigen Bereichen dringend Nachwuchs gebraucht wird.

Bottroper Direktor: „Schüler werden stärker auf das Abitur gedrillt“

So fehlen zwar vielerorts Lehrer, nichtsdestotrotz sind zahlreiche Unterrichtsfächer an den Universitäten mit NC belegt. Der Fachkräftemangel befeuert die Debatte. „Es heißt: Ihr müsst mehr Abiturienten produzieren“, sagt Reuter. „Irgendwann ziehen die Schulen nach.“

Schulleiter Markus Reuter von der Willy-Brandt-Gesamtschule sagt: „Es nimmt immer extremere Formen an, dass Schüler ohne Abitur es durchaus schwerer haben, einen Beruf zu erlernen, der sie wirtschaftlich trägt.“
Schulleiter Markus Reuter von der Willy-Brandt-Gesamtschule sagt: „Es nimmt immer extremere Formen an, dass Schüler ohne Abitur es durchaus schwerer haben, einen Beruf zu erlernen, der sie wirtschaftlich trägt.“ © FUNKE FotoServices | Heinrich Jung

Damit will er nicht sagen, dass die Schulen die Noten laxer verteilten. Aber die Schülerinnen und Schüler werden stärker auf das Abitur gedrillt, werden zielgenau auf die Abschlüsse vorbereitet. Da gehe es immer weniger um das Prinzip nach dem Seneca-Zitat „Non scholae, sed vitae discimus“ („Nicht für die Schule, fürs Leben lernen wir“), sondern eher nach dem Motto „teaching to the test“ – also klar auf Prüfungen ausgerichtet zu unterrichten.

Zentral-Abitur sorgt für vorhersehbare Aufgabenformate

Dem kommt auch das Zentral-Abitur entgegen. „Darauf kann man sich gut vorbereiten“, sagt Ingo Scherbaum, Leiter des Josef-Albers-Gymnasiums. Da spiele das Prüfungsformat eine Rolle: Vieles sei angeglichen worden, die Aufgabenformate seien vorhersehbarer; das Abitur soll vergleichbar sein – auch zwischen den Bundesländern. „Die Abitur-Prüfungen der letzten Jahre stehen allen Schülern zur Verfügung“, sagt Scherbaum. „Da ist ein klarer Rahmen abgesteckt.“

Die Erfahrung macht auch Tobias Mattheis, Direktor des Heinrich-Heine-Gymnasiums. „Durch die Beispielaufgaben im Internet können sich die Schüler gezielt vorbereiten.“ Am HHG haben in diesem Jahr vier Schülerinnen und Schüler ihr Abitur mit einer 1,0 abgeschlossen, rund ein Drittel hat eine Eins vor dem Komma. „Wir hatten wieder extrem gute Ergebnisse“, sagt Mattheis. „Dieser Jahrgang war aber auch sehr leistungsstark.“

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Auch am JAG sind die Abitur-Durchschnittsnoten besser geworden in den vergangenen Jahren beziehungsweise halten sich stabil auf einem guten Niveau. Der JAG-Schüler Benedikt Schranz hat mit 885 von 900 Punkten das beste Abitur der Stadt geschafft. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt der Schulleiter.

Der Druck, gute Noten zu erzielen, sei da – aber oft auch von den Schülerinnen und Schülern selbst gesteckt. „Es gibt viele, die sich selbst Ziele setzen, was ja nicht verkehrt ist“, so Scherbaum. „Aber man muss aufpassen, dass der Druck nicht zu groß wird.“

Schülerinnen und Schüler sind mit „normalen“ Noten nicht zufrieden

Das erlebt Oliver Schulte, Oberstufenkoordinator am Vestischen Gymnasium in Kirchhellen, durchaus: Schülerinnen und Schüler, die wegen einer Zwei minus verzweifeln, die mit „normalen“ Noten schon nicht mehr zufrieden sind. Da gebe es dann durchaus auch Eltern, die versuchen, auf die Lehrkräfte einzuwirken. „Dem muss man einen Riegel vorschieben“, sagt Schulte.

Am Vestischen Gymnasium wird in diesem Jahr eine 1,0 vergeben – das waren auch schon mal mehr. Der Gesamtnotenschnitt werde bei mindestens 2,36 liegen, gegebenenfalls noch etwas höher nach den Ergebnissen der Nachprüfungen, mit denen die Schüler sich um 0,1 verbessern können. Klar sei: „Die Noten werden seit dem Zentralabitur immer besser.“ Auch wenn es natürlich Schwankungen gebe, auf das Zentralabitur könne man ganz konkret vorbereiten. „Wir haben den Kindern die Noten nicht hinterhergeworfen.“

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