Bottrop. Zehn neue Stolpersteine soll es ab November im Bottroper Stadtgebiet geben. Eine Schülerin macht bei der Recherche eine erstaunliche Entdeckung.
Stolpersteine sollen dafür sorgen, dass man stolpert. Nicht über die Steine selbst, sondern über die Geschichte dahinter. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 der Willy-Brandt-Gesamtschule haben sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Bottrop beschäftigt.
Insgesamt wurden Namen und Schicksale von zehn Opfern für die Dokumentation auf einem Stolperstein vorbereitet. Zum Hintergrund: Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Seit mehr als 25 Jahren werden kleine Gedenktafeln aus Messing in das Pflaster vor den Wohnhäusern der Menschen verlegt, die von den Nationalsozialisten verfolgt, deportiert und ermordet wurden. In Bottrop gibt es etwa 100 Stolpersteine.
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Der Lehrplan gab das Thema „Kirche in der NS-Zeit“ vor. Lehrer Christopher Kühne suchte nach Gegenwartsbezügen, damit „die Schüler erkennen, dass sie auch Verantwortung vor der Geschichte haben“. Gemeinsam beschloss der Kurs, sich mit Stolpersteinen zu beschäftigen.
Dokumentation und Texte: Zehn neue Stolpersteine für Bottrop
Im Stadtarchiv recherchierte die Gruppe mit Hilfe von Archivarin Heike Biskup in historischen Jahrbüchern und originalen Quellen nach den Namen von Verfolgten, die bislang noch nicht auf dem Pflaster verewigt sind. Man war überrascht, wie viele neue Namen auftauchten.
Zu zehn Opfern aus Familien und Einzelpersonen erstellten die Schülerinnen und Schüler Dokumentationen und bereiteten die Texte für die Stolpersteine vor. Diese kleinen Denkmale sollen vom Künstler im November auf der Essener Straße, Kirchhellener Straße und Holtfortstraße verlegt werden.
Christopher Kühne zeigte sich besonders beeindruckt vom Engagement und der Ernsthaftigkeit: „Alle haben sich intensiv damit beschäftigt und standen hinter dem Thema.“ Man habe an einem wissenschaftlichen Projekt praktisch gearbeitet: „Wir mussten althergebracht recherchieren, das war eine ganz andere Art von Arbeit.“
Bottroper Gesamtschülerin findet entfernten Verwandten unter den Nazi-Opfern
Am Ergebnis erkenne man den Zusammenhalt des Kurses: „Viele haben viel Zeit investiert und mehr gemacht, als sie eigentlich mussten.“ Manche Schüler sind auf ihren Schulwegen schon mit den Steinen in Kontakt gekommen, betrachten sie aber „jetzt anders und ganz bewusst.“ Während der Recherche stellte eine Schülerin fest, dass es auch in ihrer Familie ein Opfer der Nazi-Herrschaft gab.
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Emily fand den Namen Paul Borek im Familienstammbaum und holte über Familienrecherche und Stadtarchiv weitere Informationen ein: Ihr entfernter Verwandter wurde wegen angeblicher Geisteskrankheit in eine „Heilanstalt“ gebracht und dort ermordet. Auch für ihn wird es auf der Holtfortstraße einen Stolperstein geben.
Bottroper helfen bei der Anschaffung: Jeder Stolperstein kostet 120 Euro
Jeder Stolperstein kostet 120 Euro. Bislang haben es die Schüler geschafft, die Finanzierung von sechs Stolpersteinen zu sichern. Über die Spenden aus dem Kurs und dem Lehrerkollegium werden drei Steine bezahlt, die Emschergenossenschaft übernimmt zwei Steine. Die Anschaffung eines weiteren Steins unterstützt die Brauerei „Bottroper Bier“.
Die Arbeiten des Kurses, die Dokumentationen und die Bilder von der Verlegung der Stolpersteine werden als Collage im Schulgebäude ausgestellt. Die Texte werden auch in die Publikation des Stadtarchivs aufgenommen. Stadtarchivarin Heike Biskup stellt besonders den Bottroper Bezug heraus: „Man muss sich immer wieder bewusst machen, dass es hier viele Menschen gegeben hat, die verschleppt und getötet wurden.“
Neben den genannten Stellen werden über das Stadtarchiv weitere Stolpersteine im November verlegt. Gesucht werden Sponsoren. Mehr Infos unter der Rufnummer 02041 703754.