Bottrop. Vor Bottrops Bauknecht-Quartier soll ein Marktplatz mit Pavillons entstehen – wie in München. Auf vier Etagen unter der Erde können Autos parken.
Pavillons mit Gastronomie und Dachbegrünung, Parken unter der Erde: Bereits vor zwei Jahren hat die Bauknecht Immobilien Holding, die das ehemalige RAG-Gebäude in Bottrop derzeit kernsaniert, ihre Ideen für den vorgelagerten Gleiwitzer Platz vorgestellt. Nun konkretisieren sich die Pläne – und sollen um ein weiteres Großbauprojekt in der Innenstadt ergänzt werden.
Bei den ersten Entwürfen der Idee war die Verlagerung des Parkplatzes mit etwa 100 Stellplätzen unter die Erde geplant. Nun will die Bauknecht Immobilien Holding gemeinsam mit dem Planungsatelier Boksteen deutlich tiefer in den Boden gehen: Auf vier unterirdischen Ebenen mit einer Gesamtfläche von rund 14.500 Quadratmetern sollen 462 Parkplätze entstehen.
Darüber soll ein Raum mit Aufenthaltsqualität geschaffen werden, mit begrünten Pavillons, in denen Gastronomen und Händler ihre Waren anbieten. „In Anlehnung an den Viktualienmarkt“, sagt Vorstand Garrit Bauknecht mit Blick auf den Münchener Vorzeigemarkt und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Nur etwas kleiner.“ So attraktiv, dass auch Besucher aus den umliegenden Städten nach Bottrop gezogen werden.
Bauknecht Immobilien Holding will Problem-Parkhaus abreißen und Wohnraum bauen
Diese Umgestaltung soll mit einem weiteren Großprojekt in der Innenstadt einhergehen: Bauknecht will von der Stadt das marode Parkhaus an der Schützenstraße kaufen. Bereits vor zehn Jahren hatte die Stadt beschlossen, dass es abgerissen werden müsse. Damals hieß es, dass dort zwingend an selber Stelle wieder ein Parkhaus entstehen müsse. Passiert ist seitdem nichts, der Zustand des Gebäudes wird zusehens schlechter.
Doch jetzt geschieht das, was Bottrops FDP-Ratsherr Andreas Mersch schon vor einigen Monaten forderte: Mit Bauknecht will ein privater Unternehmer das Gebäude abreißen und ein neues Konzept vorlegen. Auf der Fläche an der Schützenstraße – günstig gelegen am Rand der Innenstadt – will die Firma mit Sitz im baden-württembergischen Fellbach ein Gebäude mit mehr als 100 hochwertigen Wohnungen errichten.
Auch interessant
Acht Stockwerke soll es hoch sein; wenn es nach der persönlichen Meinung von Frank Beicht (SPD) ginge, könnte es mit entsprechender architektonischer Optik sogar noch höher sein. „Ich finde das Projekt höchstspannend“, so der Vorsitzende des Planungsausschusses. „Das wäre ein Stück Strukturwandel, der zur Entwicklung unserer Stadt beiträgt.“
Neues Wohngebäude in Bottrop: „Soziale Durchmischung“ in der Stadt
Weil unterhalb des Gleiwitzer Platzes fast 500 Stellplätze entstehen könnten, braucht es diese Parkflächen nicht mehr an der Schützenstraße, wo dann lediglich Parkraum für die Bewohner des Hauses geplant wäre plus etwa drei Dutzend öffentliche Parkplätze.
Das neue Wohngebäude würde, so Baudezernent Klaus Müller bei einer Presse-Präsentation der Idee vor dem Planungsausschuss, zur „sozialen Durchmischung“ in der Stadt beitragen. Aktuell gebe es in der Bottroper Innenstadt viel geförderten Wohnraum mit Menschen mit wenig Kaufkraft. Das neue Wohngebäude würde ein anderes Klientel anziehen. Möglich wäre, so Garrit Bauknecht, eine Mischung aus Eigentums- und Mietwohnungen.
Auch interessant
Was der Immobilienentwickler deutlich macht: Das eine will er nicht ohne das andere umsetzen, weil es sich für ihn nicht rechnet. Die viergeschossige Tiefgarage und die Umgestaltung des Gleiwitzer Platzes koste einen zweistelligen Millionenbetrag – weiter konkretisiert Garrit Bauknecht die Investitionssumme nicht –, die Rendite bei Parkplätzen sei nicht besonders gut. Anders bei hochwertigen Eigentumswohnungen, die verkauft werden könnten. „Wir haben dann eine Quersubventionierung durch das Wohnhaus.“
Baubeginn am Gleiwitzer Platz in 2024 möglich
Oberbürgermeister Bernd Tischler plädiert für das Projekt, ebenso Frank Beicht, der auf die Expertise am Bauknecht-Quartier, der ehemaligen RAG-Zentrale, verweist. Dort steht Bauknecht – zwar mit Zeitverzögerung, aber zuverlässig – wenige Monate vor der Fertigstellung eines aufwendigen und kostenintensiven Großprojektes.
Am Dienstagnachmittag stellten Garrit Bauknecht und Ricardo Boksteen ihre Ideen im Planungsausschuss vor. Anschließend sollen die Entwürfe konkretisiert werden, politische Entscheidungen zu den beiden Standorten sind Voraussetzung für die Umsetzung.
Baubeginn am Gleiwitzer Platz könnte schon nächstes Jahr sein, mit eineinhalb bis zwei Jahren Bauzeit rechnen Boksteen und Bauknecht. Im Anschluss könnte mit den Arbeiten an der Schützenstraße begonnen werden – um nicht zwischenzeitlich auf den Parkraum verzichten zu müssen.
>>> Vorstellung im Planungsausschuss – verhaltene Reaktionen
Garrit Bauknecht hat seine Pläne für den Gleiwitzer Platz und das Parkhaus an der Schützenstraße dem Planungsausschuss lediglich zur Kenntnis vorgestellt – und noch zurückhaltende Reaktionen erhalten.
„Wir sind ja gebrannte Kinder bei Bauprojekten“, brachte es der stellvertretende Ausschussvorsitzende Hermann Hirschfelder (CDU) auf den Punkt und fragte in der Sitzung nach der zeitlichen Perspektive. Mit etwa sieben Jahren ordnete der Bauknecht-Vorstand den baulichen Zeitrahmen ein. Zwölf bis 15 Monate würde die Planungsphase für den Gleiwitzer Platz andauern, anschließend folgt die zweijährige Bauphase, erst dann der Abriss und Neubau an der Schützenstraße.
Rückfragen gab es zudem vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Göddertz hinsichtlich der Parkgebühren, die niedrig gehalten werden sollten. „Der Parkraum soll erschwinglich bleiben“, versicherte Garrit Bauknecht dazu. Die Rendite wolle er aus dem Wohnbauprojekt ziehen, weniger aus der kostenintensiven Tiefgarage, die wegen des Grundwassers ab dreieinhalb Metern Tiefe in eine Betonwanne gefasst werden muss. Die Grünen begrüßten die Pläne „ausdrücklich“, vor allem, weil das Parken unter die Erde gelegt werde.
Gelegenheiten zur Meinungsäußerungen werden die Kommunalpolitiker in den nächsten Monaten in verschiedenen Gremien noch einige bekommen, schließlich sind diverse politische Voraussetzungen zu schaffen, um die Projekte an den beiden Standorten umzusetzen, wie Baudezernent Klaus Müller erklärte. So muss der Gleiwitzer Platz als Verkehrsfläche entwidmet werden, bevor er per Erbbaupacht an die Bauknecht Immobilien Holding übergehen soll. Für die Wohnbebauung an der Schützenstraße sei eine vereinfachte Änderung des Bebauungsplanes nötig.