Bottrop. Den Gleiwitzer Platz gibt es erst seit den 50er Jahren. Statt der einst dörflichen Bebauung setzen die Planer nach dem Krieg auf Großstadtflair.
Der Gleiwitzer Platz gehört zu den größeren der Bottroper Plätze. Und er ist einer der jüngsten. Wo sich vor dem Zweiten Weltkrieg noch Osterfelder- und Sterkrader Straße gabeln, soll zunächst eine größere Verkehrsfläche, später sogar ein echter Stadtplatz entstehen. Was beim alten Trappenkamp / Berliner Platz in den 20er Jahren nicht durchgeführt wurde, will man nun mit ähnlichen Vorzeichen am nordwestlichen Ende der Innenstadt umsetzen: Ein geschlossener Platz mit Verwaltungsbauten, der Sparkasse und ihren anschließenden Neubauten mit Ladenlokalen, dem Volkswohlbund und Pavillons am alten Kolpingplatz - und vor allem: einem großen Stadttheater mit rund 1000 (!) Plätzen.
Das entspricht er Größenordnung des neuen Musiktheaters in Gelsenkirchen, das etwa zur selben Zeit geplant wird. Und auch äußerlich ähneln sich der Bottroper Entwurf von Gerhard Graubner (der übrigens auch das Bochumer Schauspielhaus entwarf) und der Ruhnau-Bau in der Nachbarschaft. Transparente Glasfassaden hinter denen Foyers und das Halbrund des Zuschauerraums sichtbar bleiben, ein markanter Bühnenturm, der nicht hinter der damals schon bestehenden Platzarchitektur zurücksteht.
Von Anfang an für den Verkehr geplant
Noch fährt die Straßenbahn, Parkplätze - und die verbreiterte Hans-Böckler-Straße - stehen für das Ideal der autofreundlichen Großstadt. Dass diese Verkehrsplanung bereits 1922 u.a. von Albert Lange (von dem auch die Trappenkamp-Pläne stammen) in Teilen angedacht ist, darauf verweist auch Norbert Wallmann in seinem Buch „Stadtplätze in Bottrop“, das in der Reihe „Geschichtsstunde“ des Stadtarchivs erschienen ist.
Dafür muss erst einmal die Bebauung - oder was der Bombenkrieg davon übrig ließ) - der unteren Sterkrader Straße weichen, die ursprünglich in die Osterfelder Straße mündet und fast am Pferdemarkt endet. Für dessen Begrenzung gibt es bereits seit 1948 Umbaupläne - so von Hanns Dunstmann und dem Bottroper Architekten Theo Althoff. Der heutige rechteckige Platz hat da seine Wurzeln.
Geschäftszeile und Wohnungen
Nach den Geschäfts- und Wohnbauten entsteht die Arenberg’sche Verwaltung, die den Platz im Norden begrenzt. Das höhere Rheinstahlgebäude (zuletzt RAG) zur Hans-Böckler-Straße folgt kurz darauf ebenso, wie das Haus des Volkswohlbundes mit den drei Pavillons, die das alte Kolpinghaus (heute abgerissen) fast erdrücken.
Jetzt fehlt nur noch das Theater als westlicher Platzabschluss. Aber mit seinem Musentempel hat Bottrop nie Glück. Anders gesagt: Es fehlt trotz aller Anstrengung die entscheidende Lobby. Eine Linie, die sich auch viele Jahre später fortsetzt. Denn für das August-Everding-Kulturzentrum gibt es Ende der 80er Jahre auch einen Plan, der auf dem heutigen Kulturhof einen Theatersaal vorsieht - wenn auch nicht mehr mit annähernd 1000 Plätzen. Die seit Ende der 50er Jahre geschaffenen Theaterrücklagen werden übrigens Anfang der 70er Jahre für den Kauf neuer Gewerbeflächen ausgegeben.
Heute unter Denkmalschutz
Geblieben ist aber ein auch architektonisch qualitätvoller Platz mit einer damals modernen und bis heute gediegenen Formensprache und wertigen Materialität. Bekannte Architekten wie Werner Körber oder das Kasseler Büro Schatt & Schellmann, das den heute denkmalgeschützten Arenberg-Bau entwirft, hinterlassen so in der jungen Großstadt Bottrop ihre Spuren. Die Nutzung als Parkplatz trifft vielleicht nicht mehr den Zeitgeist, war aber von Anfang an für den so genannten „ruhenden Verkehr“ geplant.