Bottrop. Die Gründung erfolgt im Jahr 1932 im Stadtteil Fuhlenbrock. Eine Erfolgsgeschichte von Ackerbau, Gartenzwergen und gelebter Integration.

Früher Spießertum, heute Kult. Das Kleingartenwesen ist aus Bottrop nicht mehr wegzudenken. An diesem Samstag wird groß gefeiert: Der Bezirksverband begeht sein 90. Jubiläum. Grund genug, um sich mit Mitgliedern des Vorstands auf eine kleine Zeitreise zu begeben.

Karin Draga, Walter Althammer, Olaf Langner und Steffen Purlinski (alle Vorstandsmitglieder des Verbandes) stöbern in alten Fotos und Dokumenten.
Karin Draga, Walter Althammer, Olaf Langner und Steffen Purlinski (alle Vorstandsmitglieder des Verbandes) stöbern in alten Fotos und Dokumenten. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Wer die Geschichte der Kleingärtner in Bottrop erzählen möchte, kommt an einen Mann nicht vorbei: Walter Höfer. 1930 wird die erste und noch immer älteste Anlage „Am Beckramsberg“ gegründet. Höfer ist maßgebend dafür verantwortlich. Er übernimmt vor Ort das Amt des Vorsitzenden. Zwei Jahre später, am 17. August 1932, folgt die Gründung des Stadtverbandes, aus dem später der Bezirksverband hervorgehen wird, mit inzwischen acht Anlagen aus dem Stadtgebiet wie etwa Beckheide, Krähenbusch und Batenbrock. Höfer wird auch im Verband zum Vorsitzenden gewählt.

Bottrop: Nach dem Krieg wird im Kleingarten geackert

Wie Steffen Purlinski, Mitglied des heutigen Vorstands, berichtet, dienen die Grundstücke nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem für zwei Dinge. „Wohnraum und Eigenversorgung.“ An derartige Verhältnisse, wie sie mittlerweile existieren, ist nicht mal ansatzweise zu denken. Die Lauben gleichen eher Hütten und sind nicht aus Stein, sondern aus Holz gebaut.

Erst Ende der 50er, Anfang der 60er-Jahre folgt die Infrastruktur mit Strom- und Wasserleitungen. Bis dahin dient die Wasserquelle, zum Beispiel ein Brunnen auf dem Gelände, der Gemeinschaft. Mit Gießkannen und Eimern wird das Wasser von den Pächtern zur Parzelle transportiert. Die Frauen sind Hausfrauen und tragen Kittel, die Männer ackern im Garten. Blumenbeete und gepflegte Wiesen sind uninteressant. Ökologie und Freizeit spielen im Gegensatz zu heute nur eine Nebenrolle. Vielmehr werden Obst und Gemüse angebaut. Hochbeete? Insektenhotels? Fehlanzeige! „Damals hatte niemand Platz zu verschenken“, sagt Walter Althammer. Seit 1971 betreibt er einen Garten in der Anlage „An der Boye“. Im Laufe der Jahre wächst die Anzahl der Anlagen.

Ein Foto in der Geschäftsstelle des Bezirksverbands der Kleingärtner Bottrop. Zu sehen ist Walter Höfer, Gründer des Verbands.
Ein Foto in der Geschäftsstelle des Bezirksverbands der Kleingärtner Bottrop. Zu sehen ist Walter Höfer, Gründer des Verbands. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der Verein „Am Quellenbusch“ wird 1981 gegründet. Ein Jahr später wird Grafenwald eröffnet. Im Mai 1985 erfolgt die Einweihung der Geschäftsstelle des Bezirksverbandes auf der Anlage „Nappenfeld“. „In der Bräuke“ in Kirchhellen ist das jüngste Mitglied von 1989. Mit der Zeit bekommen die Kleingärtner im Land ein Klischee verpasst.

Wer gärtnert, ist Teil des deutschen Spießertums. Der Volksmund spricht von „Schrebergarten“. Das Wort klingt so sexy wie Raufasertapete. Mitunter befeuern die Kleingärtner selbst das Klischee. Die Hecken sind auf den Millimeter genau gestutzt, der Gartenzwerg wird populär und zum Inbegriff des Spießertums. Das Kleingartenwesen ist etwas für das ältere Semester.

Bottrop: Die Nachfrage nach Kleingärten ist ungebrochen

Aber diese Bilder gehören längst der Vergangenheit an. „Wir haben Mitglieder im Alter zwischen 20 und 80 Jahren“, sagt Steffen Purlinski. Die Vielfalt der Gartengestaltung sei moderner geworden. „Integration wird bei uns täglich gelebt. Es gibt mindestens 30 bis 40 Nationen auf unseren Anlagen.“ Der Bezirksverband hat zudem ein wichtiges Anliegen. „Alle sozialen Schichten sollen sich einen Garten leisten können.“

Kleingärtner spiegeln die Gesellschaft wieder. Nach grüner Idylle und Erholung sehnt sich der einfache Malocher ebenso wie der Politiker oder Akademiker. Die Nachfrage ist ungebrochen. Und in Zeiten der Pandemie sogar weiter gestiegen. „Unsere Kleingärten sind begehrt ohne Ende“, sagt Purlinski. Das gilt auch auf Landesebene. „Es gibt fast nirgendwo freie Gärten.“ In Bottrop sind bei den Vereinen inzwischen Wartelisten eingeführt worden.

15 Vereine in Bottrop

Im Stadtgebiet befinden sich 15 Kleingartenvereine: Am Beckramsberg, Nappenfeld (Fuhlenbrock), Overbeckshof (Stadtmitte), Am Timpenkotten, Batenbrock e.V. (Batenbrock), Eigenhof, Beckheide, Boverheide (Eigen), An der Boye, Krähenbusch, Am Liesenfeld, Johannestal (Boy), Am Quellenbusch (Vonderort), Grafenwald und In der Bräuke (Kirchhellen).

Der Kleinste ist Boverheide mit 21 Gärten, der Größte ist Nappenfeld mit 206. Der Bezirksverband zählt zurzeit mehr als 2000 Mitglieder. Mehr Infos: www.bzv-bottrop.de/stadt-bezirksverband