Bottrop. Preisschock für die Sportpolitiker: Der geplante Neubaue am Stenkhoffbad wird drastisch teurer. Warum die Verwaltung es trotzdem bauen will.
Die kalkulierten Kosten für den geplanten Neubau eines Multifunktionsgebäudes am Stenkhoffbad haben sich innerhalb weniger Monate ziemlich exakt verdoppelt. Mit 1,9 Millionen Euro steht es im Haushaltsansatz, tatsächlich werden die Kosten jetzt auf 3,98 Millionen Euro beziffert.
Jetzt diskutiert die Politik, ob man bei einer solchen Kostenexplosion die Reißleine ziehen sollte? Der Bäderbetrieb sagt: Nein. Er will das Gebäude trotzdem bauen. Die Sportpolitiker haben diesen Baubeschluss aber nicht gefasst. Auf einer Sondersitzung des Betriebsausschusses soll die Verwaltung weitere Zahlen vorlegen und offene Fragen beantworten.
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Seit Jahren versucht der Sport- und Bäderbetrieb eine Finanzierung auf die Beine zu stellen für den Ersatz der maroden Umkleiden Im Stenkhoffbad. Mit der großen Lösung hatte der Sport- und Bäderbetrieb keinen Erfolg beim Einwerben von Fördergeldern: Im August 2018 hatte er sich vergeblich um Fördergeld aus einem neu aufgelegten Programm des Bundes beworben. Für acht Millionen Euro hätte das Freibad gleichsam komplett neu gebaut werden sollen.
Deshalb hatte Jürgen Heidtmann, der Leiter des Sport- und Bäderbetriebes, im Februar 2020 angekündigt: „Wir schauen weiter, ob wir irgendwo Fördermittel bekommen.“ Die kleine Lösung sieht den Abriss der Umkleiden und den Neubau eines Multifunktionsgebäudes vor, barrierefreie Zugänge ins Wasser und Nachbesserungen zu mehr Barrierefreiheit am Haupteingang.
Im November 2020 hatte der Rat einstimmig den Betrieb aufgefordert, für diese Pläne Fördermittel einzuwerben. Wenige Monate später meldete Heidtmann Erfolg: 1,5 Millionen Euro gibt das Land für den Neubau des Multifunktionsgebäude. Die Freude war groß, als Ministerin Ina Scharrenbach im Juli 2021 mit dem Förderbescheid ins Freibad kam.
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Noch bei den Haushaltsberatungen im November, erinnerte Bastian Hirschfelder (CDU) den Ausschuss, „sind wir davon ausgegangen, dass wir den Neubau mit 400.000 Euro Eigenmitteln hinbekommen.“ Doch dann hat das Architektenbüro BST ganz genau gerechnet und kam auf Baukosten von 3,88 Millionen Euro (plus 100.000 Euro für barrierefreie Zugänge.).
Neben den Kostensteigerungen am Bau von im Schnitt 20 Prozent pro Jahr steckte ein dicker Fehler in den ersten Schätzungen, sagt Architektin Britta Lingenberg: „Die Kostengruppe für die Wasseraufbereitung für das Freibad fehlte.“
Bottrops Bäderbetrieb: „Standen unter enormem Zeitdruck“
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Wie kann so etwas passieren? „Wir standen unter enormem Zeitdruck beim Förderantrag“, verteidigt sich Jürgen Heidtmann. Weil die überlasteten Experten des Fachbereichs keine Kostenschätzung hätten liefern können, habe der Bäderbetrieb die selbst in Auftrag gegeben. „Wir waren froh, dass wir überhaupt etwas hatten.“ Michael Monden von der Immobilienwirtschaft sagt dazu, der Architekt habe „mal eben schnell einen kleinen Entwurf gemalt, damit man an den Fördertopf kommt.“
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Auch Baudezernent Klaus Müller räumt ein. Die extreme Kostensteigerung sei „ein Fall, der nicht eintreten sollte. Dieses Vorgehen sollten wir uns nicht angewöhnen.“ Doch er stellt sich schützend sowohl vor den Bäderbetrieb als auch die Immobilienwirtschaft. Die sei „auf vier bis fünf Jahre durchgetaktet“, also ausgelastet mit den vielen städtischen Bauprojekten.
Um schnelle Reaktionen auf neue Förderaufrufe könnten die Experten sich nur kümmern, indem sie andere Projekte dafür liegen lassen: „Das ist ein Dilemma.“ Dann müssen wir „dringend nachdenken über eine bessere Personalausstattung“, sagt dazu Rüdiger Lehr (SPD).
Ja, und was nun? Bei diesen Preisen sagt Bastian Hirschfelder für die CDU: „Möglicherweise sagen wir: Nein, wir machen es nicht. Wir reden über ein Gebäude. das wir maximal vier Monate im Jahr nutzen.“ Für die SPD hält Rüdiger Lehr dagegen: „Ja, die Kosten sind völlig aus dem Ruder gelaufen. Ein Neubau im Bad ist aber nach wie vor eine gute Entscheidung.“
Was wird aus Bottrops Freibadsaison 2024?
Wenn sich die Politik zum Neubau durchringt: Was wird dann aus der Freibadsaison 2024? Architektin Britta Lingenberg sagt mit Blick auf Abriss und Neubau. „Ich halte es für realistisch, dass man eine Saison lang den Komplex nicht nutzen kann.“
Bloß nicht, sagt Lehr: „Bauen Sie, solange Sie dafür brauchen. Aber lassen Sie uns das Bad weiter nutzen!“ Das müsse doch einen Sommer lang mit Provisorien wie Toilettenwagen, einem Foodtruck und Notduschen möglich sein. Michael Monden sagt dazu: „Mit Einschränkungen bekommen wir hin, dass das Bad geöffnet bleibt.“ Aber das verursache weitere Kosten.
Eine Berechnung dieser Kosten und Antworten auf offene Fragen soll die Verwaltung der Politik schnell liefern, damit der Ausschuss auf einer Sondersitzung am 12. Juni über den Neubau entscheiden kann. Einstimmig folgten die Politiker diesem Vorschlag des Vorsitzenden Michael Gerdes. Der warnt aber: „Das Verfahren setzt Verwaltung und Politik unter Druck.“ Denn das Fördergeld vom Land bleibt nur in Bottrop, wenn der Neubau bis Ende 2025 nicht nur fertig, sondern auch komplett abgerechnet ist.