Bottrop. Die Stadt will sparen und zwei Bottroper Schulneubauten nun doch nicht mit Lüftungsgeräten ausstatten. Darum lehnen die Grünen die Kehrtwende ab.
Die Stadt will weder die neuen Klassen und Räume der Förderschule am Tetraeder in der Welheimer Mark noch die neuen Klassen und Räume des Vestische Gymnasiums in Kirchhellen mit dezentralen Lüftungsgeräten ausstatten. Davon setzte die Verwaltung die Mitglieder im Schulausschuss des Rates in Kenntnis. Dabei war die Ausstattung der beiden Schulen mit den Lüftungsgeräten beschlossene Sache. Die Geräte seien inzwischen deutlich teurer geworden, begründet die Verwaltung ihre beabsichtigte Kehrtwende. Der nächste Streit um die Lüftung in Schulen liegt damit förmlich in der Luft.
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Denn für die Grünen wäre der Verzicht auf die Lüftungsgeräte nicht nur ein unvertretbarer Sparversuch auf Kosten der Schulkinder und Lehrkräfte, sondern letztlich auch Energieverschwendung. „Wir sind gegen solche Einsparungen am vollkommen falschen Ende – nicht bei den Schulkindern und Lehrer*innen sowie den Mitarbeiter*innen der Verwaltung“, unterstreicht Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. Die Grünen bestehen daher auf die Ausstattung mit den dezentralen Lüftungsgeräten und raten zur Nutzung effektiver Wärmerückgewinnungssysteme in den beiden Schulen und rufen die anderen Ratsparteien dazu auf, die vermeintlichen Sparpläne der Verwaltung ebenfalls zurückzuweisen.
Dezentrale Lüftungsgeräte werden der Stadt zu teuer
Die Förderschule in der Welheimer Mark wird bekanntlich um einige Klassenzimmer und Nebenräume erweitert. Für deren Beheizung sehen die städtischen Bauplaner eigene Heizkörper vor und für die Be- und Entlüftung bisher dezentrale Lüftungsgeräte. Das Vestische Gymnasium wiederum bekommt ein komplett neues Gebäude mit drei Klassen und einem Fachraum. In dem Kirchhellener Neubau sollte nach den städtischen Plänen sowohl die Beheizung als auch die Belüftung über die dezentralen Lüftungsgeräte vonstattengehen. Die Lüftung über geöffnete Fenster bleibe in beiden Fällen möglich, lässt die Verwaltung wissen.
Nun aber setzt die Stadt wieder ausschließlich auf die Fensterlüftung und erklärt die Lüftungsgeräte für verzichtbar. Zur Begründung führt die Stadt an, dass die Preise für solche Lüftungsgeräte stark in die Höhe gegangen seien. Das habe die Stadt so bei der Ausschreibung der Ausbauvorhaben an der Konradschule im Fuhlenbrock und des Heinrich-Heine-Gymnasiums in der Stadtmitte jedenfalls feststellen müssen. Auch für diese beiden Schulen waren zum Lüften und Heizen dezentrale Geräte vorgesehen.
Schon die Lüfter-Ausstattung in der Corona-Zeit dauerte lange
Wegen des höheren Preisniveaus geht die Verwaltung für die Schule am Tetraeder von Mehrkosten über gut 48.000 Euro allein für die Anschaffung der Lüftungsgeräte. Am Kirchhellener Gymnasium wären es etwa 32.000 Euro zusätzlich. Mit weiteren Preissteigerungen sei zu rechnen, da die neueren Preise noch aus dem vorigen November stammten. Zusätzliche Kosten kämen für die Wartung und den Filteraustausch auf die Stadt zu. Die Verwaltungsargumentation gleicht damit ihren skeptischen Ausführungen in der Corona-Pandemie.
Schon bei der sich monatelang hinziehenden Anschaffung von Luftreinigungsgeräten für die Schulen und Kindergärten hatte die Verwaltung deren Notwendigkeit angezweifelt und auf die hohen Kosten für die Wartung der Geräte hingewiesen. Andererseits sagte der Immobilienchef vor nicht einmal zwei Jahren noch: „Wir denken darüber nach, bei Neubaumaßnahmen an Schulen und Kindergärten zukünftig auch gleich Raumbelüftungen einzubauen“. Nun heißt es aber: Die Lüftungsgeräte für die Schulneubauten seien noch unter dem Einfluss der zurückliegenden Corona-Pandemie vorgesehen gewesen, als das gute Lüften in Schulen als wichtiger Schutz galt. Außerdem gebe inzwischen entsprechende Corona-Impfstoffe auch für unter Zwölfjährige.
Untersuchungen belegen schnelle Verschlechterung der Luft
Lüften über die Fenster reicht aus Sicht des städtischen Immobilienressort somit aus. Beheizen will die Stadt die Schulräume mit Hilfe von Fernwärme, Photovoltaik, Geothermie oder Luftwärmepumpen, ohne allerdings zu erläutern, ob oder weshalb dies den Betrieb dezentraler Lüftungsgeräte ausschließt. Für die Grünen kommt deren Verzicht aber ohnehin nicht in Frage. Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda macht klar, dass es den Grünen nicht nur unter Pandemie-Bedingungen um eine möglichst gute Belüftung der Schulen geht, sondern unter generellen gesundheitlichen Aspekten. Auch ein effizienter Einsatz von Energie ist ihnen dabei wichtig.
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„Unsere heutigen Neubauten sind so luftdicht gebaut, dass eine Wohnraumlüftungsanlage notwendig ist, um für eine gute Raumluft zu sorgen, Schimmel vorzubeugen und die Gebäudesubstanz zu schützen“, meint Andrea Swoboda. Sie verweist auf Untersuchungen, wonach in neuen oder sanierten Gebäuden, die viel besucht sind, nicht mehr akzeptable Schadstoffbelastungen in der Raumluft auftreten können, wenn die Räume nicht ausreichend belüftet werden. Studien zeigen, dass dann auch gesundheitlich bedenkliche Lufthygiene-Werte in Klassenzimmern schon nach 45 Minuten erreicht sind.
Müdigkeit und Konzentrationsschwächen bei den Schulkindern
Dies könne nicht nur Befindlichkeitsstörungen, die zum Beispiel anhand von Klagen über schlechte Gerüche festzumachen sind, sondern auch Müdigkeit oder Konzentrationsschwächen hervorrufen. Ein unkontrollierter Luftwechsel und somit ein Wärmeenergieverlust über Fugen und Ritzen, wie man das aus Altbauten kennt, finde in Neubauten ja nicht mehr statt. „Stoßlüften, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, führen zu hohen Energieverlusten“, kritisiert Andrea Swoboda. Das zumeist kurze Querlüften durch Fenster und Türen verbessere die Raumluft auch nicht genügend, belegen die von den Grünen herangezogenen Studien.
Die von der Verwaltung angeführten Mehrkosten für die Lüftungsgeräte werden sich durch die zu erwartenden Energieeinsparungen – zumal bei einer Wärmerückgewinnung um 90 Prozent – schnell wieder hereinholen lassen, sind sich die Grünen sicher.