Bottrop. Im März 1943 versinken große Teile der Bottroper Innenstadt in Trümmern. Ziel des ersten großen Luftangriffs sind aber auch die Industrieanlagen.
Wer heute die Bilder der von Russland zerstörten Ukraine sieht, denkt sicher auch an die Luftangriffe zurück, die im Zweiten Weltkrieg, dem letzten großen Krieg in Europa, Deutschland in Schutt und Asche legten. Die heute alten Bottroperinnen und Bottroper, die die großen Angriffe im März vor 80 Jahren womöglich in der Stadt selbst erlebten oder bei ihrer Rückkehr fassungslos vor den Ruinen standen, haben womöglich immer noch das Heulen der Sirenen, das Pfeifen der Luftminen, die dröhnenden Einschläge aber auch das dumpfe Donnern der Flugabwehr im Ohr, die am Ende die Zerstörungen nicht verhindern konnte. Zur Erinnerung gehört aber auch, dass damals Deutschland der Aggressor war, während die Ukraine heute widerrechtlich angegriffen wird.
Bis 1943 nur kleinere Angriffe – Der Feuersturm beginnt im März vor 80 Jahren
Zwar gibt es Anfang der 40er-Jahre schon kleinere Angriffe auf die Stadt. Aber bis dahin bleibt Bottrop größtenteils verschont. Vom 12. auf den 13. März 1943 erlebt Bottrop allerdings den bis dahin größten und verheerendsten Luftangriff des Zweiten Weltkriegs. 384 britische Kampfflugzeuge versuchen vor allem, Industrieanlagen und die zahlreichen Bottroper Bergwerke zu treffen. Das Ruhröl-Werk in Welheim, die Prosper-Zechen, aber auch die Knotenpunkte der Bahn in Vonderort oder der Rhein-Herne-Kanal als Wasserstraße der Schwerindustrie sind potenzielle Ziele in dieser Nacht.
Auch die Nachbarstädte sind erneut betroffen. Duisburg und vor allem Essen mit der Krupp’schen „Waffenschmiede“ trifft es hart. Dabei war in Essen bereits eine Woche zuvor fast die gesamte Innenstadt förmlich ausradiert worden. „The battle of the Ruhr“, wie die Engländer die Angriffe ihrer „Royal Air Force“ nennen, ist in vollem Gange.
Auch interessant
In Bottrop gibt es einen akribischen Chronisten, der die Zerstörungen dieser Jahre festhält: Karl Mende. Der städtische Beamte im Range eines Stadtinspektors, 1901 in Bottrop geboren, arbeitete zeitweise auch ehrenamtlich für das Stadtarchiv und als Leiter der Stadtbücherei. In drei Bänden, die heute im Stadtarchiv lagern, hält er die Zerstörungen in Bottrop fest. Angefangen mit den ersten Einschlägen in der Boy im Juli 1940 an der Johannes- und Horster Straße bis zum 24. Juni 1944. An dem Tag wird er zur Wehrmacht einberufen und seine Chronik endet. Danach gilt Karl Mende als vermisst.
Neben den Vororten mit ihren Industrieanlagen gerät ab 1943 die Innenstadt immer stärker ins Visier der Bomber. Karl Mendes Bilanz nach dem 13. März: Das Rathaus und Zeche Prosper II, die Mädchen-Oberschule, das Kaufhaus Althoff, Woolworth, das evangelische Oberlinhaus für Waisenkinder, St. Cyriakus. Ganze Straßenzüge versinken in Trümmern, die Hauptwasserleitung ist zerstört. Welche Bedeutung diesem Angriff beigemessen wird, zeigt die Erwähnung im Heeresbericht des Oberkommandos der Wehrmacht, der Bottrop 1943 erstmals nennt, wie Karl Mende festhält.
Lesen Sie mehr aus Bottrop:
- Service: Ab wann der Wechsel auf Sommerreifen sinnvoll ist
- Explodierende Kosten: Basar-Erlös hilft Tierheim – reicht aber nicht
- Freiheit Emscher: Stadt Bottrop plant Gewerbeboulevard
- Einkaufen: Das sind die Termine für die verkaufsoffenen Sonntage
Am 14. März verlässt ein Sonderzug mit Müttern und Kindern die Stadt. Obdachlos Gewordene bekommen Sonderrationen an Lebensmitteln. Bis Kriegsende erlebt Bottrop 105 Luftangriffe britischer und amerikanischer Bomberverbände. Dabei werfen sie 11.500 Sprengbomben und 30.000 Brandbomben auf das Stadtgebiet ab. Als am 30. März 1945 die Alliierten in Bottrop einmarschieren, sind allein 719 Menschen hier durch Luftangriffe ums Leben gekommen.