Die Zahlen sind heute unvorstellbar. 105 Luftangriffe flogen britische und amerikanische Bomberverbände im Zweiten Weltkrieg über Bottrop und warfen dabei 11500 Sprengbomben und 30 000 Brandbomben ab. In den ersten Kriegsjahren war vor allem die Innenstadt Ziel der Angriff. Doch dann schossen die Alliierten sich auf Boy ein: Dort lieferte seit 1936 Ruhröl Treib- und Schmierstoffe für Heer und Luftwaffe. Zum Kriegsende, das in Bottrop am Mittag des 30. März 1945 mit dem Einmarsch von Soldaten der 9. US-Armee kam, waren die Gebäude in der Boy zu 75 Prozent zerstört, 719 Menschen waren bei Luftangriffen gestorben.

Er wolle Meier heißen, wenn sich auch nur ein Feindflugzeug nach Deutschland traue, hatte Reichsmarschall Hermann Göring zu Beginn des zweiten Weltkrieges getönt. Die Bottroper hätten ihn schon 1939 so ansprechen können: Damals gab es die ersten Fliegeralarme in der Stadt. Sie endeten meistens schnell mit der Entwarnung: „Feindliche Verbände im Anflug auf Mitteldeutschland“. Doch 1940 fielen die ersten Bomben auf die Stadt. Die ersten Einschläge auf der Johannesstraße trafen die Wirtschaft Keisel und den Friseurladen Stiel. Stadtinspektor Karl Mende berichtet in seiner Kriegschronik: „Am Nachmittag ergoss sich eine wahre Völkerwanderung zu den Bombeneinschlagstellen hin. Die Polizei hatte alle Mühe, den Verkehr aufrecht zu erhalten.“
Die ersten Todesopfer (zwei Kinder und ein Feuerwehrmann bei einem Angriff auf Ruhröl) wurden noch streng geheim gehalten, doch am 29. Juli 1940 mittags um zwölf warf ein einzelner Flugzeug, das die Flugabwehr zunächst für ein deutsches gehalten hatte, im Tiefflug fünf Bomben ab auf die Johannes- und die Horster Straße sowie den Bahndamm der Zechenbahn. Zwei Bergleute starben sowie ein Kind und ein Mieter im Haus Horster/Robert-Brenner-Straße.

„Battle Of The Ruhr"

Viele Opfer sollten folgen. Im Mai 1943 rief die Royal Air Force die „Battle Of The Ruhr“ aus und flog massive Luftangriffe auf Essen und die Bottroper Innenstadt. Ab April 1944 folgten als Vorbereitung auf die Invasion der Normandie gezielte Angriffe auf Bahnanlagen. Außerdem setzte der Oberbefehlshaber der amerikanischen Bomberflotte in Europa, General Carl Spaatz, seinen Plan durch, gezielt Treibstoffwerke zu bombardieren. Im Juli 1944 wurde Ruhröl schwer getroffen. Im August 1944 begann die „Second Battle Of The Ruhr“ mit Angriffen auf Industrieanlagen. Es folgte am 30. September 1944 die britisch/amerikanische „Operation Ramrod“, an dessen Opfer nach dem Krieg ein Gedenkstein an der heutigen Paulschule erinnert.