Bottrop. Nach fast zehn Jahren steht Bottrops Hospiz solide da, alle Plätze sind belegt. Ohne Spenden käme das Aus. Profit wird so ein Haus nie machen.

Kontinuität ist ein Markenzeichen vieler Hospize. Auch in der Bottroper Einrichtung, die im nächsten Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert, sind viele der 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit Jahren dabei, einige sogar seit Eröffnung des Hauses 2014. Neben Hospizleiter Christoph Voegelin auch Bettina Alkemper als Leiterin des Pflegebereichs. Zumindest war sie das bis zu diesem Monat.

Denn Bettina Alkemper habe auf eigenen Wunsch die Leitung abgegeben, bleibe aber dem Pflege-Team erhalten, so Christoph Voegelin, dessen Stellvertreterin sie auch war. Jetzt übernimmt Thomas Wieduwildt diese Position, sein Stellvertreter wird Theo Romeo. Sicher ein guter Schachzug im Personalgefüge. Denn beide arbeiten schon seit mehreren Jahren im Haus neben dem Knappschaftskrankenhaus, zu dem das Hospiz ein gutes Kooperationsverhältnis pflegt.

Pflege im Hospiz: Warum gute Deutschkenntnisse dort besonders wichtig sind

„Gerade im Pflegebereich wird der Fachkräftemangel immer deutlicher, und im Hospiz kommt zu der fachlich-pflegerischen Voraussetzung immer auch der psychologische Aspekt hinzu“, so Voegelin. Denn am Ende weiß man: Es wird niemand geheilt entlassen, sondern das Hospiz ist für die Gäste, wie die Sterbenskranken dort genannt werden, die letzte Station im Leben. Das macht die Pflege noch einmal anders. „Wir kennen unsere Gäste sehr genau, wissen viel über sie, ihre Familien, deren Begleitung in dieser schweren Situation wir ja mit übernehmen, manchmal macht das etwa 50 Prozent der Arbeit aus“, sagt Thomas Wieduwildt. Den Unterschied zum Pflegebetrieb im Krankenhaus kennt er aus seiner früheren Arbeit in einem Gelsenkirchener Hospital. Nach diversen Fort- und Weiterbildungen und dem dezidiert gesetzten Palliativ-Schwerpunkt hat er sich bewusst für die Hospizarbeit entschieden - und arbeitet seither in dem Bottroper Haus.

Das Bottroper Hospiz ist derzeit komplett belegt

Ob denn Zuwanderung von Fachkräften im Hospizbereich Entlastung bringen könnte? „Eher weniger, zumindest hier in Bottrop nicht“, sind sich Christoph Voegelin und Thomas Wieduwildt einig. Gerade bei den intensiv zu betreuenden Menschen und deren Angehörigen sei eine sehr gute Sprachkenntnis gefragt, mindestens genauso, wie der fachlich-pflegerische Hintergrund. Das liege an der Zusammensetzung der Gäste, die fast ausschließlich deutschsprachig sind. „Wir hatten einmal in den letzten Jahren einen Gast aus Syrien, der bereits sehr krank nach Deutschland gekommen ist und bei uns die letzten Tage seines Lebens verbracht hat, das ist aber bislang die Ausnahme gewesen“, berichtet der Hospizleiter.

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Zurzeit ist das Haus mit seinen acht Plätzen komplett belegt. Dazu kommt ein Reservezimmer. „Mit der vollen Belegung arbeitet das Hospiz wirtschaftlich“, sagt Geschäftsführer Jürgen Münnich. Dennoch ist er sich bewusst, dass so eine Einrichtung im ökonomischen Sinne nie „wirtschaftlich, also profitabel“ geführt werden könne. „Daher sind Hospize ja auch für profitorientierte privatwirtschaftliche Unternehmen uninteressant, im Gegensatz zu anderen medizinischen oder pflegenden Einrichtungen“, so Münnich. An der Osterfelder Straße kommen auf acht Gäste 18 Mitarbeitende, ein Schlüssel, der sonst nirgends im Pflegebereich zu finden ist.

Das Hospiz wirkt von außen immer noch wie ein Einfamilienhaus. Seit 2014 ist die ehemalige Chefarztvilla neben dem Knappschaftskrankenhaus die erste stationäre Einrichtung ihrer Art in Bottrop.
Das Hospiz wirkt von außen immer noch wie ein Einfamilienhaus. Seit 2014 ist die ehemalige Chefarztvilla neben dem Knappschaftskrankenhaus die erste stationäre Einrichtung ihrer Art in Bottrop. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Wir wollen zunächst auch nicht wachsen, obwohl das bautechnisch möglich wäre“, so die beiden Chefs. Das könnte einmal zulasten der privaten Atmosphäre gehen, die die frühere Chefarztvilla des Knappschaftskrankenhauses immer noch ausstrahlt. Aber auch finanziell wäre das Risiko hoch. Denn die Krankenkasse übernehme zwar 95 Prozent des Tagessatzes, was aber real nicht 95 Prozent der tatsächlichen Kosten im Hospizbetrieb entspreche. „Um die zu decken, sind wir nach wie vor auf jährliche Spenden von rund 150.000 Euro angewiesen, was in den letzten zehn Jahren auch immer mehr oder weniger funktioniert hat“, so Jürgen Münnich.

Mit Hospizen lässt sich kein Profit erwirtschaften

Aber die Spendenkraft lasse sich hier eben nicht unbegrenzt erhöhen. Eine wirtschaftliche Schieflage möchte man einfach nicht riskieren. Und: Für Profite eignen sich Häuser wie dieses nicht. Deshalb sind auch Wirtschaftsunternehmen nicht an Hospizen interessiert.

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Die jetzige Größe scheint für Bottrop passgenau zu sein. Außerdem gebe es eine sehr gute Zusammenarbeit mit der ambulanten Hospizgruppe, dem Palliativnetzwerk und dem benachbarten Knappschaftskrankenhaus (KKH). Von dessen Netzwerk und Nähe profitiere man sehr stark. Das zeigt sich bald auch äußerlich: „Wir bekommen eine barrierefreie Verbindung zwischen unserem Garten und dem Garten der neuen Pflegeschule des KKH nebenan“, freut sich der Geschäftsführer. „Dass wir dazu noch mit Gertrud Metzelder und Manfred Thols quasi zwei ,Hausärzte’ haben, die immer für alle Gäste da sind, darum beneiden uns viele Hospize der Region“, ergänzt Christoph Voegelin.

Auf dieser gefestigten Basis blicken Mitarbeiter, Freunde und Förderer zuversichtlich auf das kommende Jubiläumsjahr - vorausgesetzt, die Spendenbasis bleibt erhalten. Dann will sich das Haus - wie vor Corona - auch wieder stärker mit Aktionen für Besucher von außen öffnen.

Hospiz und Hospizgruppe: Spenden & Kontakt

Die beiden Hauptakteure im Hospizbereich in Bottrop sind das stationäre Hospiz an der Osterfelder Straße 151a (hospizbottrop.de) und die Ambulante Hospizgruppe, Gladbecker Straße 20 (hospizgruppe-bottrop.de). Um seinen Fortbestand zu sichern, benötigt das stationäre Hospiz jährliche Spenden von rund 150.000 Euro.

Der Hospiz Bottrop Förderverein e.V. unterstützt beide Einrichtungen. Kooperationspartner sind unter anderem der Palliativmedizinische Konsiliardienst, Gladbecker Straße 20 sowie das Knappschaftskrankenhaus und das Marienhospital.