Bottrop. Nach Corona meistern Bottrops Friseure die nächste Krise. Hohe Energiepreise erschweren jetzt die Arbeit. Hier berichten sie, was sie erleben.
Bottrops Friseure erleben momentan einen wahren Ritt auf der Rasierklinge. Hohe Energiepreise kosten Nerven, schlaflose Nächte und vor allem Geld. Das dicke Ende mit der Abrechnung kommt noch. Gleichzeitig wollen die Friseurinnen und Friseure nicht den Service reduzieren.
„Man versucht zu sparen, wo es zu sparen geht“, meint Friseurmeister René Kuhn vom Salon „Haarmoden René“. Zu Beispiel wird die Außenbeleuchtung, wenn sie nicht benötigt wird, ausgeschaltet. Das war’s dann eigentlich mit dem Sparmodus. „Ansonsten ist es schwer zu sparen“, sagt Kuhn. Das Thermometer draußen überschreitet in diesen Wochen nur mühsam die Nullgrad-Markierung. „Die Heizung muss laufen bei den Temperaturen“, so der Friseurmeister. „Wir können die Kunden nicht mit nassen Haaren sitzen lassen.“ Er betont, dass es nicht übertrieben warm in seinem Salon ist, aber eben nur so warm wie nötig.
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Trotz der schwierigen Problemlage muss doch weiterhin der „Wohlfühlcharakter“ eines Friseurbesuchs mit „Wellness und Schönheit“ im Vordergrund stehen, findet er. Mittlerweile ist die Dienstleistung bei ihm teurer geworden. „Mein Betrieb arbeitet auf hohem Niveau“, sagt Kuhn. „Aber ich kann nicht die Preise erhöhen und gleichzeitig den Service herunterfahren. Und man kann nicht einfach die Heizung ausmachen und dicke Jacken anziehen.“
Irgendwann ist Schluss: „Man kann die Preise nicht unendlich erhöhen, dann kommt nämlich keiner mehr“, sagt er. Die Abrechnung von seinem Versorger hat er noch nicht bekommen, nur die Ankündigung. Demnach sieht es so aus, als ob sich bei ihm die Preise von Strom und Gas verdoppeln könnten. „Ich bin immer ein Optimist. Ich hoffe, dass die Preise auch irgendwann wieder runtergehen.“
Föhne, Hauben, Waschmaschinen und Trockner sind Stromfresser
Denn es ist ein schmaler und schwieriger Grad, auf dem sich nicht nur René Kuhn bewegt. Auch Sandra Pawlenka-Viehweg teilt dessen Sorgen. Die Friseurmeisterin führt „Friseur Pawlenka“ an der Gladbecker Straße 205 im Eigen in der dritten Generation. Aufgrund von Mitarbeiterwünschen aber auch wegen der hohen Energiepreise hat sie sich dazu entschieden, ab dem 1. Juni auf eine Vier-Tage-Woche umzustellen. „Dann haben wir Samstag, Sonntag und Montag geschlossen“, sagt sie. An zwölf Plätzen lassen sich die Damen und Herren gewöhnlich frisieren. Die Beleuchtung im Geschäft hat sie längst auf LED-Technik umgestellt.
Stromfressend sind die Föhne und Trockenhauben. Außerdem müssen Handtücher, Umhänge etc. ständig gewaschen werden. Waschmaschine und Trockner sind in Friseursalons traditionell im Dauereinsatz. Post vom Versorger mit der finalen Rechnung hat Sandra Pawlenka-Viehweg auch nicht bekommen.
Es sind aber nicht nur die hohen Energiepreise, die bei ihr die Sorgenfalten vergrößern. Im vergangenen Jahr hat sich der Wasserverbrauch um 70 Prozent erhöht. Wer sich noch erinnert, die Corona-Verordnungen sahen damals vor, dass vor Dauerwelle und Co. die Haare geschnitten werden müssen. Auch die Lieferanten der Produkte sowie der Lesezirkel, dessen Lektüre den Friseurbesuch abrundet, haben die Preise erhöht.
Friseurmeisterin aus Bottrop: „Einige Kollegen sind inzwischen am Limit sind.“
„Ich habe von vielen Kolleginnen und Kollegen gehört, dass sie inzwischen am Limit sind“, sagt Heike Ingendoh vom Friseurteam „Ingendoh“ aus der Boy. Die Friseurmeisterin möchte sich gar nicht ausmalen, was passiert wenn die Abrechnung bei den Kollegen ins Haus flattert. „Es kann sein, dass dann der eine oder andere die Flügel strecken wird.“ Will heißen: Man hisst die weiße Fahne und schließt den Laden.
„Ich kann es gut verstehen, wenn Kollegen sagen, dass sie keinen Bock mehr haben oder einfach aus finanziellen Gründen nicht mehr können“, sagt sie. Denn vielen stecken die Corona-Folgen noch in den Knochen. „Durch Lockdown und Corona sind die Reserven sehr stark angegriffen“, sagt sie.
Friseure in Bottrop: Kunden gehen seltener zum Friseur
Anders sah die Situation vor fast genau zwei Jahren aus. Nach dem zweiten Lockdown wurden die Friseurläden überrannt. Friseure durften sich systemrelevant nennen. Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Kunden schauen wegen der Energiekrise mehr auf ihr Geld. „Dann wird der Friseur zum Luxusgut“, sagt Heike Ingendoh. Zum Beispiel kann sie sich vorstellen, dass manche Kunden nicht mehr alle vier, sondern nur noch alle sechs Wochen ihren Friseur oder ihre Friseurin aufsuchen.