Bottrop. Wenn Tische in der Gastro leer bleiben, obwohl sie eigentlich reserviert sind, heißt das „No Show“: Bottrops Wirte wollen auf Unsitte reagieren.
Ausgebucht oder nur noch der kleine Tisch neben der Garderobe ist frei: Das hören Gäste in Bottroper Restaurants öfter. Gerade zu Feiertagen oder wenn Aktionswochen angesagt sind. Nur: ausgebucht ist nicht gleich ausgebucht. Es kommt immer häufiger vor, dass Gäste einfach nicht auftauchen – und zwar, ohne vorher abzusagen. „No Show“ heißt das mittlerweile im Neudeutsch der Gastronomie. Auch in Bottrop greift diese Unsitte immer mehr um sich. Neben Ärger bedeutet das auch einen Umsatzverlust.
Gastro-Gau: Mittags fehlen 25 Personen, abends stehen sechs reservierte Tische leer
Es muss nicht immer gleich so drastisch wie jetzt bei Bella Aberfeld sein. Im neu eröffneten „Bellas Gourmet Bistro“ hatten sich für Samstag zwei Stars der deutschen Schlagerszene angesagt, die den Laden noch aus der Krichel-Ära kannten, wie es hieß. Dachte die Inhaberin zumindest, als jemand – angeblich aus der Entourage der Schlagerstars – gleich für 25 Personen reserviert hatte, direkt bei ihr im Laden. Stunden später waren die Stars immer noch nicht eingetroffen. „Viele regelmäßige Mittagsgäste hatte ich da schon weggeschickt, die Ware war eingekauft“, sagt die Gastronomin. Eine Fake-Reservierung? Sie weiß es nicht, meint aber, den Mann, der bei ihr reserviert hatte, schon bei Live-Auftritten im Umfeld der Schlagerstars gesehen zu haben. Telefonnummer, Visitenkarte, Kreditkartennummer? Fehlanzeige. Sie sei blauäugig gewesen, gibt Bella Aberfeld im Nachhinein zu.
Aber der Samstag ist noch nicht vorbei. Abends ist der Laden an der Gladbecker Straße gut gebucht: Es ist einer der beiden (vorläufig) langen Samstage, an denen nicht um 18 Uhr Schluss ist. Muschelessen. Tische wurden reserviert, sechs davon bleiben unbesetzt. „In Muscheln ausgedrückt: Von gut 35 Kilo frischer Ware passend zur Reservierungszahl, sind nur 20 Kilo gekommen, auf dem Rest bleib ich sitzen“, so die Inhaberin.
93 Prozent der NRW-Gastronomen kennen das No-Show-Problem – 2022 Höchststand
„Kein Einzelfall, leider“, bestätigt Tina Große-Wilde, Vize-Präsidentin für den Bereich Hotellerie im Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Generell seien fast alle Kollegen von dem Phänomen betroffen, so die Inhaberin eines Hotels und eingesessenen gehobenen Restaurants in der Stadt. Was bei ihr, dank vieler treuer Stammgäste, eher selten vorkomme und im einstelligen Prozentbereich liege, sei bei 93 Prozent der Kolleginnen und Kollegen im Restaurantbereich zunehmend ein Problem. Das habe eine Dehoga-Umfrage Ende letzten Jahres in NRW ergeben.
„Schlimm wird es, wenn größere Tische für acht oder zehn Personen reserviert wurden und die Gäste einfach nicht auftauchen“, so Große-Wilde. Ihr sei das einmal bei einem 20-Personen-Tisch passiert, der komplett weggeblieben sei. Da fehlt nicht nur der Umsatz, sondern es kommt ein ernstzunehmender Verlust dazu. Frischeprodukte wie Fisch, Krustentiere, Salat und Ähnliches ließen sich nun einmal nicht aufheben oder einfrieren. Und: „Eine rechtliche Handhabe gegen nicht eingehaltene oder kurzfristig abgesagte Buchungen gibt es kaum“, so die Gastronomin. Es sei denn, es gäbe so etwas wie einen Vorvertrag. Wie lässt sich vorbeugen?
Verschiedene Gebührenmodelle als Sicherheit für Wirte im Gespräch
Einmal mit einer „No-Show-Gebühr“, die zu entrichten ist, was bislang etwa elf Prozent der NRW-Gastronomen eingeführt haben. Rund sieben Prozent setzen gerade bei größeren Reservierungen auf Vorkasse oder zumindest eine ordentliche Anzahlung. Lediglich vier Prozent ließen Kreditkartenverbindungen hinterlegen oder checkten Reservierungen per Telefon gegen und erinnerten die Gäste vorher an ihre Vereinbarung. „Das wäre meines Erachtens eine einfache und effektive Lösung, das macht ja fast schon jeder Arzt“ sagt Tina Große-Wilde. Alles in allem sei es aber eine Frage des Anstands, des Umgangs miteinander. Es gebe auch Fälle, bei denen eine Gesellschaft gleich in zwei oder drei Restaurants reserviere, um Auswahl zu haben und dann nicht oder sehr kurzfristig absage. Insgesamt sei das „No-Show-Phänomen in NRW noch nie so groß gewesen wie 2022“, weiß Tina Große-Wilde.
Das spürt auch Stefan Bertelwick. Vor allem in der Vorweihnachtszeit beim beliebten Gänseessen, wenn es noch voller ist als sonst im Gasthof Berger, gibt es ab November keinen Tag ohne Warteliste in Feldhausen. „Sicher, es kann immer etwas passieren, aber wenn statt zehn Personen, die einen guten Tisch bestellen dann nur vier oder fünf auftauchen, ist das schon heftig“, ärgert sich der Restaurantbesitzer. Der schöne Platz werde frei gehalten, der Tisch gedeckt, schön dekoriert, die Ware sei eingekauft, und die anderen Gäste wunderten sich über die bevorzugten Tische, an denen niemand sitzt. „Geht gar nicht“, sagt der gelernte Koch und plant deshalb, zumindest für größere Reservierungen zu beliebten Zeiten, Vorkasse oder ein Kreditkarten-Deposit einzuführen.
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„Beim Gänseessen liegt der Verlust pro nicht erschienenem Gast zwischen 60 bis 80 Euro“, rechnet Bertelwick vor. Würde wenigstens rechtzeitig abgesagt, könnte man noch die Warteliste abtelefonieren, aber noch am gleichen Abend sei das nicht mehr möglich. Kein Wunder also, das der Umgang mit der „No Show“ auch auf der nächsten Fachmesse „Internorga“ in Hamburg ein großes Thema sein wird. „Zum Glück haben wir hier noch keine Hamburger Verhältnisse, wo ,No Show’ ein sehr großes Problem ist, aber selbst im ländlichen Feldhausen kann man das nicht mehr ausblenden“, sagt der Wirt. Dabei sei Absagen nie so einfach gewesen wie in Zeiten von Handy und mobilem Internet.
Vielleicht müsse es dahin kommen, dass einfach zahlt, wer etwas bestellt, das sei beim Catering ja schließlich genauso, „wenn der Lieferant vor der Tür steht“, findet Tina Große-Wilde. Aber: „Kein Gastronom möchte, glaube ich, diese Maßnahmen bei Reservierungen wirklich gerne einführen.“ Aber schließlich verlangten Hotels ja auch Ausfallgebühren, wenn jemand trotz Vorbestellung nicht erscheint.