Bottrop-Kirchhellen. In Kirchhellen bieten Wärmestube und die Tafel die Möglichkeit für Gemeinschaft. Manchen fällt der Besuch schwer: „Man schämt sich ein bisschen.“

Wärmestuben sind eine Möglichkeit, bedürftigen Menschen in der kalten Jahreszeit neben Wärme auch Gemeinschaft zu geben. Seit Anfang Dezember bietet die Gemeinde St. Johannes der Täufer in Kirchhellen eine Wärmestube im Pfarrheim an, jedem Dienstag ist der Saal von 10 bis 12 Uhr geöffnet unter dem Thema „Wärme schenken – Gemeinschaft pflegen“.

Da es sinnvoll sei, solche Aktionen an bestehende Infrastrukturen anzupassen, hat man den Dienstag gewählt, erklärt Ulrike Eikenkamp vom Sozialwerk St. Johannes. Da bereits seit Jahren zu diesen Zeiten der „Kaffeepott“ als Frühstückstreff etabliert ist, können die Wärmebedürftigen von den ehrenamtlichen Helfern mit Kaffee, Tee oder Gebäck versorgt werden. Da auch gleichzeitig vor und im Gebäude die Kirchhellener Ausgabe der Bottroper Tafel erfolgt, können sich auch die Wartenden mit warmen Getränken versorgen. Vorwiegend sind es Kunden der Tafel, die die Wartezeit jetzt etwas angenehmer verbringen können.

92-Jähriger in Wärmestube in Kirchhellen: „Wir haben schon genug Sorgen“

Es halten sich am Dienstag bei zweistelligen Temperaturen allerdings nur einige Menschen im Saal auf, nur wenige sprechen Deutsch. „Hier geht nicht so ein kalter Wind“, freut sich der 92-jährige Helmut, „zuhause muss man mit der Heizung sparen, wir haben schon genug Sorgen.“ Anfangs sei es schwierig gewesen, zur Tafel und zum Kaffeepott zu kommen, sagt die Kirchhellenerin, die sich Lieschen nennt, „man schämt sich etwas.“ Ihr Enkel habe nicht mitkommen wollen mit der Begründung: „Sonst denken die Leute, ich bin auch arm.“

Die Helferinnen Christa Krüger und Birgit Schulz schenken einer Frau einen heißen Kaffee aus.
Die Helferinnen Christa Krüger und Birgit Schulz schenken einer Frau einen heißen Kaffee aus. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Es sind auch Deutsche hier“, betont Karin, die ihre Freundin Heike begleitet. Aus Angst sei die Tafel vorher keine Option gewesen: „Ich helfe ihr, weil sie ausgegrenzt war, schwerhörig, ohne Sozialkontakte.“ Sie haben sich auf der Hundewiese kennengelernt und „sind jetzt gut unterwegs und kommen unter die Leute“.

Um Kaffee, Tee und Gebäck und etwas Süßes für die Kinder kümmert sich das „Kaffeepott-Team“. An diesem Tag haben Christa Krüger und Birgit Schulz „Dienst“. Sie sind seit mehr als einem Jahr ehrenamtlich dabei und „es macht sehr viel Spaß, die Gespräche mit den Menschen, die Dankbarkeit und Freude“.

Beratungen zur Energiekrise sind gefragt

Neben der Aufwärmmöglichkeit können die Menschen auch Kontakte knüpfen, beraten werden und Hinweise auf Beratungsmöglichkeiten erhalten. Ulrich Unterberg vom Seniorenbeirat der Stadt Bottrop bietet solche Gespräche an. Besonders gefragt seien Beratungen zur Energiekrise, den Umgang mit den erhöhten Abschlagszahlungen und Hilfestellungen bei Ämtern und Einrichtungen.

Draußen stehen die Menschen mehr oder weniger geduldig in der Schlange, um bei der Tafel einkaufen zu können, einige haben sich einen Kaffeebecher geholt. Manche haben schon um 6 Uhr in der Frühe ihre Taschen vor dem Pfarrheim abgelegt, um die Reihenfolge festzulegen. „Es hat darum schon einigen Ärger gegeben“, berichtet Heinz Gubitz, der selbst Kunde ist und ehrenamtlich hilft, Tische aufzubauen und die Waren zu verteilen.

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Geflüchtete aus der Ukraine: „Ich bin Deutschland sehr dankbar“

Manche Kunden seien schon schwierig und würden unaufgefordert in die Warenkörbe. greifen. Positiv hebt er besonders die Flüchtlinge aus der Ukraine hervor, die sehr geduldig, hilfsbereit und dankbar seien. Dazu gehört auch Liliya, die nur deswegen etwas ungeduldig ist, weil sie dringend noch zu ihrem Deutschkurs will. Sie kam mit ihren beiden Jungen im Mai aus Charkiw, wo ihr Mann immer noch aushalten muss.

Nach dem Aufenthalt im Containerdorf hat sie seit einer Woche einen kleine Wohnung gefunden: „Ich bin Deutschland sehr dankbar, habe viel Liebe gefunden und keine Angst mehr um die Kinder.“ Aus Telefonaten weiß Liliya, dass in ihrer Heimat viel Schnee liegt: „Sehr schön, aber sehr kalt.“

Das Sozialwerk St. Johannes ist die Gemeindecaritas vor Ort und kümmert sich um Menschen in besonderen Situationen. Die zweite Wärmestube ist am donnerstags von 15 bis 17 Uhr im Pfarrheim Grafenwald geöffnet.