Bottrop. Alte Zechenhäuser sollen einem neuen Quartier in Bottrop weichen. Bewohner wehren sich: „Ich lasse mich nicht einfach vor die Tür setzen“.
Für das geplante neue Wohnviertel, das am östlichen Rand der Bottroper Innenstadt zwischen der Paßstraße, der Beckstraße und der Straße „Im Beckedal“ gebaut werden soll, sind die ersten Vorkehrungen schon getroffen. Das Wohnungsunternehmen Vivawest hat den Mieterinnen und Mietern in den alten Zechenhäusern entlang der Paßstraße gekündigt. Die Häuser sollen abgerissen werden. Nicht alle dieser Mieterinnen wollen die Kündigung allerdings akzeptieren. „Ich lasse mich nicht einfach vor die Tür setzen“, sagt zum Beispiel Martina Cebulla. Sie lebe schon lange in ihrer Wohnung und wolle auch den Garten dahinter nicht verlieren.
„Mit allen Mietern bestehen unbefristete Wohnraummietverträge, die wir aus rechtlichen Gründen zwischenzeitlich zum 30. Juni 2023 gekündigt haben“, erklärt indes Vivawest-Sprecher Gregor Boldt. „Damit endet dann auch die Nutzung der Grünflächen“, teilt der Unternehmenssprecher mit. Denn auf dem Gelände hinter den Wohnhäusern entlang der Beckstraße und der Straße „Im Beckedal“ plant die Deutsche Reihenhaus AG ja den Bau von gut 30 neuen Wohnhäusern. Auch direkt an der Paßstraße sollen neue Reihenhäuser und auch ein neues Mietshaus entstehen.
Paßstraße in Bottrop: Mehrfamilienhaus für bis zu zwölf Wohnungen geplant
Vivawest habe die Grundstücke entlang der Paßstraße mit den Häusernummern 60a bis 64 sowie der Brinkstraße 28 einschließlich der Hinterlandflächen auch bereits verkauft, damit darauf gebaut werden kann. Nur eine etwa 870 Quadratmeter große Fläche an der Paßstraße, auf der jetzt die Häuser mit den Nummern 58 und 60 stehen, behält das Unternehmen selbst. „Diese Fläche soll dem Bau eines Mehrfamilienhauses für bis zu zwölf Wohnungen dienen“, teilte Vivawest-Sprecher Boldt mit. Dazu müssen die alten Zechenhäuser vorher abgerissen werden.
„Mit den vom Abbruch betroffenen Mietern sind wir bereits seit März dieses Jahres in guten Gesprächen, um mit ihnen gemeinsam alternative Wohnungsangebote in unserem Bestand oder bei kooperierenden Wohnungsanbietern zu finden“, versichert Gregor Boldt. „Sobald ein neues Zuhause gefunden wurde, werden wir die Mieter selbstverständlich bei den Umzügen ebenfalls unterstützen“, sagt er zu. Auch Mieterin Martina Cebulla hat solche Angebote schon erhalten, wie sie berichtet. Sie könne etwa in Wohnungen an der Wortmannstraße oder der Hagenbrockstraße in Bottrop umziehen.
Bottroper Mieterin will ihren Garten nicht verlieren
Die angebotenen Wohnungen sagen ihr aber vor allem deshalb nicht zu, weil es dazu keine Gärten gebe. „Hier kann ich einen Garten nutzen, und ich habe dafür auch jeden Monat gezahlt“, sagt die 58-Jährige. In dem Haus an der Paßstraße 62 sei sie zwar inzwischen die Einzige, die noch darin wohne. Doch auch in den Nachbarhäusern lebten noch Mieter. „Wir sind alle nicht einverstanden damit, dass wir hier ausziehen sollen. Das kann einfach nicht sein“, beklagt die Bottroperin. Es herrsche großes Unverständnis darüber, dass auch das Grünland im Innengelände bebaut werden soll. Das stoße nicht nur bei den Mietern an der Paßstraße auf Kritik, sondern auch bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der Seitenstraßen.
- Wettbewerb: Hat Bottrop das schönste Rathaus?
- Schöffen:Bottroper Rat hält AfD aus wichtigem Wahlausschuss fern
- Familie:Wie Frühchen sich die Welt erobern
- Kinder:Kita „An der Arche“ öffnet in einem Provisorium
Ihre Familie habe über die Jahre auch viel eigenes Geld in die Ausstattung der Wohnung in dem alten Zechenhaus gesteckt, zumal ihr vor Jahrzehnten beim Einzug versichert worden sei, dass sie dort ein Wohnrecht auf Lebenszeit genieße. Denn ihr damaliger Ehemann sei ja Bergmann gewesen. Auch ein Vorkaufsrecht sei ihnen zugesichert worden, für den Fall, dass die Wohnungen verkauft werden sollen, sagt die Bewohnerin.
Vivawest-Sprecher Gregor Boldt widerspricht dem jedoch: Für die Wohnungen an der Paßstraße bestehe weder ein Vorkaufsrecht noch ein lebenslanges Wohnrecht. Und er teilte mit: „Wir sind zuversichtlich, dass wir mit allen Mieterinnen und Mietern einvernehmliche Lösungen finden werden.“
Martina Cebulla wendet sich jedoch grundsätzlich gegen den Abriss alter Zechenhäuser. Die Mieterin bezweifelt, dass eine Sanierung der Altbauten an der Paßstraße nicht wirtschaftlich sei. „Gerade in einer Bergbaustadt wie Bottrop sollten solche Häuser und die alten Zechensiedlungen doch erhalten bleiben“, findet die Bottroperin auch mit Blick auf die Stadtgeschichte.