Bottrop. Bottroper Fahrschüler müssen auf ihre Prüfungstermine monatelang warten. Der TÜV Nord und die Fahrschulen arbeiten an Lösungsansätzen.

Die durch die Corona-Pandemie bedingte Krankheitswelle trifft nicht nur die Privatwirtschaft hart. Behörden und Ämter kämpfen mit Unterbesetzung, was die Bearbeitung von Anträgen bremst und Wartezeiten in die Höhe schnellen lässt.

Auch in Fahrschulen müssen sich die Führerscheinanwärter mit langen Wartezeiten für den praktischen Teil der Prüfung abfinden, dem letzten Schritt zum Führerschein. Während der TÜV Nord den Bottroper Fahrschulen Wartezeiten von bis zu acht Wochen in Aussicht stellt und auf die hohen Krankenstände in den eigenen Reihen verweist, sehen Fahrschulen zusätzlich ein strukturelles Problem.

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Führerscheinprüfung in Bottrop: Wartezeiten steigen seit 2021 an

„Seit Mitte 2021 steigen die Wartezeiten auf Prüfungstermine sowohl für den praktischen als auch theoretischen Teil spürbar an“, erläutert Frank Bauch. Zusammen mit seinem Partner Michael Steinbach leitet er die „Fahrschule Mike & Frank“ mit vier Niederlassungen in Bottrop. Zwar müssten die Schüler nicht wie in Essen teils monatelang auf ihre Prüfung warten, aber auch fünf Wochen seien nicht akzeptabel.

„Zwischen der letzten praktischen Unterrichtseinheit und der Prüfung liegen teilweise Monate. Viele Schülerinnen und Schüler rutschen dadurch aus dem Rhythmus und riskieren durchzufallen, weil sie sich Unterrichtseinheiten, zur Überbrückung nicht leisten können“, so der Fachmann. „Auf manche Prüflinge kommen so mehrere Anläufe, was dann wieder längere Wartezeiten und weniger freie Termine verursacht.“ Obwohl die Anzahl der Schülerinnen und Schülern in den letzten Jahren nicht signifikant gestiegen sei, könne der TÜV die Termine nicht wie gewohnt abarbeiten.

Führerscheinprüfung: Bürokratie verkompliziert den Ablauf

Das liege unter anderem an der Art der Terminvergabe: Für den theoretischen Teil bietet der jeweilige TÜV wöchentlich ein Kontingent an Terminen online an, die von den Fahrschulen gebucht und an die Prüflinge verteilt werden. Jürgen Helmer von der Fahrschule Helmer kennt dieses System gut: „Zwar muss man bei der Vergabe schnell viele Termine buchen, kann diese aber an andere Fahrschulen abgeben, sodass die meisten Termine auch besetzt werden und nicht verfallen“. Für die praktischen Prüfungen gebe es so ein System nicht. Die Fahrschulen müssen jede Prüfung einzeln buchen und seien so deutlich unflexibler bei der Neuvergabe, sollte ein Termin mal nicht wahrnehmbar sein.

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Generell hält Helmer den TÜV für unterbesetzt, was sich kurzfristig nicht beheben ließe, da sowohl ein abgeschlossenes Studium in einem praxisnahem Fachbereich als auch eine zweijährige Ausbildung beim TÜV Voraussetzungen sind, um als Fahrprüfer wirken zu dürfen. Es gibt von Seiten der Fahrschulen Vorschläge, Fahrlehrer zu Prüfern umzuschulen – was in anderen Bundesländern bereits getestet wird – oder die theoretischen Prüfungsabschnitte selbst abzunehmen. „Studierte und ausgebildete Prüfer sind schlicht überqualifiziert für das einfache Kontrollieren der Ausweise und Einhaltung der Verhaltensregeln in der Prüfungsphase, und könnten besser in der praktischen Prüfung zum Einsatz kommen“, so Helmer.

TÜV Nord versucht mit eigenen Mitteln die Wartezeiten abzuarbeiten

„Es werden Ruheständler reaktiviert und teilweise TÜV- Niederlassungen temporär geschlossen, um alle verfügbaren Kräfte auf die Führerscheinprüfungen zu konzentrieren“, fasst Claas Alexander Stroh, Pressesprecher für Mobilität und Verkehr des TÜV Nords, zusammen. „Darüber hinaus bieten wir auch samstags Termine an und bitten die eigenen Mitarbeiter, Urlaubstage umzulegen.“ Neben den coronabedingten Ausfällen von Schülern, Fahrlehrern und -prüfern führen auch die von 45 auf 55 Minuten gestreckten Prüfungen zu längeren Wartezeiten. Insgesamt könne man mit dem gleichen Personal nun weniger Prüfungen pro Tag vornehmen.

Eine weitere Ursache für die Wartezeiten sind aus Sicht des TÜV nicht bestandene Prüfungen. Schüler stünden unter Zeitdruck, ihren Führerschein zu machen, da ihre Arbeitgeber das erwarten. „Deshalb werden Prüfungen mit Personen beantragt, die augenscheinlich noch nicht so weit sind und durch häufiges Nichtbestehen Termine blockieren“, so Stroh. Laut dem Kraftfahrtbundesamt wurden in NRW 2021 fünf Prozent mehr Prüfungen durchgeführt als im Vorjahr, die Durchfallquote im Bundesdurchschnitt allerdings binnen zehn Jahren um fast vier Prozent gestiegen.

Der TÜV ist nach eigenen Angaben mit dem Fahrlehrerverband und den Ministerien im Gespräch und rechne dieses Jahr noch mit Lösungsvorschlägen. Auch eine Auflösung des Prüfmonopols des TÜVs werde von der Bundesregierung diskutiert.