Gelsenkirchen. Fahrschüler brauchen viel Geduld. Wer seine praktische Führerscheinprüfung ablegen möchte, muss in Gelsenkirchen mit langen Wartezeiten rechnen.

Fahrschüler und Fahrschülerinnen müssen viel Geduld aufbringen. Denn sie warten oft monatelang auf ihre Fahrprüfung. Die Stimmung in den Fahrschulen schwankt zwischen Wut und Verzweiflung. Grund: Sie bekommen beim zuständigen TÜV Nord nicht genügend Plätze für die praktische Prüfung - und das schon seit einiger Zeit.

Volker Kessler von der gleichnamigen Gelsenkirchener Fahrschule weiß von 150 Fahrschülerinnen und Fahrschülern zu berichten, die allein in den drei Kessler-Fahrschulen (zwei in Gelsenkirchen, eine in Essen) auf einen Termin für eine Prüfung warten. Von bis zu sechs Monaten Wartezeit berichtet Kessler und von einem zusätzlichen Ärgernis, das sich ergibt, wenn die Prüflinge durch die Praktische fallen.

Fahrschulen warten in Gelsenkirchen auf Prüfungstermine

Zwischen der erfolgreich bestandenen theoretischen Prüfung und der praktischen Fahrprüfung dürfen höchstens zwölf Monate liegen. Muss ein Fahrschüler aber sechs Monate auf einen Termin warten, rasselt dann durch die Prüfung und muss erneut ein halbes Jahr warten, dann wird der Führerschein nicht nur immer teurer, weil der Kunde in der Zwischenzeit mit der einen oder anderen zusätzlichen Fahrstunde „fit gehalten werden muss“, so Volker Kessler. Im Zweifel verstreicht auch die Frist zwischen Theorie und Praxis und weitere Prüfungskosten fallen an. „Ein Umstand, der Kunden wie Fahrschulen gleichermaßen ärgert“, so Kessler.

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Die langen Wartezeiten für einen Prüfungstermin beim TÜV sind indes nicht ganz neu. Insbesondere die Hochzeit der Corona-Pandemie führt der TÜV Verband immer wieder als Erklärung dafür heran. Schließlich sei zu dieser Zeit der praktische Ausbildungs- und Prüfbetrieb zeitweise zum Erliegen gekommen. Viele Prüfungen aus 2020 hätten 2021 nachgeholt werden müssen - mit entsprechenden aufschiebenden Folgen für die Prüfungen, die eigentlich 2021 hätten stattfinden sollen. Des Weiteren sei die Zahl der Wiederholungsprüfungen gestiegen, was zusätzliche Prüfkapazitäten zur Folge habe. Die zunehmende Zahl an Prüfungen in den Zweiradklassen sowie die Verlängerung der praktischen Fahrprüfung von 45 auf 55 Minuten wirke sich zudem aus.

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Kessler kann zwar verstehen, dass Corona die Situation momentan nicht einfacher macht. „Aber die Fahrschüler kommen zu mir und beschweren sich“, sagt er. Außerdem gebe es das Problem beim TÜV Nord nicht erst jetzt. Schon in der Vergangenheit habe es ähnliche Zustände gegeben. „Das Problem ist, dass der TÜV zu wenig Personal hat“, glaubt Kessler.

„Wer mit 18 Jahren einen Führerschein haben will, sollte anderthalb Jahre vorher anfangen.“

„Seit Ende 2015 dauert es länger, einen Prüfungstermin zu bekommen. Und seither kommen wir nicht mehr zum Normalzustand zurück, als es noch rund drei Wochen dauerte, einen Termin zu bekommen“, so Kessler. Grund sei seiner Meinung nach eine „verfehlte Personalpolitik“ des TÜVs. Die Prüfer, die Kessler ausdrücklich von seiner Kritik ausnimmt, seien unterbezahlt und „einfach zu wenige“.

Dass die Personaldecke zu dünn zu sein scheint, hatte auch der TÜV offensichtlich eingesehen. So erklärte auf Anfrage der WAZ TÜV-Sprecher Sven Ulbrich noch im Sommer, der TÜV Nord habe die Zahl der Prüferinnen und Prüfer in den vergangenen Jahren deutlich aufgestockt. Denn: „Seit geraumer Zeit bemerken wir ein deutlich gestiegenes Interesse an der Fahrausbildung und Prüfung.“ Der TÜV habe darauf „sehr flexibel“ reagiert – beispielsweise auch qualifizierte Mitarbeitende von den Auto-Prüfstellen abgezogen und bei den Fahrprüfungen eingesetzt.

„Das reicht aber noch nicht“, so das Resümee von Volker Kessler. Sein Tipp: wer mehr oder weniger pünktlich zu seinem 18. Geburtstag einen Führerschein in der Tasche haben will, sollte mit etwa 16,5 Jahren anfangen.