Bottrop. In einem Bottroper Haus ist seit Wochen der Aufzug defekt. Eine 87-Jährige fühlt sich eingesperrt. Die Hausverwaltung versucht kreative Lösung.

Wie ein Vogel im Käfig fühle sie sich, sagt Rosa Schmidt*. Die 87-Jährige lebt in einem Mehrfamilienhaus am Bottroper Kolpingplatz zusammen mit 16 weiteren Parteien auf fünf Stockwerke verteilt. Seit Anfang August ist der Aufzug defekt – und die Seniorin weitestgehend an ihre Wohnung gefesselt.

Denn die 40 Stufen hinunter – und noch schlimmer hinauf – in die zweite Etage sind für die Seniorin nicht mehr zu überwinden, schon gar nicht mit Einkäufen in der Hand. „Ich muss mich für jede Stufe am Geländer hochziehen“, sagt die 87-Jährige, die alleine in einer der Eigentumswohnungen lebt.

Defekter Aufzug in Bottrop: Zweimal die Woche fährt er mit Techniker

Die Einkäufe übernehmen eine Nachbarin und ihre Enkelin für sie und dann gebe es ja auch noch die Online-Supermärkte. Aber gar nicht aus der Wohnung zu kommen, fühlt sich für die ältere Dame einfach nicht gut an. „Man ist so unbeholfen.“ Und sie sei nicht die einzige; in dem Gebäude wohnten mehrere Senioren, die auf den Aufzug angewiesen sind, unter anderem auch eine Dame, die im Rollstuhl sitzt.

Der Aufzug in dem Haus am Bottroper Kolpingplatz ist außer Betrieb.
Der Aufzug in dem Haus am Bottroper Kolpingplatz ist außer Betrieb. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Um den Bewohnern des Hauses die Möglichkeit zu geben, das Haus zu verlassen, setzt die Hausverwaltung zweimal wöchentlich, mittwochs und samstags, einen Techniker ein, mit dem der Betrieb des Aufzuges möglich ist – für drei Stunden. Aber das reiche ja nicht, um alle Dinge zu erledigen, zumal man auch nicht jeden Arzttermin auf diese Zeit legen könne, sagt Rosa Schmidt. „Es ist ein Drama.“

Aufzug samt Steuerung stammen aus dem Jahr 1981

Jonas Klemencic, Geschäftsführer der zuständigen Hausverwaltung, hat Verständnis für die missliche Situation der Bewohner, er versuche aber, bestmöglich zu helfen. Mit den Aufzugzeiten zweimal die Woche – zu Marktzeiten – will man den vornehmlich älteren Bewohnern wenigstens eine Möglichkeit geben, das Haus zu verlassen. „Wir können diese Zeiten bei Bedarf auch erweitern.“ Allerdings kostet die Fahrt mit Techniker 100 Euro pro Stunde – Geld, das zulasten der Eigentümergemeinschaft geht.

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Der Aufzug stammt aus dem Jahr 1981, die Hydraulik sei vor sechs Jahren erneuert worden, die Steuerung allerdings ist 41 Jahre alt. Die Module dafür gibt es gar nicht mehr. Sie müsse nun saniert werden – oder der gesamte Aufzug muss ausgetauscht werden. Zweiteres kostet allerdings um die 100.000 Euro und könnte erst im Frühjahr erfolgen, weil die Lieferzeiten so lang sind und die Handwerkersituation ohnehin angespannt ist.

Das Gebäude am Bottroper Kolpingplatz: 17 Parteien leben hier auf fünf Etagen.
Das Gebäude am Bottroper Kolpingplatz: 17 Parteien leben hier auf fünf Etagen. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die Hausverwaltung habe sowohl für den Komplettaustausch als auch für die Sanierung Angebote eingeholt. Für die Reparatur fehlt noch das dritte Angebot – so viele muss die Hausverwaltung bei einer solchen Investitionssumme von an die 30.000 Euro sammeln – dann kann es losgehen. Mit vier bis sechs Wochen rechnet Jonas Klemencic bis zur Wiederinbetriebnahme.

Bottroper Seniorin: „Das ist ein alter Aufzug, der viel strapaziert wurde“

Schon häufiger sei der Aufzug defekt gewesen, berichten sowohl die Bewohnerin als auch der Hausverwalter. „Das ist ein alter Fahrstuhl, der viel strapaziert worden ist“, sagt Rosa Schmidt. Klemencic erklärt, dass er immer häufiger stehengeblieben ist, die Gefahr zu groß war, dass jemand morgens mit dem Aufzug das Haus verlässt und mittags nicht mehr in die Wohnung kommt. Deswegen herrscht seit Wochen Stillstand.

Man scheue keine zusätzlichen Kosten, sagt der Hausverwalter. Für Rosa Schmidt ist das aktuell ein schwacher Trost. „Mein Vater hat immer gesagt: Stell dir das Altwerden nicht so einfach vor“, sagt Rosa Schmidt. „Jetzt denke ich: Vatter, was hast du Recht gehabt.“