Bottrop. Weil sich BDKJ und St. Cyriakus überworfen haben, steht das Juca vor dem Aus. Politik und Verwaltung suchen Lösung für ein schwieriges Quartier.
Es war eine schwere Geburt im Jugendhilfeausschuss, doch am Ende kamen alle Beteiligten zu einem einstimmigen Ergebnis, wie es mit der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Altstadt weitergehen soll. Dort gibt es bisher das Juca, eine Einrichtung vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Der kooperiert mit der Pfarrei St. Cyriakus. Ein Vertrag regelt die Zusammenarbeit. Das Problem: Die beiden Parteien können augenscheinlich nicht zusammenarbeiten, der BDKJ hat die Vereinbarung mit der Pfarrei gekündigt.
Das wiederum hat die Stadt in Zugzwang gebracht. Denn die Kooperation ist Grundlage der Vereinbarung mit der Stadt, die die Einrichtung finanziert. Die Stadt musste reagieren und ihrerseits den Vertrag kündigen. Damit fällt die einzige Jugendeinrichtung im schwierigen Umfeld Altstadt weg. Das kann niemand wollen, und so musste sich der Ausschuss mit der Frage befassen, wie es dort weitergehen soll.
CDU und ÖDP kritisieren den von der Verwaltung erdachten Zeitplan
Schnell wurde klar: Der Vorschlag der Verwaltung kam in dem Gremium nicht an. Demnach haben sich BDKJ und Pfarrei bereiterklärt, noch bis zum 30. Juni kommenden Jahres weiterzumachen. Danach sollte aus Sicht der Verwaltung ein Träger gefunden werden, der unter Herbeiziehung externer Experten eine Bedarfsanalyse entwickelt und dann ab 2024 das Konzept umsetzt.
Vor allem CDU und ÖDP störten sich an dem Zeithorizont. Aus ihrer Sicht ist es besser, mit der Bedarfsanalyse sofort zu beginnen, um dann einen möglichst nahtlosen Übergang zu gewährleisten. Unterstützung erhielten sie dabei von den Grünen, denen auch nicht einleuchtete, warum ein so langer Zeithorizont gewählt wurde.
Altstadt ist das Bottroper Stadtviertel mit vielen Problemen
Denn die Verwaltung selbst betonte in der Vorlage den dringenden Handlungsbedarf und zählte die auch aus dem Sozialbericht bekannten Probleme des Quartiers auf. So ist die Bevölkerungsdichte hier mit Abstand am höchsten, der Anteil an Haushalten mit drei oder mehr Kindern ist höher als irgendwo sonst in der Stadt, gleiches gilt für den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt gar bei 72,1 Prozent. Zum Vergleich: Im Durchschnitt liegt er in Bottrop bei 42,6 Prozent. Dazu kommt ein überdurchschnittlich großer Anteil an Alleinerziehenden sowie an Hartz-IV-Empfängern ebenfalls über dem Durchschnitt.
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Und so kommt die Stadt in ihrer Auflistung der Lage auch zu dem Schluss: „Die Altstadt ist der Bottroper Stadtbezirk mit dem dringendsten Handlungsbedarf.“ Wer die Unterlagen der letzten Sitzung des Schulausschusses gelesen hat, der weiß, dass das Juca und dessen Personal auch eine Rolle spielen, um die Gewaltsituation am ZOB in den Griff zu bekommen. So heißt es dort: „Der zuständige Netzwerker ist seitdem gemeinsam mit dem Mitarbeiter des Juca vermehrt aufsuchend tätig.“
Jugendamt muss unbesetzte Stellen einräumen
Umso unverständlicher für einen großen Teil der Ausschussmitglieder, warum man dann nicht sofort mit der Bedarfsanalyse beginnt, die Übergangszeit nutzt und die Kinder- und Jugendarbeit dort gegebenenfalls neu ausrichtet – angepasst an die Bedürfnisse im Quartier.
Am liebsten wäre es CDU und ÖDP gewesen, die Netzwerker, die beim Jugendamt arbeiten, hätten diese Analyse übernommen. Da jedoch musste die neue Jugendamtsleiterin Daniela Bockholt einräumen, dass von vier Netzwerker-Stellen lediglich eine mit zwei Teilzeitkräften und eine weitere gerade neu besetzt waren. Das sorgte im Aussschuss für reichlich Kritik. So etwas müsse die Verwaltung mitteilen, sonst würden Anträge ja unter völlig falschen Voraussetzungen formuliert. Sozialdezernentin Karen Alexius-Eifert versprach eine bessere Kommunikation.
Angesichts dieser neuen Entwicklung einigte sich das Gremium, externe Experten zur Bedarfsanalyse heranzuziehen, die eigenen Netzwerker und deren Erfahrungen aber mit einzubeziehen. Auch die Kinder und Jugendlichen im Quartier, Schulen, das Jugendparlament und andere Träger der Jugendhilfe in dem Gebiet werden eingebunden. Tatsächlich soll es dann auch sofort losgehen, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten.
BDKJ und Pfarrei St. Cyriakus würden gern jeweils allein weitermachen
Warum es letztlich zu dem Zerwürfnis zwischen katholischer Jugend und Pfarrei gekommen war, vermochte öffentlich im Aussschuss niemand zu sagen. Auch BDKJ-Vertreter Daniel Gockel äußerte sich dazu nicht, entschuldigte sich aber für die Misere, vor die man Verwaltung und Politik gestellt habe.
Er machte gleichzeitig klar, dass der BDKJ auch bereit wäre, über den 30. Juni übergangsweise mit der Pfarrei weiterzumachen, sollte bis dahin keine neue Lösung gefunden sein. Das war dem Ausschuss auch wichtig. Darüber hinaus haben sowohl die Pfarrei St. Cyriakus als auch der BDKJ Interesse bekundet, eine wie auch immer geartete und neu konzeptionierte Einrichtung als Träger zu übernehmen. Doch eine Entscheidung über einen Träger wird erst später fallen. Und zumindest zum jetzigen Zeitpunkt schien die Bereitschaft des Gremiums nicht besonders groß, erneut mit BDKJ oder Pfarrei zusammenzuarbeiten